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20.10.2007

Gartenwirtschaft muss um 20 Uhr schliessen!

Urteil der Baurekurskommission

Ein Restaurant im Kleinbasel muss seine Wirtschaft im Hof um 20 Uhr schliessen. Das verlangt ein rechtskräftiger Entscheid vom April 2004. Die Probleme liegen weder beim Gastgewerbegesetz noch bei den Bewilligungsbehörden, sondern beim eidgenössischen Umweltschutzgesetz und der Rechtssprechung.

Astride und Helmut Zankl betreiben seit 24 Jahren das Restaurant zem Stänzler beim Erasmusplatz. Da ein Lokal ohne attraktive Aussenplätze sich kaum mehr wirtschaftlich führen lässt, wollten sie 2003 im Innenhof ein paar Tischchen aufstellen, um dort im Sommer während fünf Tagen pro Woche ihre Gäste zu empfangen. Doch die Wirte hatten die Rechnung ohne zwei Hausbesitzer gemacht, die sich gegen die idyllische Gartenbeiz wehrten. Ein rechtskräftiges Urteil verlangt, dass die Aussenplätze um spätestens 20 Uhr geschlossen sein müssen. Es nützte auch nichts, dass fast hundert Nachbarn mit ihrer Unterschrift das Projekt begrüssten.

Man ist geneigt, in solchen Fällen reflexartig der kantonalen Lärmschutzfachstelle die Schuld zu geben. Dort greift man gerne auf selbstgemachte Entscheidungshilfen zurück. Doch aufgepasst: Das Amt für Umwelt und Energie beantragte, dem Ehepaar Zankl die Bewilligung bis 22 Uhr zu erteilen. Das Bauinspektorat, in diesem Zusammenhang ebenfalls stets einer der "üblichen Verdächtigen", wies Einsprachen ab und erteilte die Bewilligung.

Zwei Hausbesitzer – der eine wohnt gar nicht dort, die Liegenschaft des anderen ist etwas entfernt – meldeten gegen den Einsprachentscheid Rekurs an. Nun war der Ball bei der Baurekurskommission. Diese trat auf die Rekurse ein und hiess sie teilweise gut: Der Betrieb der Gartenwirtschaft wurde zwar erlaubt, doch Service und Inkasso haben bis 20 Uhr abgeschlossen zu sein. Allfällige lärmige Aufräum- und Reinigungsarbeiten dürfen erst am Folgetag nach 9 Uhr vormittags ausgeführt werden. Begründet wurden die Auflagen damit, dass der Betrieb einer Gartenwirtschaft in einem Hinterhof zum mehr als geringfügigen Störungen führe und damit zu unzulässigen Lärmimmissionen im Sinne des Bundesgesetzes über den Umweltschutz.


Interview mit der Stänzler-Wirtin"

Das Restaurant zem Stänzler muss seine Gartenwirtschaft um 20 Uhr schliessen. Dieser Entscheid ist rechtskräftig. Wirtin Astride Zankl versteht die Welt nicht mehr.

Die Baurekurskommission hat entschieden, dass ihre Gartenwirtschaft im Innenhof nur bis 20 Uhr offen bleiben darf. Verstehen Sie diesen Entscheid?

Nein, überhaupt nicht. Im Hinterhof gibt es viele Balkone. Auf denen wird im Sommer gegrillt, Bier getrunken, geschwatzt und gelacht, manchmal auch bis in alle Nacht gefeiert. Das Leben in unserem Quartier ist so! Der Lärm, der von unserer Gartenwirtschaft ausgeht, fällt doch gar nicht ins Gewicht. Es waren übrigens Nachbarn, die anregten, den schattigen Innenhof zu nutzen. Die wenigen Tische, die wir dort überhaupt aufstellen können, als "Biergarten" zu bezeichnen, ist absurd. Ich würde ja verstehen, wenn man unsere Öffnungszeiten wegen Lärmklagen einschränken würde. Doch man lässt uns nicht einmal den Tatbeweis erbringen, dass ein Gartenbetrieb bis 22 Uhr problemlos ist.

Aber ein bisschen Verständnis für die Rekurrenten haben Sie schon, oder?

Nein, unter guter Nachbarschaft verstehen wir etwas anderes. Unsere Gartenwirtschaft führt doch nicht zu einer Wertverminderung der Liegenschaften. Der Hinterhof war noch nie richtig ruhig. Früher wurde er gewerblich genutzt, bis vor kurzem hatten wir an der Leuengasse sogar noch eine Schreinerei. Und die Balkone werden von den Bewohnern doch auch als "Gartenwirtschaft" genutzt. Auch wir selbst leben hier: Haben wir etwa reklamiert, als einer der Rekurrenten seine Liegenschaft während eines halben Jahres umgebaut hat?

Warum haben Sie die Sache nicht weiter gezogen?

Herr Mohler von der Lärmschutzfachstelle, Herr Breitenmoser vom Bauinspektorat und Frau Ackermann vom Bewilligungsbüro haben uns versprochen, dass wir es ein Jahr später nochmals probieren können. Genau das ist nun aber gar nicht möglich! Abschreckend wirkte überdies die Tatsache, dass auch höhere Instanzen schon verschiedentlich Urteile gefällt haben, die der Normalbürger nicht nachvollziehen kann. So schützte das Bundesgericht ein Urteil aus Zürich, wonach eine Traditionsbeiz ihren Garten um 20 Uhr schliessen muss – wegen der Abendruhe! Es wäre schon wichtig, solche Skandalurteile zu revidieren. Insofern bedauern wir, dass wir die Sache nicht weiter gezogen haben.

Wieso richten Sie Ihre Aussenplätze nicht einfach vor dem Lokal ein?

Das ist nicht wirklich eine Alternative, denn vorne dort führt die verkehrsreiche und laute Feldbergstrasse vorbei.

Bei der Beurteilung von Gastronomielärm wird auch der Mehrverkehr durch die Gäste berücksichtigt. Führt Ihre Gartenwirtschaft nicht auch zu mehr Sekundärlärm?

Unsere Gäste kommen fast ausschliesslich aus der Nachbarschaft, deshalb entsteht auch kein Mehrverkehr. Abgesehen davon: Wo soll man denn hier überhaupt parkieren? Wir möchten doch nur die Gelegenheit, dass unsere bestehenden Gäste im Sommer draussen essen können statt in der Gaststube. An heissen Tagen sind wir auf die Wirtschaft im Hof angewiesen, denn sonst wandern die Stammgäste ab. Wir wären zufrieden, wenn wir nur schon bis 22 Uhr offen halten könnten!


Viel Lärm um Lärm

Hören war für unsere Urahnen wichtig, um Gefahren frühzeitig zu erkennen. Ein lautes Geräusch versetzte in Fluchtbereitschaft und der Körper schüttete Stresshormone aus. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Lärm gesundheitsgefährdend sein kann. Schutzmassnahmen sind sinnvoll, doch sie dürfen normales Leben nicht verunmöglichen. Genau diese Gefahr besteht bei der Beurteilung von Gastronomielärm, welcher eben nicht mit Immissionen von Strassen, Eisenbahnen und Flugverkehr zu vergleichen ist.

Die heute geltenden Lärmgrenzwerte beruhen auf 25 Jahre alten Grundlagen. Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob die Nachtruhe ab 22 Uhr noch den heutigen Lebensgewohnheiten entspricht. In der Schweiz haben nämlich rund 30% der Erwerbstätigen gar nicht die Möglichkeit, zwischen 22 und 6 Uhr zu schlafen. Und die übrigen wollen nicht um 22 Uhr ins Bett, schon gar nicht an einem schönen Sommerabend!

Gastronomielärm ist auch anders zu beurteilen als der Lärm von anderen Gewerbebetrieben. Wir verstehen, wenn ein Handwerker seine lauten Maschinen in einer Wohn- oder Mischzone ab 19 Uhr nicht mehr laufen lassen darf. Bei einer Gartenwirtschaft muss aber berücksichtigt werden, dass sich dort das Leben naturgemäss auch am Abend abspielt. Pro Jahr ist in einer Gartenwirtschaft mit höchstens 60 Abenden mit Hochbetrieb zu rechnen. Genau dann ist das Leben im Quartier sowieso lauter, weil die Kinder draussen spielen, die Leute bei offenem Fenster fernsehen oder auf ihren Balkonen feiern.

Eine Gartenwirtschaft, die um 20 Uhr schliessen muss, ist nicht konkurrenzfähig. Wer möchte dort schon zu Abend essen? Es ist lebensfeindlich und menschenverachtend, das soziale Leben in Restaurants als Lärm zu bezeichnen. Natürlich muss bei berechtigten Klagen eingeschritten werden. Lärm hat eine stark psychologische Komponente: Die Einstellung zu den unterschiedlichen Quellen spielt eine grosse Rolle. Die Öffnungszeiten grundsätzlich einzuschränken, weil einzelne nicht vertragen, dass andere fröhlich sind, ist falsch. Wir müssen wieder lernen, miteinander zu leben. Das braucht gegenseitiges Verständnis, aber auch gesundem Menschenverstand!


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