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09.06.2011

Gastronomie hat Bedeutung über den Tellerrand hinaus

Bundesrat Ueli Maurer an der DV von GastroSuisse in Gstaad

Bundesrat Ueli Maurer, Chef des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, hielt am 24. Mai 2011 an der Delegiertenversammlung von Gastrosuisse das untenstehende Referat.

Experten für das Wohlbefinden

Sie sind ja die Branche, die sich mit dem Allerwichtigsten befasst: Mit dem Essen, Trinken und Schlafen. Sie stellen unsere Grundbedürfnisse sicher. Und damit halten Sie als Betreiber von Hotels und Gastronomiebetrieben eine ganz wichtige Infrastruktur für unsere Gesellschaft aufrecht.

Dass ohne Strassen und Eisenbahnen, Strom- und Wasserversorgung nichts mehr läuft, ist allen sofort klar. Aber das allein genügt nicht: Wenn wir irgendwo hingehen, brauchen wir dort auch eine Verpflegung. Und wenn wir etwas länger bleiben, brauchen wir ein Dach über dem Kopf. Ohne Gastronomie sind weder Fremdenverkehr noch Geschäftsreisen denkbar. Die Gastronomie ist also auch eine Komponente der modernen Mobilität.

Sie tragen viel zum guten Funktionieren und zum Austausch in unserer Gesellschaft und Wirtschaft bei. Sie bieten eine ganz wichtige Infrastruktur. Und Sie tun das als private Unternehmer; Sie unterhalten diese wichtige Infrastruktur auf rentable Art. Sie kosten uns kein Steuergeld, sie zahlen Steuern - das wäre eigentlich ein Ansatz, den man vermehrt auch für andere Bereiche prüfen müsste! Natürlich haben Sie im Gegenzug Anspruch darauf, dass Sie vom Staat als Unternehmer respektiert werden und den nötigen Handlungsspielraum zugestanden erhalten.

Denn Sie sind Unternehmer, die sich in einem Wettbewerb behaupten müssen. Sie brauchen den gesetzlichen Handlungsspielraum für Innovation. Mittlerweile gehört die Gastronomie wohl zu den Branchen, die am schnellsten auf Trends, Modeströmungen, neue Ernährungswünsche oder Veränderungen im Freizeitverhalten reagieren müssen.

Das unterscheidet Sie auch von Glücksrittern und von Um- oder Aussteigern, die meinen, jeder Gastronomiebetrieb werde von selbst zur Goldgrube; es genüge, wenn man sich zu den Gästen setze, mit diesen plaudere und "eins trinke". Als Unternehmer wissen Sie, dass es harte Arbeit, genaue Kalkulation und immer wieder neue, gute Ideen braucht.

Die gastronomische Infrastruktur ist das eine, das andere ist das Wohlbefinden, für das Sie sorgen. Sie kümmern sich zwar um unsere Grundbedürfnisse, aber die Schweizer Gastronomie tut das auf eine sehr qualitätsbewusste Weise. Sie sind ja nicht nur einfach eine Tankstation. Sie bieten mehr; Sie ermöglichen Gemütlichkeit und Geselligkeit. Man kann sagen: Sie sind die Experten für Gemütlichkeit und Geselligkeit, Sie sind Experten für das Wohlbefinden.

Darum bin ich überzeugt, dass die Bedeutung der Gastronomie in Zukunft noch zunehmen wird: Die Welt wird immer virtueller und schnelllebiger. Mail und SMS ersetzen den direkten Kontakt. Um so wichtiger ist es, bewusst den persönlichen Austausch, die Geselligkeit und Gemütlichkeit zu pflegen. Gastronomiebetriebe erhalten dadurch einen noch grösseren gesellschaftlichen Wert. Denn Facebook kann das Feierabendbier oder das entspannende Wochenende weg von zu Hause nicht ersetzen.

Die Geselligkeit ist der Kitt einer Gesellschaft. Ob es ein Familienanlass, ein Geschäftsessen oder der Stammtisch ist, Sie geben uns die Möglichkeit, die eigenen vier Wände zu verlassen und andere Leute zu treffen. Davon profitieren wir letztlich alle - nicht zuletzt profitiert davon auch unsere Demokratie.

Denn der vielgescholtene Stammtisch ist nichts anderes als die urdemokratische Diskussion unter gleichberechtigten Bürgern. Ohne dass sich die Medien als Filter dazwischenschalten. Gerade darum ist der Stammtisch so wichtig.

Gastronomie als Visitenkarte

Wir sehen, die Gastronomie wirkt weit über den Tellerrand hinaus. Ja, sie wirkt sogar über die Landesgrenzen hinaus: Sie ist eine Visitenkarte unserer Schweiz. Ihre Tradition als typisch schweizerische Qualitätsbranche mit internationaler Ausstrahlung geht ins vorletzte Jahrhundert zurück. Das Gastgewerbe hat damit ganz wesentlich zum Ruf unseres Landes als einer gastfreundlichen Tourismusdestination beigetragen. Und damit zu einer starken, sympathischen Marke Schweiz, die für Zuverlässigkeit und Spitzenleistungen steht.

Gstaad ist dafür ein illustrierendes Beispiel. Das Saanenland war bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine arme Bergregion. Dann brachte der Fremdenverkehr neue Möglichkeiten. Und aus Gstaad wurde eine der exklusivsten und berühmtesten Feriendestinationen der Welt.

Als Wirte und Hoteliers sind Sie unsere Botschafter. Sie vertreten unser Land gegenüber dem Ausland. Einfach mit dem Unterschied, dass Sie nicht in fremden Hauptstädten akkreditiert sind, sondern dass die Gäste von überall her zu Ihnen kommen.

Diesen Gästen vermitteln Sie ein Bild der Schweiz. Bringen ihnen unsere Eigenheiten näher. Durch Sie lernen unsere Besucher das Land kennen. Sie prägen die Begegnung mit der Schweiz, sie prägen die Erinnerungen, die man an uns hat. Und begründen dadurch oft auch Freundschafen zu unserem Land.

Wem es wohl ist hier, der wird sich gerne an die Schweiz erinnern. Gute Erlebnisse, schöne Eindrücke; gelungene Ferien oder eine komfortable Geschäftsreise wirken mehr, als teure PR-Kampagnen im Ausland.

Für ein kleines Land wie die Schweiz ist das wichtig; ein kleines Land braucht diese Art von sympathischer Werbung. Dass man die Schweiz mit ihren vielen schönen Eigenheiten und Besonderheiten kennt, versteht und schätzt, hat uns gewiss auch in aussenpolitisch schwierigen Situationen schon geholfen.

Im Jahr 1908 zum Beispiel hielt ein junger Engländer namens Winston Churchill in Brunnen Rast auf seiner Hochzeitsreise. Und 1944 verteidigte dieser Winston Churchill dann als Premierminister die Politik der Schweiz im Zweiten Weltkrieg und unsere Neutralität.

Vorwürfen, unser Land sei zu anpasserisch gewesen, hielt er klar entgegen: "Von allen Neutralen hat die Schweiz das grösste Anrecht auf Auszeichnung... Was bedeutet es schon, ob sie in der Lage war, uns die gewünschten Handelsvorteile zu gewähren, oder dass sie, um sich am Leben zu erhalten, den Deutschen zu viel gewährt hat? Sie war ein demokratischer Staat, der von seinen Bergen aus seine Freiheit verteidigt hat, und trotz ihrer ethnischen Zugehörigkeit hat die Schweiz gesinnungsmässig grösstenteils unsere Partei ergriffen."

Den langjährigen guten internationalen Ruf des Tourismuslandes Schweiz pflegen Sie weiterhin. Ich bin mir sicher, dass viele unserer Gäste vor allem wegen Ihnen zu uns kommen. Und die Schweiz wegen Ihrem Qualitätsservice so hoch schätzen. Damit sind Sie wahrscheinlich die besten Botschafter, die unser Land hat... Sie vermarkten die Schweizer Qualität weltweit!

Die "Wirtschaften" und die Wirtschaft

Die Gastronomie spielt eine wichtige Rolle: Sie bietet eine Infrastruktur auf höchstem Niveau, fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die demokratische Diskussion, bietet Oasen der Gemütlichkeit in einer immer schnelleren Welt. Sie vertritt unser Land vor einem internationalen Publikum. Und Sie ist ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber.

Ich habe mir auf Ihrer Homepage das Berufs- und Ausbildungsangebot angeschaut: Es ist beeindruckend vielseitig und vielstufig. Sie bieten tatsächlich an, wovon man überall spricht: Die Möglichkeit zum lebenslangen Lernen. Auch das ist ein wertvoller Beitrag an unsere Gesellschaft. Sie ermöglichen jungen Leuten einen Berufseinstieg mit vielen praktischen Erfahrungen. So bieten Sie die Möglichkeit zum ersten wichtigen Schritt in den Arbeitsmarkt.

Sie verlangen viel, aber Sie geben auch viel. Gerade für die Jüngsten, die Lehrlinge, wird der Betrieb durch die langen, unregelmässigen Arbeitszeiten zur Familie. Man gehört zusammen, arbeitet zusammen und möchte zusammen ein Ziel erreichen. Das ist eine tolle Erfahrung und ein motivierendes Arbeitsklima.

Die Lehre in einem Gastronomiebetrieb vermittelt darum nicht nur berufliche Fähigkeiten, sondern auch einen Sinn für das Familiäre, für Teamgeist. Heute spricht man von Sozialkompetenz. Besonders auch jungen Leuten, die in einer schwierigen Lebensphase sind oder aus einem schwierigen Umfeld kommen, kann das helfen, wieder Tritt zu fassen.

Und je nach Neigungen und Fähigkeiten öffnen sich danach dank Ihnen Türen in alle möglichen Richtungen; bei der einen vielleicht zur Gastrounternehmerin, beim andern vielleicht zum Chefkoch oder zum Führungsfachmann – und wer will, kann mit der nötigen Ausdauer seine Weiterbildung über alle Stufen bis zur Hochschule fortsetzen.

Was so bedeutend ist wie die Gastronomie, zieht natürlich das Interesse von Regulierern auf sich. Denn was bedeutsam ist, will die Verwaltung normieren und kontrollieren. Sie sind ja nur allzu oft betroffen, direkt oder indirekt: Promillegrenze für Autofahrer, die strengere Gesetzgebung rund ums Rauchen, Alkoholausschank an Jugendliche, Mehrwertsteuer, die kommunalen Auflagen für Gartenwirtschaften oder Strassencafés usw...

Aus meiner Erfahrung in der Politik und jetzt auch in der Verwaltung kann ich Ihnen sagen: Dahinter stehen selten böse Absichten, gerade Ihnen will kaum jemand an den Kragen; auch die Politiker und Verwaltungsjuristen, die die Gesetzesmaschinerie hochtourig laufen lassen, gehen am Abend nach getaner Arbeit gerne mal in ein Restaurant richtig gut essen...

Aber gut gemeint ist halt oft das Gegenteil von gut gemacht: Sie brauchen weniger, nicht mehr Gesetze. Sie brauchen Raum für gute Ideen. Gerade die Erfolgsgeschichte der Schweizer Gastronomie spricht doch für sich. Hinter dieser Erfolgsgeschichte stehen innovative, selbstverantwortliche Unternehmer, nicht staatliche Überwacher und Kontrolleure. Der Erfolg der letzten 200 Jahre geht auf ein freies und fleissiges Gastgewerbe zurück, nicht auf pingelige Vorschriften.

Als Bürger und Politiker ist es mir darum wichtig, dass wir hinter den "Wirtschaften" auch das Wirtschaftliche sehen: Es geht hier um ein Gewerbe, das gute Rahmenbedingungen braucht. Wie andere Branchen brauchen auch Sie gute Voraussetzungen, um prosperieren zu können. Darum warne ich vor einem engmaschigen Verbotsnetz, das den Unternehmer hemmt und dem Gast das Wohlbefinden nimmt.

Und noch eine ganz persönliche Anmerkung zum Schluss: Als Gast will ich in einem Restaurant einkehren und in einem Hotel übernachten können, ohne dass mir der Staat über die Schulter schaut und vorschreibt, was gut und gesund ist. Was gut und gesund ist, da vertraue ich lieber ganz auf Sie – Sie sind die Experten des Wohlbefindens!


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