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27.06.2008

Emil Wartmann

19. August 1926 – 26. Juni 2008

Emil Wartmann ist schwer zu fassen. "Wirt und Unternehmer" stand auf seiner Visitenkarte. Diese Bezeichnung mag zwar formell korrekt sein, stimmt aber ansonsten nicht, wird seiner Person nicht gerecht.

Emil Wartmann war nicht zu übersehen. Dies hatte jedoch weniger mit seiner durchaus imposanten Körpergrösse zu tun, als vielmehr mit seinen Taten. Denn – wie nur wenige vor ihm – hat er den Wandel im schweizerischen Gastgewerbe beeinflusst.

Aufgewachsen ist er in Winterthur, die Gaststube des "Hotel Wartmann" wurde gleichsam zu seiner Kinderstube. Er erlebte die Härte des Wirte-Alltags aus nächster Nähe und wurde – obwohl er eigentlich Chemie studieren wollte – trotzdem Wirt. In Schiers besteht er die Matura und absolviert anschliessend die Hotelfachschule in Lausanne. Es folgen Einsätze in Rom, Madrid, London, New York und San Francisco. Und genau hier, in San Francisco, lernte er seine spätere Frau kennen: Hanni, "die Frau die alles mitmachte." Die nächste Weichenstellung folgte nur wenige Jahre später: 1957 übergibt ihm Ueli Prager die Direktion der Mövenpick-Restaurants Dreikönigshaus und Claridenhof. Und von 1963 bis 1965 führte er als Regionaldirektor die fünf Zürcher Betriebe. Wartmann meinte später dazu: "Ohne Ueli Prager wäre ich Wirt geblieben." Dies war allerdings nicht seine Absicht.

1965 übernimmt er das Bahnhofbuffet SBB in Basel. Als er es 1986 seinem Nachfolger übergab, war der Betrieb nicht wieder zu erkennen. Den Tipp seines Vorgängers, "vor allem nicht zu investieren", ignorierte er wohlweislich. Aus den behäbigen Ess- und Trinkhallen war ein Vorzeigebetrieb, ein eigentlicher Multiplex-Betrieb geworden: auch vornehmste Basler Familien liessen es sich nicht nehmen, am Sonntagmittag beim "Ziircher" Buffetier zu dinieren oder sich "le Buffet" vom Buffet zu Hause auftragen zu lassen. Ob staatliche Empfänge im Wild'schen Haus, kapitale Bankette in der BIZ oder die Verpflegung von Königin Elisabeth der Zweiten anlässlich der Grün 80: Emil Wartmann und sein Team vom Buffet waren dabei.

Auch das Verbot der SBB, Nebenjobs zu übernehmen, ignorierte er. Die 60er-Jahre wurden zu einer wahren Orgie der Unternehmungslust. Wartmann entwickelte das Konzept für das Schweizer Restaurant an der Weltausstellung in Montreal (1967), gründete die Gastrag. Unter seiner Leitung wurden neue Restaurants entwickelt, schweizweit mehr als 60 Betriebe eröffnet: Mr. Pickwick und Mister Wong tragen auch heute noch seine Handschrift. Als er die Gastrag 1992 seinem langjährigen Freund und Mitarbeiter Robert Keppler übergab, erhielt er vom renommierten Fachverlag "Foodservice" den begehrten "Hamburger-Preis". Aus der Laudatio: "Der Vorbildcharakter der Gastrag kommt besonders in jener Art und Weise zum Tragen, wie Wartmann sein Lebenswerk an die nächste Generation weiterreichte." Dem ist nichts beizufügen.

Er sass im Zentralvorstand des Schweizerischen Hoteliervereins und beschäftigte sich mit Schwarzenbachs Initiativen und dem Saisonnier-Statut, schrieb provozierende Glossen.

Und – er provozierte gerne. Sein Büro im zweiten Stock des Bahnhofbuffets war übersät mit Urkunden und gastronomischen Auszeichnungen. Und wenn seine Besucher konsterniert, irritiert oder sogar beeindruckt waren, dann amüsierte er sich köstlich. Mal las er den rechten "Trumpf Buur" - mal die linke "WoZ". Mal das "Time Magazine" - mal den "Blick". War Gründungsmitglied der NEZ – der "Neuen Zeitung" und Geburtshelfer von "Salz & Pfeffer". Er bewunderte Stucki – und ass manchmal doch lieber eine Bratwurst im Stadtkeller. Er dinierte mit Regierungsräten und fühlte sich doch wohl inmitten seiner Mitarbeiter. Seine berufliche, soziale und emotionale Intelligenz machten ihn zum Patron: zu einem Patron – nicht der alten – aber der neuen Schule – der Wartmann'schen Schule.

Wartmann interessierte sich für moderne Kunst, seltsame Kunstwerke bevölkerten seine Umgebungen. Seine Ansammlung von "eat-art"-Objekten – darunter Schoggiflügelmuttern, Gemüsebilder und Käsecollagen - war so spektakulär wie umstritten. Er liess Corpatoo seine blutigen Metzgeten zelebrieren und Dieter Roth während Jahren in der Brasserie des Bahnhofbuffets das "Allerweltsbild" malen. Und gab sich wohl allzu bescheiden, wenn er behauptete, von "diesen Wilden" verstehe er überhaupt nichts. "Ausser, dass sie das Recht haben und recht haben, genau so zu malen, wie sie es tun." Die Künstler waren für ihn befreiende Antithesen seiner eigenen Position: konform, mit Krawatte um den Hals, die Agenda voller Termine.

Als "semi-retired" bezeichnete er sich in seinen späten Jahren. Nun, wer Emil Wartmann kannte, wusste natürlich, dass eine solche Aussage mit Vorsicht zu geniessen war. Sie mochte zwar auf geschäftliche und einige gesellschaftliche Verpflichtungen zutreffen. Vom Leben aber – er bezeichnete es als "gewöhnlich geführt, aber aussergewöhnlich gelebt" – hat er sich nie zurückgezogen. Nur seine alte Kugelkopf-Schreibmaschine wich irgendwann einem Laptop.

Emil Wartmann betrachte es immer als Privileg, in Basel wohnen und arbeiten zu können. Seine letzten Jahre aber verbrachte er, wenn immer möglich, mit seiner Familie und alten Freunden in Splügen. "Crazy Life", so der Name seiner 1996 publizierten Anthologie, brauchte er nicht mehr. Wer nun aber denkt, dass diese "alten Freunde" nur über die ebenso alten Zeiten diskutiert hätten, irrt. Seine Sicht der Dinge war nie in der Vergangenheit verwurzelt, sondern immer zukunftsorientiert.

Emil Wartmann verstand das Gastgewerbe immer auch als Gesamtkunstwerk: Essen, Trinken und Sein; gestaltet durch Farben, Geräusche, Gerüche und Gesten. "Die wahre Kunst ist es, das Gewöhnliche aussergewöhnlich gut zu machen." Denn - gute Kunst entlässt den Betrachter und somit den Gast anders, als wie er kam.

Auch Emil Wartmann entlässt seine Betrachter anders, als wie sie kamen.

Hanspeter Gsell

Dossier: Verband
Permanenter Link: https://www.baizer.ch/aktuell?rID=686


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