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27.04.2014
Schifffahrt: Im Saisongeschäft gefangen
Im Sandwich zwischen Service Public und Tourismus
Die Schweizer Schifffahrt dümpelt seit Jahren vor sich hin. Stehen Investitionen an, muss meist die öffentliche Hand einspringen. Jüngstes Beispiel ist die BLS. Deren Spitze drohte unverhohlen, die Schifffahrt auf dem Thuner- und Brienzersee einzustellen, sollte vom Kanton kein Geld fliessen.
sda. "Die Schifffahrt auf dem Brienzer- und Thunersee ist ein typischer Fall von 'too important to fail' für das Berner Oberland", sagt Stefan Schulthess. Er ist Präsident des Verbandes Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen und Direktor der SGV, der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees.
Er könne sich kaum vorstellen, dass auf dem Thuner- und Brienzersee keine Schiffe mehr fahren würden. Die Tourismusregion Berner Oberland werde "sich zusammenraufen und eine Lösung finden".
Dazu sei die Schifffahrt zu wichtig für Bevölkerung und Tourismusbranche. "Es gibt Seen, da müsste die Schifffahrt einfach als Service Public angesehen werden".
Im Falle des Genfersees kam man offenbar zu diesem Schluss. Vor zwei Jahren übernahmen die drei Anrainer-Kantone Genf, Waadt und Wallis die Aktienmehrheit der sanierungsbedürftigen Schifffahrtsgesellschaft CGN und schossen über 40 Millionen Franken ein. Zuvor waren sie nur mit 5 Prozent an der CGN beteiligt.
Attraktive Tourismusregion ein Muss
Ob eine Schifffahrtsgesellschaft schwarze Zahlen schreibt, hängt gemäss Schulthess in hohem Grad von der Umgebung des Sees ab. Ist diese touristisch attraktiv, profitiert auch die Schifffahrt.
"Zum Beispiel beim Bielersee hängt der Erfolg der Schifffahrtsgesellschaft auch davon ab, ob Klosterhotel und Restaurant auf der Petersinsel genügend Gäste anlocken." In Luzern habe man Glück: "Wenn die Besucher den Bahnhof verlassen, sehen sie gleich unsere Schiffe und dies vor der Kulisse der Stadt und der Berge."
In einer Tourismusregion hingen die einzelnen Leistungsträger voneinander ab. "Wenn bei uns die Rigi- oder die Pilatusbahn schlecht arbeiten würden, hätten wir ein Problem."
So dürfte nach Schulthess' Einschätzung die geplante Schliessung von Hotel und Restaurant auf den Brissago-Inseln im Lago Maggiore im Tessin die Probleme der dortigen Gesellschaft verschärfen.
Diversifikation als Schlüssel
Bereits heute sind die meisten Gesellschaften nicht selbsttragend. Denn die Kosten sind hoch und Erträge können nur während der Sommermonate erwirtschaftet werden.
"Es ist eine schwieriges Geschäft wie die gesamte Tourismusbranche", sagt Schulthess. "Die Schifffahrtsgesellschaften sind gefangen in der Saisonalität, und ihr Erfolg hängt stark vom Wetter ab." Um schwarze Zahlen zu erreichen, bleibe fast nur, die Geschäfte in verwandte Gebiete auszudehnen und sich vom "Ein-Saison-Geschäft" zu lösen.
Die Vierwaldstätter Schifffahrtsgesellschaft habe drei Geschäftsfelder: "Neben der Schifffahrt betreiben wir das grösste Gastronomieunternehmen der Region und die grösste Werft der Schweiz." Alleine mit den Einnahmen aus den Billettpreisen sei eine Schifffahrtsgesellschaft kaum über Wasser zu halten.
Aber nicht in jeder Region hätten die Gesellschaften die Möglichkeit zu diversifizieren. Auch weil eine Diversifikation kostet. "Dazu fehlt ihnen inzwischen auch einfach die unternehmerische Kraft."
Keine neuen Kunden
Es sei der Branche nicht gelungen, neue Kunden anzulocken, etwa die wachsende Zahl der asiatischen Touristen. "Wir haben es, anders als das Jungfraujoch oder die Titlisbahn, versäumt, uns in Asien gezielt zu vermarkten."
Anderseits sei dies für die Schifffahrtsunternehmen auch schwieriger. Die Asiaten suchten vor allem "Schnee und Shopping". Auf einem Schiff zu fahren sei ihnen zu langweilig.
Doch selbst mehr Werbung oder eine Diversifikation bringe bei einigen Gesellschaften nichts. "Sie haben ganz einfach Schiffe auf den falschen Seen."
Swinger-Charter und Fondue
Inzwischen versuchen alle ihre Einnahmen mit Chartern oder Themenfahrten wie Fonduefahrten aufzubessern. "Doch damit erzielt man nur 10 bis 20 Prozent des Umsatzes". Hauptgeschäft bleibe der fahrplanmässige Verkehr, die Rund- und Verbindungsfahrten.
Und dies sei kein Wachstumsmarkt. Auch schlagzeilenträchtige Events wie das Swinger-Schiff auf dem Bodensee bringen den altehrwürdigen Schifffahrtsgesellschaften auf längere Sicht kaum etwas. "Das taugt höchstens als Marketing-Gag und ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein."
Damit bleibt den Gesellschaften nur noch der Griff in öffentliche Kassen. Inzwischen halten bei über der Hälfte Kantone und Gemeinden direkt oder indirekt die Mehrheit der Aktien.
Schulthess zeigte sich überzeugt, dass die Gesellschaften sich nicht einfach auf die öffentliche Hand verlassen sollten. Denn damit die öffentliche Hand defizitäre Gesellschaften auf lange Sicht trägt, müssten Bevölkerung und Politik die Schifffahrt wie den öffentlichen Verkehr als Service Public wahrnehmen.
Daniela Karst / sda
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Dossiers: Schifffahrt | Tourismus
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