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02.10.2015

Dem Deklarationswahn erlegen

Das Lebensmittelgesetz stellt die Branche vor Herausforderungen

Der administrative Aufwand wird 2016 für das Gastgewerbe weiter zunehmen: Das revidierte Lebensmittelgesetz steht bevor. Was den Gastronomen in Hinsicht auf Allergendeklaration blüht.

"Damals meinten sie, es werde nicht so heiss gegessen, wie es gekocht wird", erzählt Ferdinand Thoma: "Aber es wurde dann doch 'cheibe-heiss' gegessen." Der Gastgeber im Wellnesshotel Auerhahn in Schluchsee kann sich gut an den letzten Winter erinnern, als die Allergenkennzeichnung in Deutschland zur Pflicht wurde.

Ein paar Monate vorher sei man erstmals darüber informiert worden, dass ein Gesetz in Planung sei. Schon dann habe sich Panik unter den Gastronomen breit gemacht – als es in Kraft trat, herrschte gar Chaos. "Es gab keine einheitliche Regelung, jeder hat es nach seinem Gutdünken umgesetzt", erklärt Thoma: "Sogar die Kontrollbehörden waren überfordert."

Inzwischen hat sich die Lage beruhigt, und Thoma kann sogar Positives aus der Geschichte ziehen: "Man ist in der Küche kreativer geworden. Es wird einem ja nichts verboten, man muss es einfach deklarieren!" Auch die Serviceschulungen haben sich vereinfacht, denn die Verantwortung läge jetzt bei den Allergikern: Diese finden die Allergenkennzeichnung entweder direkt in der Speisekarte oder auf einer Liste, die im Restaurant aufliegt.

"Ich komme mir schon ein bisschen blöd vor, wenn ich auf der Tageskarte zum Beispiel 'Grilliertes Lachsfilet (enthält Fisch)' angeben muss", meint Thoma: "Aber die meisten Gäste übersehen das. Und die Veganer und Allergiker schätzen es. Auch wenn es sich um die Minderheit handelt, ist das eine Kundengruppe, die ich nicht missen möchte."

Was Thoma in Deutschland erlebte, steht den Schweizer Gastronomen und Detailhändlern nächstes Jahr mit dem Projekt "Largo" bevor: die detaillierte Kennzeichnung von Allergenen und Nährwerten eines Produkts sowie die Herkunftsangabe der Zutaten.

Die neuen Verordnungen sind Teil einer umfassenden Revision des Lebensmittelgesetzes. 27 Verordnungen auf über 2000 Seiten: ein Bürokratiemonster. Es sei nicht umfangreicher als das bisher geltende Gesetz, erklärt freilich Thomas Lüthi, Projektleiter beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen: "Aber es gibt einige Neuerungen, die zugegebenermassen weh tun."

An der Hygienetagung von Labor Veritas, die kürzlich in der Belvoirpark Hotelfachschule in Zürich stattfand, war die Gesetzesrevision Thema Nummer eins: "Wir schränken uns viel mehr ein als die EU", kritisieren teilnehmende Gastronomen. Es stimme, dass unter den neuen Verordnungen einige Helvetismen seien, gibt Thomas Lüthi zu: "Aber das Parlament hat dies 2014 gutgeheissen. Und die Anhörung läuft ja noch bis Ende Oktober."

Ziel des neuen Verordnungsrechts ist es, einen hohen Gesundheitsschutz zu gewährleisten, erläutert Lüthi. Zudem sollen dadurch auch bilaterale Verträge eingehalten und Handelshemmnisse abgebaut werden. Im Prinzip seien künftig alle Lebensmittel in der Schweiz erlaubt, die nicht ausdrücklich im Gesetz verboten werden.

Den grössten Aufwand schaffen die neuen Kennzeichnungsbedingungen: Bei vorverpackten Lebensmitteln müssen Nährwerte, Nanomaterialien, das Produktionsland sowie die Herkunft schriftlich deklariert werden. Ebenfalls schriftlich müssen im Offenverkauf die Allergene angegeben werden – eine mündliche Auskunft reicht nicht mehr aus.

Das neue Gesetz soll in der ersten Jahreshälfte 2016 in Kraft treten, die Umsetzungsfrist beträgt ein Jahr. Das könnte zu knapp berechnet sein, findet selbst Lüthi. Die Teilnehmer der Hygienetagung sind nicht beruhigt: "Allergiker sind doch jetzt schon hervorragend informiert, warum braucht es diesen Aufwand", wird beispielsweise bemängelt.

Ferdinand Thoma vom Wellnesshotel Auerhahn kann die Gastronomen nur teilweise beruhigen: Er gibt Tipps zur vereinfachten Deklaration und stellt Online-Datenbanken wie foodnotify.com und qnips.com vor, die viele Lebensmittel mit ihren Nährwert- und Allergeninformationen enthalten und dadurch das Erstellen einer Speisekarte erleichtern.

Doch auch ein knappes Jahr nach der Umsetzung in Deutschland gibt es noch einige Baustellen: "Es ist für uns unmöglich, Lebensmittel für Allergiker getrennt zu lagern und Kreuzkontaminationen sicher zu verhindern", erklärt Thoma.

Glücklicherweise hätte es bis jetzt keine Probleme gegeben, zur Sicherheit habe sein Betrieb aber einen Notfallplan organisiert: Wenn ein Gast starke allergische Symptome vorweise (zum Beispiel Hautreaktionen, eine Schwellung im Mund oder Herzrasen), werde sofort die Notfallnummer angerufen und der Gast bei Möglichkeit mit Medizin versorgt. "In jedem Fall bin ich um meine Haftpflichtversicherung froh", schliesst Thoma mit leisem Sarkasmus – das kann ja heiter werden.

LMG-Revision in Kürze
Alle Lebensmittel sind erlaubt, wenn nicht im Gesetz ausdrücklich verboten.
Allergene müssen schriftlich deklariert werden.
Die Herkunft von Fleisch und Fisch (inklusive Fanggebiet) muss angegeben werden.
Die Anwendung von gentechnisch veränderten Organismen, ionisierenden Strahlen und Leistungsförderern wird gekennzeichnet.

Allergendeklaration
Folgende Möglichkeiten bestehen, um Allergene zu deklarieren:
- Kennzeichnung auf der Speisekarte, zum Beispiel pro Allergen ein Buchstabe
- Auflistung in separater Karte
- Auflistung im Restaurant aufhängen
- Schilder beim Buffet
- Elektronische Angabe auf Tablet oder App
- Getränkekarte: Alle Weine erhalten Sulfite, alle Biere erhalten Gluten

Cristina Bürgi / GastroJournal


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