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17.08.2015

Sozialversicherungen: Unterstellung bei Grenzgängern

Welche Vorkehrungen Arbeitgeber treffen sollten

Unter Umständen sind bei Grenzgängern die Sozialversicherungsbeiträge in deren Heimatland abzurechnen. Das führt bei den schweizerischen Arbeitgebern zu Risiken und zusätzlichem Aufwand. Die folgenden Ratschläge zu diesem Thema stammen vom Rechtsdienst von GastroSuisse.

Im schweizerischen Gastgewerbe arbeiten rund 15'000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Seit Einführung der vollen Personenfreizügigkeit durch das Freizügigkeitsabkommen können Grenzgänger aus EU-/EFTA-Staaten grundsätzlich überall in der Schweiz erwerbstätig werden.

Voraussetzung für eine sogenannte Grenzgängerbewilligung ist einzig ein Wohnsitz in einem EU-/ EFTA-Staat und die wöchentliche Rückkehr an diesen Wohnsitz. Ausnahmen gibt es bis 2016 nur noch für rumänische und bulgarische Staatsangehörige. Die allermeisten Grenzgängerinnen und Grenzgänger wohnen jedoch, wenig überraschend, in unmittelbarer Grenznähe.

Pflichtgemäss rechnen Arbeitgeber bei Grenzgängern die Sozialversicherungsbeiträge ab. Dabei kann übersehen werden, dass nach den Koordinationsregeln im Freizügigkeitsabkommen die Sozialversicherungen für die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter unter Umständen im Heimatland abzurechnen sind. Dieses Problem stellt sich vor allem bei Nebentätigkeiten. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Koordinationsregeln per 1. Januar 2015 geändert haben.

Gegen Mitte 2015 sind verschiedene Fälle aus der Region Basel bekannt geworden, in denen die französischen Sozialversicherungsbehörden versucht haben, bei Arbeitgebern in der Schweiz Beiträge einzufordern. Dies materiell grundsätzlich zu recht, wobei aber meistens völlig überhöhte Einschätzungen erfolgt sind.

Das Problem kann sich in Zukunft in der gesamten Schweiz auch in Bezug auf die übrigen Nachbarstaaten stellen. Grundsätzlich ist zu empfehlen, bei Abrechnungen von ausländischen Sozialversicherungsbehörden sofort mit diesen Kontakt aufzunehmen und den Sachverhalt bezüglich der zu erwartenden Höhe der Beiträge richtig zu stellen. Daneben sind für den gastgewerblichen Arbeitgeber folgende Informationen massgebend:

1. Welchem Sozialversicherungsrecht unterliegen Grenzgänger?

1.1 Alte Regelung bis 31. Dezember 2014

Für Grenzgängerinnen und Grenzgänger (sofern sie EU- oder EFTA-Staatsangehörige sind) gilt im Koordinationsrecht ein wichtiger Grundsatz. Eine erwerbstätige Person soll für sämtliche Versicherungszweige nur der Gesetzgebung eines Landes (in der Schweiz z.B. AHV, IV, EO, ALV, BVG) unterstehen. Doppel- und Parallelversicherungen sollen ausgeschlossen sein.

Weiter gilt in einem gewissen Sinne das Erwerbsortsprinzip (zumindest solange nur eine Erwerbstätigkeit besteht). Eine Person soll also nach Möglichkeit in dem Staat versichert werden, wo sie erwerbstätig ist. Unproblematisch sind somit Fälle, wo eine Grenzgängerin oder ein Grenzgänger nur eine Stelle hat (also z.B. Wohnsitz im Elsass und 100%-Arbeitstätigkeit in Basel). Hier sind die Sozialversicherungen in der Schweiz abzurechnen.

Anders sieht die Lage bei Nebentätigkeiten aus. Bis Ende 2014 galt, dass "bei gewöhnlicher Erwerbstätigkeit für mehrere Arbeitgeber mit Sitz in verschiedenen Staaten" die Unterstellung im Wohnsitzstaat erfolgt, unabhängig davon, ob dort ein wesentlicher Teil der Tätigkeit ausgeübt wurde (vgl. Art. 13 Abs. 1 lit. a Verordnung (EG) 883/2004).

Mit anderen Worten: sobald im Wohnsitzstaat gearbeitet wird, sind die Sozialversicherungen dort abzurechnen. Eine französische Serviceangestellte mit Wohnsitz im Elsass hätte also nach alter Rechtslage in Frankreich abgerechnet werden müssen, sobald sie dort irgendeine Nebentätigkeit (und sei es auch auf niedriger Teilzeitbasis) ausübte.

Abrechnen in diesem Zusammenhang bedeutet, dass direkt mit Versicherungen des jeweiligen Landes in Kontakt getreten werden oder eine Treuhandfirma mit der Abrechnung beauftragt werden muss. Eine Abrechnung der ausländischen Beiträge über eine Ausgleichskasse in der Schweiz ist nicht möglich. Dies bedeutet einen grossen administrativen Aufwand für den Arbeitgeber.

1.2 Neue Regelung ab 1. Januar 2015

Neu gilt die Regelung, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter erst dann im Wohnsitzstaat unterstellt wird, wenn sie oder er dort zu mindestens 25% erwerbstätig ist. Ansonsten ist der Staat zuständig, wo der wesentliche Teil gearbeitet wird (Übernahme der Verordnung EG 465/2012 aufgrund der vierten Aktualisierung von Anhang II FZA).

Mit anderen Worten: Arbeitet beispielsweise eine Französin zu 50% in der Schweiz, daneben aber auch zu 20% in Frankreich, so "kippt" (Tätigkeit in Frankreich unter 25%) die Zuständigkeit nicht mehr in den Wohnsitzstaat Frankreich. Die Mitarbeiterin kann in der Schweiz abgerechnet werden.

Arbeitgeber in der Schweiz werden letztlich entlastet, da nicht mehr jede Nebenarbeit sozialversicherungsrechtlich relevant ist. Zusätzlich werden unbedeutende Tätigkeiten bis zu 5% der Arbeitszeit oder des Einkommens koordinationsrechtlich gar nicht mehr berücksichtigt. Sie müssen jedoch vom jeweiligen Arbeitgeber im jeweiligen Staat abgerechnet werden.

Wichtig: die Gesetzesänderung tritt nicht automatisch in Kraft. Es gilt – wie auch schon bei anderen Änderungen – eine Übergangsfrist von 10 Jahren. Das heisst, dass Grenzgänger, die vor dem 31. Dezember 2014 eingestellt wurden, noch weiterhin bis Ende 2024 z.B. in Frankreich unterstellt bleiben, wenn sie dort wohnen und eine Nebentätigkeit ausüben und sich der bis anhin vorherrschende Sachverhalt nicht ändert.

Will man eine Person, die dem bisherigen Recht unterstellt ist, dem neuen Recht unterstellen, muss hierfür ein Antrag gestellt werden (der jeweils für den ersten Tag des darauf folgenden Monats gültig ist). Zu beachten ist allerdings, dass sich ein häufiger Wechsel der Sozialversicherungssysteme für die versicherte Person negativ auf die Rentenanwartschaft auswirken kann.

2. Haftung des Arbeitgebers

Die Koordinationsregeln und die Sozialversicherungsgesetze der jeweiligen Länder stellen grundsätzlich zwingendes öffentliches Recht dar. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht durch einen Vertragszusatz von ihnen abweichen und alle seine Mitarbeiter automatisch in der Schweiz unterstellen kann. Ebenso ist er für die Sozialversicherungsbeiträge haftbar (auch im Ausland).

Die Unkenntnis der Regeln kann dabei nicht geltend gemacht werden. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass für einen Mitarbeiter im Ausland hätte abgerechnet werden müssen, muss der Arbeitgeber nachzahlen (unter Umständen den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmeranteil). Gleichzeitig kann er natürlich zu viel bezahlte Beiträge in der Schweiz zurückfordern. Es gilt daher, im Rahmen der Möglichkeiten, Vorkehrungen zu treffen.

3. Vorkehrungen bei Neueinstellungen

3.1 Regelung im Arbeitsvertrag oder einem Vertragszusatz

Bei jeder Neueinstellung sollte im Vorstellungsgespräch mit einem allfälligen Grenzgänger unbedingt aktiv nachgefragt werden, ob dieser in seinem Wohnsitzstaat nach anderen Erwerbstätigkeiten nachgeht. Das Ergebnis soll auf jeden Fall im Arbeitsvertrag oder in einem Vertragszusatz festgehalten werden (auch wenn der Arbeitnehmer angibt, keiner Tätigkeit nachzugehen).

Gleichzeitig ist dem Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag oder dem Vertragszusatz die Pflicht zu überbinden, in Zukunft den Arbeitgeber über jede zusätzliche Erwerbstätigkeit in einem anderen Land zu informieren.

Weiter wird empfohlen schriftlich zu vereinbaren (ebenfalls im Arbeitsvertrag oder Vertragszusatz), dass der Arbeitnehmer bei falscher oder nicht rechtzeitiger Meldung gegenüber dem Arbeitgeber ersatzpflichtig wird. Es ist zurzeit (noch) nicht klar, ob eine solche Klausel im Streitfall vor Gericht Bestand hätte. Dennoch wird sie dringend empfohlen, umso mehr, da man damit "nichts verliert".

Zu empfehlender Vertragstext:
Der Mitarbeitende bestätigt, nebst seiner Tätigkeit beim schweizerischen Arbeitgeber, in seinem Wohnsitzstaat oder einem anderen EU-/EFTA-Land keinem weiteren Erwerb nachzugehen und somit gemäss den massgeblichen Vorschriften der Sozialversicherungsgesetzgebung in der Schweiz unterstellt zu sein. Der Mitarbeitende verpflichtet sich, dem schweizerischen Arbeitgeber nachträgliche Änderungen seiner Beschäftigungssituation unverzüglich mitzuteilen. Bei Unterlassung oder falschen Angaben haftet der Mitarbeitende gegenüber dem schweizerischen Arbeitgeber persönlich für allfällig nachzuzahlende Sozialversicherungsbeiträge.

Wichtig: Wird eine wie oben vorgeschlagene Klausel nicht in den Arbeitsvertrag integriert, sondern in einem Vertragszusatz festgehalten, so ist dieser Vertragszusatz vom Mitarbeitenden selbstverständlich ebenfalls zu unterzeichnen.

3.2 Bescheinigung A1

Zusätzlich zur vertraglichen Regelung ist es ratsam, vom Mitarbeitenden beim Stellenbeginn und allenfalls periodisch die sogenannte "Bescheinigung A1" zu verlangen. Die "Bescheinigung A1" ist ein standardisiertes Formular, mit welchem die Sozialversicherungsbehörden eines Landes bestätigen, ob eine Person bei ihnen versichert ist. Für den Fall, dass ein Nebenjob in einem Nachbarstaat koordinationsrechtlich relevant ist, gibt dies dem Arbeitgeber eine gewisse Rechtssicherheit.

4. Vorkehrungen bei bestehenden Mitarbeitenden

4.1 Regelmässige Gespräche

Wichtig ist es auch, dass bei bestehenden Mitarbeitenden regelmässig nachgefragt wird, zum Beispiel bei einem Jahresendgespräch, ob diese inzwischen einer Nebentätigkeit im Ausland nachgehen. Gegebenenfalls müssen dann umgehend Massnahmen getroffen werden. Gleichzeitig kann auch bei bestehenden Mitarbeitenden noch die "Bescheinigung A1" verlangt werden.

4.2 Regelung in einem Vertragszusatz

Insbesondere bei bereits angestellten Mitarbeitenden (und schon bestehenden Arbeitsverträgen) empfiehlt es sich dringend, von den betreffenden Mitarbeitenden einen wie vorgängig empfohlenen Vertragszusatz unterzeichnen zu lassen.

Weitere Informationen rund um das Thema Arbeitnehmer im Ausland und ihre Angehörigen finden sich auf ahv-iv.ch unter "Merkblätter". Bei Fragen betreffend Sozialversicherungen stehen für Kunden von GastroSocial auch die Ausgleichs- und die Pensionskasse in Aarau zur Verfügung (Telefon 062 837 71 71).

Quelle: Rechtsdienst GastroSuisse


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