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25.02.2014

Handelshemmnisse abschaffen? Reines Ablenkungsmanöver!

Offener Brief an FDP-Nationalrat und Economiesuisse-Vorstand Ruedi Noser

Sehr geehrter Herr Nationalrat Noser

Am 21. Februar 2014 haben Sie in der NZZ sinngemäss geschrieben, dass es keine Kartellgesetzrevision brauche, um die Hochpreisinsel zu schleifen, sondern einen Abbau von technischen Handelshemmnissen. Wir gehen mit Ihnen einig, dass ein solcher Abbau hilfreich wäre. Die ungerechtfertigten "Schweiz-Zuschläge" bringen wir so aber nicht weg!

Technische Handelshemmnisse sind staatliche Hürden, die den Parallelimport erschweren. Was nützt deren Abbau, wenn uns die Konzerne im Ausland gar keine Waren verkaufen, sondern an ihre Niederlassung oder ihren Vertriebspartner in der Schweiz verweisen, bei welchen wir dann Preise bezahlen müssen, die sich nicht allein mit den höheren Kosten hierzulande erklären lassen?

Auch dieser "anderen Abzockerei" (NZZ vom 7. September 2012, Seite 29) sollte ein Riegel geschoben werden. Wir stören uns nicht daran, dass die Preise in der Schweiz höher sind, sondern dass sie oftmals nicht unter Wettbewerbsbedingungen zustande kommen. Um solche "Kartellrenten" zu verhindern, braucht es eine entsprechende Regelung im Kartellgesetz. Gerne gehen wir nun noch auf ein paar Passagen Ihrer Kolumne ein.

"In freien Märkten kann das gleiche Produkt unterschiedlich viel kosten. Eine Bratwurst mit Bürli kostet am Bahnhof, an der Chilbi oder beim Take-away kaum gleich viel."

Klar, Preisdifferenzierungen sind weltweit etwas Normales. Problematisch werden sie, wenn die Nachfrager nicht frei wählen können, wo sie einkaufen. Märkte haben eben zwei Seiten: Erlaubt man den Anbietern, ihre Preise zu differenzieren, so braucht die Nachfrageseite die Freiheit, dort einzukaufen, wo es wirtschaftlich Sinn ergibt.

Solange wir es multinationalen Konzernen erlauben, Kaufkraft abzuschöpfen, sind wir alle von den ungerechtfertigten "Schweiz-Zuschlägen" betroffen – vom Textil-Einzelhändler bis zum Drucker, vom Fahrzeugbauer bis zum Buchhändler, vom Konsumenten bis zum Grossisten.

Als IT-Unternehmer wissen Sie bestimmt, dass selbst die öffentliche Hand (Bund, Kantone, Gemeinden, Spitäler, Universitäten und staatsnahe Betriebe) oft überteuert einkaufen muss. Könnte es sein, dass IBM, Microsoft und HP, Mitglieder des Verbands ICT Switzerland, den Sie präsidieren, ein Interesse am künstlich überhöhten Preisniveau in der Schweiz haben?

"... einen hohen Preis kann nur rechtfertigen, wer effizient produziert, und nicht, wer durch Abschottung des Marktes geschützt wird."

Einverstanden. Aber weshalb wollen Sie denn die Vertriebssysteme von ausländischen Konzernen in der Schweiz vor Wettbewerb schützen? Mit Ihrem kategorischen Nein zu einem Artikel 7a KG, wie er vom Ständerat beschlossen wurde, ermöglichen Sie erst die Abschottung.

Abreden zur Marktabschottung sind bereits unzulässig (Art. 5 Abs. 3 und 4 KG). Es sollten aber auch Marktabschottungen, die ein Hersteller einseitig (also ohne bzw. ohne nachweisbare Abrede) durchsetzen kann, unterbunden werden. Genau das sieht Art. 7a für klar definierte Fälle grundsätzlich vor.

"... diese technischen Handelshemmnisse könnte man einfach und rasch abbauen, ohne dass die Qualität der Produkte darunter leiden würde. Die FDP-Deputation hat deshalb zehn Vorstösse lanciert, mit denen die hohen Preise in der Schweiz effektiv gesenkt werden können."

Bravo. Aber leider genügt aber der Abbau von technischen Handelshemmnissen nicht, weil Nachfrager aus der Schweiz im Ausland oft gar nicht (oder nicht zu den dort von den Unternehmen praktizierten Preisen und Bedingungen) bedient werden.

"... will man es Schweizer Grosseinkäufern im Detailhandel möglichst bequem machen, indem man der Wettbewerbskommission die Preisverhandlung überträgt. Hierfür soll ein Klagerecht eingeführt werden, falls der Grosseinkäufer das Gefühl hat, das Produkt werde ihm zu teuer verkauft..."

Mit Verlaub: Das ist Unsinn! Niemand wird gegen Preise in der Schweiz klagen können. Es geht einzig darum, dass Nachfrager aus der Schweiz im Ausland nicht diskriminiert werden, nur weil sie aus der Schweiz kommen.

Der Art. 7a KG verlangt, dass Nachfrager aus der Schweiz bei Unternehmen im Ausland einkaufen können – zu Preisen und Bedingungen, die von den Anbietern dort selbst unter Wettbewerbsbedingungen festgelegt worden sind. Und auch das nur, wenn die Nachfrager aufgrund eines früheren Systementscheids oder starker Kundennachfrage auf die Waren angewiesen sind. Zudem bleiben sachliche Rechtfertigungsgründe vorbehalten.

"Doch Mars und Coca-Cola werden nicht erzittern, wenn der lokale Bäcker mit Klage droht."

Ein Bäcker kauft solche Produkte nicht direkt beim Hersteller. Es geht hier um die Einkaufs- und Importfreiheit des Grosshändlers, der den Bäcker beliefert bzw. um KMU, die direkt beim Hersteller beziehen. Diesen sollen auch Quellen im Ausland offenstehen. Das würde dazu führen, dass in der Schweiz Wettbewerbspreise zustande kommen. Diese werden höher sein als die Preise im Ausland, denn die Waren müssen ja noch transportiert, am Zoll abgefertigt und feinverteilt werden.

"Nur wenn der Händler mit seinem Lieferwagen über die Grenze fahren kann und dabei nicht nur von günstigeren Einkaufspreisen profitiert, sondern die Produkte in der Schweiz auch verkaufen kann, gerät die Hochpreisinsel wirklich ins Wanken."

Wir importieren pro Jahr 25 Lastenzüge Coca-Cola aus Deutschland. Über die Grenze zu fahren und die Ware hier zu verkaufen ist dabei die kleinste Sorge. Unser Problem ist, dass wir gezwungen werden, über Zwischenhändler einzukaufen, deren Gewinn wir mitfinanzieren müssen. Der deutsche Abfüller lässt uns nicht zu denjenigen Bedingungen einkaufen, die er einem deutschen Getränkehändler vergleichbarer Grösse gewährt, denn er will ja, dass wir in der Schweiz überteuert einkaufen.

In der redaktionellen Einleitung der NZZ heisst es zur Kolumne Ihrer Gegenseite: "Bezüglich Preisdifferenzen bekräftigt SP-Politikerin Prisca Birrer-Heimo ihre Forderung nach Auslandspreisen für Schweizer Kunden."

Hätte der Verfasser dieses Satzes den Text von Frau Nationalrätin Birrer-Heimo sorgfältig gelesen, wäre er nie auf eine solch täuschende Anmerkung gekommen. Jedes Unternehmen in der Schweiz wird seine Produkte auch künftig so teuer anbieten können, wie es will. Es sollte sich dabei aber dem Wettbewerb stellen müssen. Das ist heute vielfach nicht der Fall.

Es ist nicht das erste Mal, dass die NZZ mit offensichtlichen Falschaussagen zur Kartellgesetzrevision auffällt. Zum Propaganda-Arsenal gehört die Behauptung, der Art. 7a KG lasse sich im Ausland gar nicht durchsetzen. Dabei gilt das Kartellgesetz schon jetzt auch für Sachverhalte, die im Ausland veranlasst werden, sich aber in der Schweiz auswirken. Die Fälle BMW, Nikon und Gaba/Elmex zeigen, dass Weko-Entscheide auch im Ausland durchgesetzt werden können.

Wir brauchen den Art. 7a oder zumindest eine Präzisierung von Art. 4 KG, welcher die Weko zwingt, in wesentlich mehr Fällen als heute von einer Marktbeherrschung auszugehen und solche Tatbestände gemäss Art. 7 zu unterbinden.

Wir verstehen Ihre Bedenken, die Vertragsfreiheit einzuschränken, doch sind wir dringend auf eine andere Freiheit angewiesen: Diejenige, dort einzukaufen, wo wir wollen. Die Verhandlungsposition von Nachfragern aus der Schweiz gegenüber den heute übermächtigen Anbietern muss gestärkt werden!

Economiesuisse, Teile der FDP und Vertreter der NZZ rühmen den Wettbewerb in ihren Sonntagsreden. Wirklich willkommen ist er aber offenbar nur, wenn er die anderen betrifft.

Mit freundlichen Grüssen
Wirteverband Basel-Stadt
Maurus Ebneter
Delegierter des Vorstands


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