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25.11.2013

"Die Landwirtschaft muss sich dem Öffnungsprozess stellen"

Interview mit Dr. Jürg Niklaus von der IG Agrarstandort Schweiz

Dr. Jürg Niklaus

Dr. Jürg Niklaus

Die hohen Preise für Lebensmittel sind ein Hauptgrund, weshalb das schweizerische Hotel- und Gastgewerbe nicht mehr international konkurrenzfähig ist. Der Agrar-Protektionismus behindert zunehmend auch die exportorientierte Industrie, weil er den Weg zum Freihandel versperrt. Statt die Marktöffnung aktiv anzugehen, verschanzen sich die meisten Bauernorganisationen. Ein Gespräch mit Dr. Jürg Niklaus von der Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (IGAS), die sich für eine schrittweise Liberalisierung mit fairen Rahmenbedingungen und geeigneten Begleitmassnahmen ausspricht.

Gerät die Agrarmarktöffnung ins Stocken?

Jürg Niklaus: Nein, denn der Druck auf den Grenzschutz wird weiter zunehmen, sei es über die WTO, über Freihandelsabkommen mit oder zwischen Drittstaaten oder über ein Agrarabkommen mit der EU. Aber auch verbliebene Exportsubventionen wie das "Schoggigesetz" und interne Stützungsmassnahmen werden vermehrt unter Druck kommen. Will unsere Agrar- und Ernährungswirtschaft Diskriminierungen vermeiden und ihre Marktanteile halten, muss sie sich dem Öffnungsprozess aktiv stellen.

Zahlreiche Organisationen planen jedoch Volksinitiativen, die die Abschottung des Agrarmarktes in der Verfassung verankern wollen...

Das ist nicht zukunftsgerichtet. Natürlich unterstützen auch wir das Anliegen einer produzierenden Landwirtschaft und einer auf die Bedürfnisse des Marktes ausgerichteten Agrar- und Ernährungswirtschaft, doch der heutige Landwirtschaftsartikel in der Bundesverfassung reicht dafür grundsätzlich aus. Sinnvoll ist es sicher, künftig für einen besseren Schutz des Kulturlandes zu sorgen. Die Aufnahme eines quantitativen Selbstversorgungsgrades lehnen wir hingegen klar ab.

Weshalb haben Sie Mühe mit einem festgeschriebenen Selbstversorgungsgrad?

Eine fixe zahlenmässige Vorgabe setzt falsche Anreize. Man kann die Zahl nämlich auch erreichen, indem man die wertschöpfungsstarke tierische Veredelung herunterfährt. Der einseitige Fokus auf die Kalorienproduktion lässt sodann die ebenfalls sehr wichtige Eiweissversorgung völlig ausser Betracht. Es ist zudem ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand zu befürchten.

Wie können wir die produzierende Landwirtschaft unterstützen?

Angesichts des Bevölkerungswachstums und des zunehmenden Kampfes um die verfügbaren Ressourcen wird die Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln in der Schweiz sowieso an Bedeutung gewinnen.

Für die Bauernfamilien wichtig ist die Wertschöpfung. Einkommen wird aus Wertschöpfung generiert und nicht aus Überlegungen zum Selbstversorgungsgrad. Vor allem müssen eine produzierende Landwirtschaft und eine wettbewerbsfähige Ernährungswirtschaft die Bedürfnisse der schweizerischen Bevölkerung zu Friedenszeiten nach qualitativ hochstehenden, nachhaltigen und vielseitigen Produkten optimal decken.

Welches sind die Erfahrungen mit den bisherigen Marktöffnungen?

Gerade der Käsefreihandel hat eindrücklich bestätigt, dass die Öffnung der schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft Chancen bietet, wenn solche Schritte richtig begleitet werden. Auch die Liberalisierung beim Wein hat die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Anbieter eindeutig verbessert. Weitere Marktöffnungen zu prüfen, ist deshalb nur folgerichtig.

Betrachtet man den Einkaufs- und Gastronomietourismus, so erhält man den Eindruck, dass Herr und Frau Schweizer für sich den Markt bereits stark geöffnet haben...

In der Tat kaufen Konsumentinnen und Konsumenten ihre Lebensmittel zunehmend im benachbarten Ausland ein. Sie gehen auch immer öfters dort essen. Der Detailhandel, die Gastronomie und Hotellerie stehen unter einem harten internationalen Konkurrenzkampf. Als deren Lieferantin ist auch die Landwirtschaft herausgefordert. Der Druck auf die Landwirtschaft nimmt übrigens nicht nur wegen der grenzüberschreitenden Einkäufe zu, sondern auch wegen der zunehmenden Einfuhr von Halbfertig- und Fertigprodukten.

Wie geht es Ihrer Meinung in der Agrarpolitik nach weiter?

Wichtige Handelspartner der Schweiz verhandeln derzeit über gegenseitige Marktöffnungen. Das betrifft auch die Agrar- und Ernährungswirtschaft. Wollen wir nicht ins Hintertreffen geraten, müssen wir diese Entwicklungen genau beobachten und den Öffnungsprozess danach gestalten.

Anbieter aus der Schweiz werden im In- und Ausland erfolgreich sein, wenn sie eine konsequente Qualitätsstrategie verfolgen, den Mehrwert klar kommunizieren und innovativ sind. Es ist sehr wichtig, dass wir uns nun auf allen Ebenen – in der Politik wie auch im Markt – auf offene Agrarmärkte vorbereiten. Das setzt einen intensiven Dialog innerhalb der Agrar- und Ernährungswirtschaft und mit den Konsumenten voraus. Die IGAS kann hier einen Beitrag leisten.


Mehr Kaufkraft und Wohlstand

Die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (IGAS) ist eine breit abgestützte Plattform von Unternehmen und Organisationen, welche einen Öffnungsprozess für die Agrar- und Ernährungswirtschaft mit fairen Rahmenbedingungen anstreben und diesen aktiv mitgestalten wollen. Es brauche "klare und innovative Antworten und keine Denkverbote", schreibt die IGAS auf ihrer Website. Sie ruft alle betroffenen Kreise auf, sich an der Debatte zu beteiligen. Die Behörden müssten rechtzeitig handelspolitische Alternativen entwickeln und aufzeigen.


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