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Wirteverband Basel-Stadt

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18.04.2016

"Ermöglichen statt verhindern"

Interview mit dem Basler Gewerbedirektor Gabriel Barell

Seit zweieinhalb Jahren leitet Gabriel Barell die Geschicke des Gewerbeverbands Basel-Stadt. Er hat der Versuchung widerstanden, seinen erfolgreichen Vorgänger Peter Malama zu kopieren. In ganz eigenem Stil bringt er Schwung in den traditionsreichen Verband und in die Basler Gewerbepolitik. Barell erklärt im folgenden Interview, wieso er die Erreichbarkeit der Stadt für besonders wichtig hält – und ob er eine politische Karriere anstrebt.

Herr Barell, weshalb braucht es eigentlich den Gewerbeverband?

Damit die Bedürfnisse der KMU in der Politik und in der Verwaltung gehört werden! Wir setzen uns vor und hinter den Kulissen für gewerbefreundliche Rahmenbedingungen ein. Dazu gehören eine Senkung der bürokratischen Belastung, tiefe Abgaben und Steuern sowie eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur.

Zudem sind wir ein Kompetenz- und Dienstleistungszentrum für regionale Unternehmen. Nicht zuletzt sind wir die erste Adresse für Fragen rund um die Berufs- und Weiterbildung. Deren Stärkung ist wichtig, denn für Unternehmen sind gut qualifizierte Nachwuchskräfte überlebenswichtig.

Für all das gibt es doch auch Branchenverbände!

Idealerweise kümmern sich Berufsverbände um branchenspezifische Probleme, die niemand besser kennt als sie. Bei Bedarf unterstützen wir sie dabei mit unserem Netzwerk und unserer Erfahrung. Wir konzentrieren uns auf branchenübergreifende Themen, die von einer Berufsorganisation allein zu wenig kraftvoll bearbeitet werden können. Erst das Zusammenspiel zwischen unserem Dachverband und den verschiedenen Branchenverbänden führt zu optimalen Ergebnissen.

In Ihren Ansprachen fällt die kreative Wortwahl auf. Da ist von Piranha-Zonen, einem Monsieur Le Bureau oder Entfesselungspaketen die Rede. Woher kommt das?

Ich drücke mich gerne in Bildern aus, weil diese besser haften bleiben. Politische Geschäfte sind oft in trockener Sprache abgefasst, vielleicht auch, weil sie juristischen Standards genügen müssen. Wenn wir fordern, Steine aus dem Weg zu räumen oder Fesseln durchzuschneiden, wird das vom Publikum einfach besser verstanden als irgendein Beamtendeutsch.

Ist die politische Interessensvertretung in Basel nicht oft sehr frustrierend? Denn permanent legt man hier den Gewerbetreibenden ja neue Fesseln an und neue Steine in den Weg.

Manchmal ist es in der Tat schon ein Erfolg, Schlimmeres zu verhindern. Nicht selten gelingt es uns aber, substanzielle Verbesserungen zu erreichen. So fielen kürzlich neun von zehn Entfesselungs-Vorstössen im Grossen Rat auf fruchtbaren Boden. Abstimmungskämpfe sind in städtischen Gegenden nicht einfach zu gewinnen – und dennoch schaffen wir es immer wieder, so letzthin bei der äusserst wichtigen Volksabstimmung über die VCS-Strasseninitiative.

Gewerbepräsident Marcel Schweizer forderte kürzlich, das Gegeneinander in der politischen Gestaltung unseres Kantons müsse vermehrt dem Miteinander Platz machen. Wie ist das wohl zu verstehen?

Die politischen Lager blockieren sich oft. Es wäre wünschenswert, dass konstruktive Kräfte sich vermehrt durchsetzen, nach dem Motto "ermöglichen statt verhindern". Was das Gewerbe angeht, arbeiten wir gerne mit allen Parteien zusammen. Allerdings können wir schlecht jemandem die Hände reichen, wenn diese in Handschellen gelegt sind. Bevor also das erwünschte "Zämme" Tatsache werden kann, müssen die Fesseln weiter gelockert werden, welche uns in den letzten Jahren und Jahrzehnten angelegt wurden. Zu viele unserer Forderungen sind noch offen, und zu gross ist die Zahl der berechtigten Wünsche, die unerfüllt geblieben sind.

Anfang Jahr haben Sie zwei Volksinitiativen lanciert, die eine Kurskorrektur in der Basler Verkehrspolitik anstreben. Was wollen Sie genau damit erreichen?

Die Verkehrspolitik muss sich wieder an den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen orientieren, die bekanntlich extrem vielfältig sind. Jeder Verkehrsträger hat seine Berechtigung und seinen optimalen Einsatzzweck. Diesem Umstand muss eine Stadt Rechnung tragen.

Die Initiative "Zämme fahre mir besser" will den vom Volk angenommen Gegenvorschlag zur Städteinitiative rückgängig machen. Ist das nicht Zwängerei?

Seit dem Volksentscheid sind sechs Jahre vergangen. Ein guter Teil der Bevölkerung hat in der Zwischenzeit eingesehen, dass man mit der Forderung nach einer zehnprozentigen Reduktion des Autoverkehrs den Bengel eindeutig zu hoch geworfen hat. Darauf deutet unter anderem das wuchtige Nein zur Strasseninitiative des VCS und zum Gegenvorschlag hin, die ja eigentliche Durchsetzungsvorlagen zur Städteinitiative waren.

Anders als vor sechs Jahren steigt die Bevölkerungszahl in unserer Stadt wieder – und zwar signifikant. Die Zulassungen von Elektromobilen nehmen rasant zu, während die Immissionen kontinuierlich zurückgehen. Die Industrie experimentiert mit dem selbstfahrenden Auto, das weniger Platz auf der Strasse in Anspruch nehmen wird. Der öV in der Agglomeration stösst an seine Grenzen. All diesen Entwicklungen zum Trotz wird bislang an der zehnprozentigen Reduktion des Autoverkehrs festgehalten. Das ist völlig unrealistisch. Und unrealistische Ziele führen zu überzogenen Massnahmen. Wir müssen deshalb das Miteinander der Verkehrsteilnehmer neu denken.

Um was geht es bei der zweiten Volksinitiative, die "Parkieren für alle Verkehrsteilnehmer" heisst?

Auch hier geht es um das Miteinander von allen Verkehrsteilnehmern. Mit Betonung auf "allen". Die Initiative verlangt ausreichend Parkplätze für Velos, Roller, Motorräder und Autos. Nicht nur in der Stadt für Läden und Gewerbetreibende, sondern auch und gerade in den Quartieren für die Anwohner. Wir fordern, dass bei der Aufhebung von Parkmöglichkeiten auf öffentlichem Grund innerhalb eines Radius von 200 Metern ein gleichwertiger Ersatz geschaffen wird.

Gehört der Gewerbeverband zur Autolobby?

Wer uns unterstellt, wir hätten immer nur die Autofahrer auf dem positiven Radar, befindet sich auf dem Holzweg. Alle Teilnehmer am Verkehr sollen ihre Rechte haben. Alle Verkehrsmittel haben ihre Funktion und ihren Platz auf der Strasse. Wir sind nicht einseitig autofreundlich, sondern ebenso fussgänger-, velo- und öV-freundlich. Uns geht es um die Erreichbarkeit der Stadt, denn diese ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Leider ist vielen zu wenig bewusst, dass Basel in direktem Wettbewerb mit anderen Zentren in- und ausserhalb der Agglomeration steht.

Ihre Vorgänger haben das Amt des Gewerbedirektors als Sprungbrett für politische Karrieren genutzt. Welche Ambitionen haben Sie in dieser Hinsicht?

Wir brauchen auch Vertreter in den eidgenössischen Räten. Mein Fokus liegt aber ganz klar auf Basel und der Region. Bei der politischen Arbeit mag es Vorteile haben, selbst im Parlament zu sein. Es kann aber auch Nachteile haben, wenn einem das Partei-Label anhaftet. So kann ich mich unabhängig von Parteibeschlüssen für die Interessen des Gewerbes einsetzen – ohne parteipolitische Kompromisse und wahltaktische Überlegungen.


Gabriel Barell zu Stichworten

Grossratswahlen
Die KMU-freundlichen Kräfte müssen gestärkt werden. Wir brauchen mehr Kandidatinnen und Kandidaten aus der Wirtschaft.

Regierungsratswahlen
Ein gutes Viererticket der Bürgerlichen ist wichtig. Nur mit einer besseren Zusammenarbeit von CVP, FDP, LDP und SVP haben die KMU-orientierten Kräfte signifikant bessere Chancen.

Rot-grün
Gleichheit um jeden Preis. Vielleicht gut gemeint, aber es werden falsche Rezepte propagiert, die auf Kosten unserer Freiheit und unseres allgemeinen Wohlstands gehen. Unternehmertum ist immer noch der beste Garant für eine prosperierende Region.

Starker Franken
Der überbewertete Franken führt zu Wettbewerbsnachteilen und macht gleich lange Spiesse für unsere KMU im Vergleich zur Konkurrenz umso notwendiger.

Einkaufstourismus
Wir müssen nicht den Einkaufstourismus beklagen, sondern dessen Ursachen. Die ungleichen Rahmenbedingungen sind oft von der Politik und der Verwaltung hausgemacht.

Ladenöffnungszeiten
Grundsätzlich sind wir klar für eine Liberalisierung der Öffnungszeiten. Dies bedeutet ja nicht, dass alle Läden plötzlich rund um die Uhr offen haben müssen. Aber einige könnten sich eine Nische am Abend schaffen und es wäre generell eine wichtige Massnahme gegen den Kaufkraftabfluss. Touristen und Stadtbummler aus der Region würden zudem endlich auch am Sonntag ein paar offene Läden antreffen.

Andere Wirtschaftsverbände
Wir pflegen mit der Handelskammer beider Basel, dem Arbeitgeberverband Basel und der Wirtschaftskammer Baselland eine gute Zusammenarbeit und haben bei Sachthemen die gleichen Interessen. Nicht immer, aber meistens.

Lieblingsgetränk
Bier! Sehr erfreulich ist, dass auch die regionale Biervielfalt laufend zunimmt. Das ist ein schönes Beispiel dafür, was in einem Wirtschaftszweig entstehen kann, wenn man ihn lässt.

Leibspeise
Sehr gern esse ich Fondue Chinoise, das schmeckt nicht nur gut, sondern ist auch gemütlich und gesellig. Im Winter gerne auch die traditionelle Schweizer Variante mit Käse – ebenso gesellig und ebenso fein.


Zur Person

Gabriel Barell ist vor 55 Jahren in Tansania geboren. Er hat einen Sankt-Galler Bürgerort und wohnt in Binningen. Seine Karriere führte den Doktor der Staatswissenschaften zweimal zur Credit Suisse und dazwischen für neun Jahre als Geschäftsführer zur Bäckerei Sutter AG – in dieser Zeit wurde Gabriel Barell auch in den Vorstand des Gewerbevebandes Basel-Stadt gewählt. Vor seinem Amtsantritt als Direktor beim Gewerbeverband Basel-Stadt im November 2013 war er vier Jahre lang Regionaldirektor der Valiant-Bank. Zu den Hobbies von Barell gehören das Segeln und Vinylplatten – manchmal legt er auch als DJ auf. Seine Lebenspartnerin und ihre Schwester betreiben die Café-Bars "Pane-con-Carne" in Liestal und Basel.


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