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04.02.2016

Die Handlanger der Konzerne – und ihre Ammenmärchen

Waghalsige Behauptungen und absurde Argumente

Weil die Schweizer Vertriebssysteme vieler ausländischer Unternehmen vor Konkurrenz geschützt werden, entstehen hierzulande oft keine Wettbewerbspreise. Die Konsumenten stimmen schon lange mit den Füssen ab. Standortgebundenen KMU ist das jedoch nicht möglich. Die Konzerne und ihre Interessensverbände wehren sich vehement gegen eine gesetzliche Regelung, die Abhilfe schaffen würde.

Nachfrager aus der Schweiz können Produkte, auf die sie angewiesen sind, im Ausland oft nicht zu den dort üblichen Preisen und Bedingungen einkaufen. Das behindert sie im Wettbewerb! Um "Kartellrenten" zu verhindern, braucht es eine umfassende Import- und Einkaufsfreiheit.

Dieses Ziel könnte erreicht werden, indem der Art. 4 des Kartellgesetzes präzisiert wird. Die Wettbewerbskommission wäre dann gezwungen, in wesentlich mehr Fällen als heute von einer Marktbeherrschung auszugehen und preisliche Diskriminierungen zu sanktionieren.

Eine Umsetzung der parlamentarischen Initiative "Überhöhte Importreise – Aufhebung des Beschaffungszwangs im Inland" von alt Ständerat Hans Altherr (FDP/AR) würde Parallelimporte bzw. den Direkteinkauf im Ausland erleichtern und in kurzer Zeit ungerechtfertigte "Schweiz-Zuschläge" auf importierten Produkten verunmöglichen.

Solche Zuschläge zementieren die Hochpreisinsel und führen dazu, dass viele heimische KMU wegen zu hoher Produktionskosten nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Das gefährdet Zehntausende von Arbeitsplätzen!

Die Gegner der Pa.Iv. Altherr sehen dies natürlich anders. Verbände wie Economiesuisse und Promarca, welche einseitig die Interessen von Generalimporteuren und Grosskonzernen vertreten, stellen sich vehement gegen eine Präzisierung des Kartellgesetzes. Dabei bemühen sie waghalsige Argumente und schrecken auch vor absurden Behauptungen nicht zurück.

"Der Vorstoss erweckt unerfüllbare Erwartungen."

Hätte eine Umsetzung der Pa.Iv. Altherr keine Wirkung, würden sich Generalimporteure, Konzerne und deren Interessensverbände kaum so massiv dagegen wehren.

"Der Vorstoss ist ein überschiessender Eingriff in die Marktwirtschaft."

Nein, er gewährleistet endlich die Wahlfreiheit für KMU und alle Konsumenten (in manchen Fällen sind sogar heimische Grossfirmen und die öffentliche Hand von ungerechtfertigten Schweiz-Zuschlägen betroffen). Was hat es "Marktwirtschaft" zu tun, wenn wir es ausländischen Unternehmen erlauben, ihr Schweizer Vertriebssystem abzuschotten? Der Markt haben eben zwei Seiten: Erlaubt man den Anbietern, ihre Preise zu differenzieren (was gut ist), so müssen die Nachfrager die Freiheit haben, dort einzukaufen, wo sie wollen – sonst entstehen keine Wettbewerbspreise.

"Heimische Unternehmen können dazu verpflichtet werden, ihre Produkte zu den gleichen Preisen wie beispielsweise in Portugal zu verkaufen."

Das ist falsch. Es geht einzig darum, dass Nachfrager aus der Schweiz (KMU, Konsumenten, öffentliche Hand) Produkte, auf die sie angewiesen sind, eben auch in Portugal einkaufen können, wenn sie das möchten – zu Preisen, die die Anbieter dort selbst unter Wettbewerbsbedingungen festgelegt haben.

"Es wird in die Preisbildung der Unternehmen eingegriffen."

Unternehmen können ihre Gewinnmarge weiter selber bestimmen, nur müssen sie allenfalls ihre "Tiefpreisstrategie" in anderen Ländern überprüfen. Der Schweizer Handel und die KMU sollen das Recht erhalten, Produkte, auf die sie angewiesen sind, notfalls im Ausland zu beziehen. Dadurch sinken die Preise in der Schweiz, und Konsumenten können wieder im Inland einkaufen.

"Der Interbrand-Wettbewerb spielt. Konsumenten können auf andere Produkte ausweichen."

Sie könnten, doch sie tun es nicht. Sie bleiben ihrem Produkt treu, kaufen es jedoch im Ausland ein. So sinkt beispielsweise der Absatz von persönlichen Pflegeprodukten in der Schweiz, obwohl die Bevölkerungszahl zunimmt.

"Parallelimporte sind problemlos möglich."

Leider funktionieren Parallelimporte überall dort nicht, wo die Hersteller den ganzen Vertrieb kontrollieren, den Graumarkt dadurch klein halten und den Handel zwingen, ihre Produkte in der Schweiz zum diktierten Preis abzunehmen.

"Man braucht bloss die technischen Handelshemmnisse abzubauen, um das Problem zu lösen."

Der Abbau staatlicher Hürden ist wichtig. Doch er nützt nichts, solange die Konzerne im Ausland Nachfragern aus der Schweiz gar keine Waren verkaufen und so ihr Vertriebssystem vor Wettbewerb schützen.

"Das bestehende Kartellgesetz ist ausreichend."

In der Praxis ist es oft nicht möglich, Abreden oder Marktbeherrschung zu beweisen. Um Kartellrenten zu verhindern, braucht es eine Präzisierung von Art. 4 KG, welcher die Wettbewerbskommission zwingt, in wesentlich mehr Fällen als heute von einer Marktbeherrschung auszugehen und entsprechende Tatbestände zu unterbinden.

"Die Regelung gefährdet Arbeitsplätze in der Schweiz."

Den Gegnern des Kartellgesetzes sind die Arbeitsplätze in den Konzernzentralen wichtiger als diejenigen im Handel, im Gastgewerbe und in anderen KMU. Jobs gehen doch vor allem verloren, weil Betriebe ihre Produktion ins Ausland verlagern und weil standortgebundene Unternehmen ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Verschwinden die ungerechtfertigten "Schweiz-Zuschläge", so steigt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen. Das sichert und schafft Arbeitsplätze!

"Sinken die Preise in der Schweiz, dann gehen die Löhne runter."

Die Hochpreisinsel zerstört die Kaufkraft von sozial Schwachen. Die Fixierung auf Nominallöhne ist naiv und fragwürdig. Werden die Schweizer Betriebe im Einkauf nicht entlastet, so müssen die Löhne sinken, denn nur das kann einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen verhindern.

"Eine Umsetzung solcher Forderungen beschränkt die Vertragsfreiheit und damit die Wirtschaftsfreiheit."

Zwar braucht die Wirtschaftsfreiheit die Vertragsfreiheit. Letztere ist aber zum Schutz der Wirtschaftsfreiheit dann einzuschränken, wenn damit andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs im Sinn von Art. 7 Abs. 1 KG behindert werden.

"Ausländische Hersteller werden ihre Vertriebssysteme in der Schweiz schliessen."

Die heute bestehenden Beschränkungen des Preiswettbewerbs in der Schweiz dürfen nicht zum Schutz bestehender Vertriebsstrukturen toleriert werden. Diese sollten vielmehr endlich auch dem Wettbewerb ausgesetzt werden! Wegen der "Schweiz-Zuschläge" sind in der Tourismusbranche, in der Gastronomie, im Gewerbe und im Handel Zehntausende von Arbeitsplätzen verloren gegangen resp. gefährdet oder gar nicht erst entstanden.

"Die Weko ist für die Anwendung einer neuen Norm über relativ marktmächtige Unternehmen gar nicht zuständig, weil in solchen Fällen das öffentliche Interesse fehlt."

Zwar klagt wohl oft nur ein einzelnes Unternehmen wegen einer Behinderung in der "Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs" (Art. 7 Abs. 1 KG). Meistens ist aber nicht nur ein einzelnes, sondern eine ganze Gruppe von Unternehmen betroffen. Dazu kommt, dass das Individualrecht auf Wirtschaftsfreiheit im Sinn von Art. 27 BV durch alle Behörden zu schützen ist (Art. 35 Abs. 3 BV).

"Eine Umsetzung wird kaum zu Preissenkungen führen. Die Hochpreisinsel wird nicht verschwinden."

Natürlich gibt es keine Allheilmittel. Eine Umsetzung wäre aber ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Hochpreis- und Hochkosteninsel Schweiz. Auf Mittel, die Wirkung zeigen, darf angesichts der schwierigen Lage vieler Unternehmen nicht verzichtet werden.

"In der Schweiz produzierende Unternehmen werden durch günstige Re-Importe gefährdet."

Das Risiko von Re-Importen wird überschätzt. Was KMU exportieren, ist sehr oft besonders spezifiziert. Nur die Empfänger können die exportierten Produkte gebrauchen; Dritte können diese nicht ohne weiteres gebrauchen. Bei Produkten, die gestützt auf das "Schoggigesetz" beim Export subventioniert werden, müsste bei einem Reimport wohl die Subvention zurückbezahlt werden. Daher dürften sich diesbezüglich Re-Importe nicht lohnen.

Zur Erschliessung neuer Märkte im Ausland sind Re-Importverbote auf beschränkte Dauer kartellrechtlich zulässig. Dennoch sind die Ängste vor Re-Import ernst zu nehmen. Der Gesetzgeber könnte es für zulässig erklären, die Beschaffung von exportierten, in der Schweiz hergestellten Waren im Ausland einzuschränken, wenn sie zum Zweck des Weiterverkaufs in der Schweiz erfolgt.

"WTO-Verträge und Freihandelsverträge sorgen bereits dafür, dass Nachfrager aus der Schweiz sich problemlos im Ausland eindecken können."

Gerade diese Öffnung der Grenzen durch den Bund setzt die in der Schweiz produzierenden Unternehmen dem Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen aus. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn die in der Schweiz produzierenden Unternehmen gleich lange Spiesse hätten. Man verwehrt ihnen aber oft, Produktionsmittel dort einzukaufen, wo ihre Konkurrenten einkaufen.

Bei funktionierendem Wettbewerb kann kein Unternehmen auf Andere Zwang ausüben. Gibt es solchen Zwang, funktioniert der Wettbewerb nicht. Es ist die Aufgabe des Bundes, Wettbewerb zur Wirkung zu bringen und nicht Partikularinteressen gewisser Unternehmen, die Exporte zu Lasten der Nachfrager aus der Schweiz quersubventionieren, zu schützen.

"Eine Umsetzung wird zu einer Verfahrensflut führen."

Es braucht lediglich ein paar Leitentscheide der Weko. Die meisten Unternehmen werden ihr Verhalten von vornherein anpassen, wenn sie nicht mehr damit rechnen können, vom Kartellgesetz gar nicht erfasst zu werden.

"Die Weko kommt mit verhältnismässigem Aufwand gar nicht an Informationsgrundlagen heran, um solche Fälle zu beurteilen. Sie müsste ihre Ressourcen massiv aufstocken."

Um Informationen zu beschaffen, kann das Sekretariat der Weko gestützt auf Art. 40 KG (Auskunftspflicht) von den ausländischen Anbietern die Herausgabe von Kopien der Rechnungen für Lieferungen an Abnehmer in deren Ländern verlangen – auch im Ausland.

"Die Bestimmung kann im Ausland gar nicht durchgesetzt werden."

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes im aktuellen Fall Gaba/Elmex wie auch die Fälle BMW und Nikon zeigen, dass die Wettbewerbskommission gegen Unternehmen, die im Ausland den Wettbewerb zuungunsten der Schweiz behindern, vorgehen kann, wenn sie Parallelimporte – in diesem Fall durch eine Abrede – verhindern wollen.

In der Schweiz wie in der EU und vielen anderen Staaten gilt für das Kartellrecht das Auswirkungsprinzip. Im Art. 2 Abs. 2 KG ist dies ausdrücklich verankert: "Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden."

In Ländern, die das sogenannte Lugano-Übereinkommen unterzeichnet haben (in Europa fast alle ausser die Kanalinseln und Liechtenstein) sind Ansprüche von der Schweiz aus durchsetzbar. In allen anderen Fällen sind Schadenersatzansprüche über Arrestlegungen durchsetzbar, wenn das behindernde Unternehmen Vermögenswerte in der Schweiz hat.

"Fälle von Marktmacht-Missbrauch im Vertikalverhältnis sind bereits seit der Einführung des Klammertextes in Art. 4 Abs. 2 KG mit der Revision 2003 vom Gesetz erfasst und können entsprechend geahndet werden."

Die Praxis der Weko ist leider eine ganz andere. Die entsprechenden Bestimmungen werden nicht angewendet. Deshalb muss der Gesetzgeber nun dringend ein Signal setzen. Tut er dies nicht, wird die bisherige, sehr weiche Praxis der Weko zementiert.

Der Entscheid des Weko-Sekretariats, die Vorprüfung gegen Coca-Cola nach über drei Jahren (!) einzustellen, wird marktmächtige Anbieter weiter ermutigen, ungerechtfertigte Schweiz-Zuschläge durchzusetzen, denn die Firmen haben ja nichts zu befürchten. Obwohl der Fall Wirteverband/Coca-Cola Medien breit diskutiert worden ist, haben weder die Weko noch das Departement (von Bundesrat Schneider-Ammann) es für nötig erachtet, das Sekretariat der Weko gestützt auf Art. 27 Abs. 1 KG mit der Eröffnung einer Untersuchung zu beauftragen. Das heisst doch: Weder die Weko noch das Departement werden Art. 4 Abs. 2 KG in Zukunft breiter anwenden, wenn die Gesetzgebung das nicht ausdrücklich anordnet!

"Eine Bekanntmachung der Weko oder allenfalls eine Verordnung des Bundesrats wären angemessenere Instrumente, falls eine Präzisierung des geltenden Rechts als unabdingbar erscheint."

Der Bundesrat darf Art. 4 Abs. 2 nicht ausdehnen. Das kann einzig der Gesetzgeber tun. Bisher gab es erst drei Vertikal-Bekanntmachungen. Dieses Instrument taugt nicht, die bestehenden Probleme zu lösen. Bekanntmachungen können von der Weko zudem jederzeit wieder geändert oder aufgehoben werden.

"Andere Länder, auch solche mit einer ähnlichen kartellgesetzlichen Struktur wie die Schweiz (z.B. Belgien und die Niederlande), können auch ohne das Konzept der relativen Marktmacht gegen die Importpreisproblematik vorgehen."

Belgien und die Niederlande kennen die Importpreisproblematik bei weitem nicht in gleichem Ausmass wie die Schweiz, weil Art. 20 der Dienstleistungsrichtlinie der EU sie schützt. Nachfrager in der EU dürfen weder aufgrund ihres Wohnsitzes noch ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werden.

In Kanada hat die konservative Regierung Harper – nicht der linke Trudeau – ein Gesetz beantragt, dass "cross-border price discrimination" verbietet. Und in Deutschland, wo man das von uns geforderte Konzept der "relativen Marktmacht" kennt, wurde dieses bei allen Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) seit 1974 sowie auch bei Erlass der VO 1/2003 für die EU immer wieder bekräftigt, zuletzt in der GWB-Revision 2013 – federführend war FDP-Wirtschaftsminister Rösler.


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