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21.09.2015

In der Einheit Vielfalt zulassen

Frank Bumann über gute Voraussetzungen und grosse Pläne

Frank Bumann hat in der Ostschweiz viel vor. Das gibt zu reden.

Frank Bumann ist Spross einer Hoteliersfamilie in Saas-Fee, in St. Gallen hat er Ökonomie studiert, und als Tourismusdirektor machte er sich sowohl in Saas-Fee wie auch in Zürich einen Namen. Nun bringt der verheiratete Vater, der in einem Teilpensum arbeitet, die touristische Nordostschweiz auf Vordermann.

GastroJournal: Herr Bumann, Sie waren Tourismusmanager in Saas-Fee, in Zürich und jetzt in St. Gallen. Sind das nicht drei völlig verschiedene Berufe?

Frank Bumann: Tourismusmanager trifft es an allen Orten nicht ganz, denn das Management ist nur eine Teilfunktion, etwa die Betriebsführung. Es gibt aber in einer Tourismusdirektion auch weitere Funktionen wie politisches Lobbying, Öffentlichkeitsarbeit oder Beziehungspflege.

Der Job ist grundsätzlich überall gleich?

Die Unterschiede liegen eher im Handlungsspielraum und in der Destinationsstruktur: Saas-Fee ist eine alpine Destination, eingebettet in ­einer touristischen Dachorganisation des Kantons. Zürich ist die grösste urbane Destination ohne Tourismusgesetz und entsprechend sehr selbständig, und St. Gallen Bodensee schliesslich eine attraktive Grenzregion, in der Tourismus eine eher ­untergeordnete wirtschaftliche Rolle spielt.

Was sind hier die besonderen Herausforderungen?

Besonders ist die Vielfalt der dezentralen Einheiten. Wir haben es nicht nur mit fünf Kantonen zu tun, sondern auch mit vier verschiedenen Ländern rund um den Bodensee mit einem heterogenen Tourismus von über 11 Millionen Hotellogiernächten. Also eigentlich eine touristische Hochburg, die jedoch durch Länder- und Kantonsgrenzen in eine Unscheinbarkeit und komplexe Identitäten abfällt. Eine Folge davon ist ein grosser Koordinationsaufwand.

Es gab mal eine gemeinsame Organisation Ostschweiz?

Ja, Ostschweiz Tourismus gibt es heute nur noch als Rumpforganisation mit einer Tochtergesellschaft für touristische Dienstleistungen – nicht mehr jedoch als regionale DMO. Es fehlt also heute in der Ostschweiz eine effiziente kantonsübergreifende Dachstruktur. Es gibt seit einigen Jahren rund um den Bodensee die IBT GmbH (Intern. Bodensee Tourismus); diese ist jedoch mit einer halben Million Euro mit viel zu wenig Ressourcen ausgestattet.

Woran ist Ostschweiz Tourismus gescheitert?

Soweit ich das beurteilen kann, lag es vor allem an den unterschiedlichen Positionierungen, Identitäten und letztlich kantonalen Leistungsaufträgen. Das wurde schliesslich so zermürbend, dass jeder wieder seine eigenen Wege gegangen ist.

Es braucht eine kritische Grösse, um überhaupt effizient arbeiten zu können!

Ja. In einer globalen Wettbewerbs-­situation wie heute kleinste Destinationen zu führen, ist ineffizient, und man operiert unter der Wirkungsschwelle. Eine Einheit mit einer Handvoll Allroundern kann nicht die gleiche Professionalität entwickeln wie eine DMO mit 60 Spezialisten. Eine Destination ist dann eine effiziente DMO, wenn sie auch in den Märkten wahrgenommen wird und die Entwicklung massgeblich beeinflussen kann.

Wie ist das zu schaffen?

Zuerst muss die Frage beantwortet werden, ob man einen internationalen Tourismus überhaupt will. Wenn ja, braucht es ein starkes politisches Bekenntnis dazu mit der notwendigen Ressourcenausstattung. Hohe Ziele kann man selten mit tiefen Budgets erreichen.

Gibt es Organisationen, die vorbildlich unterwegs sind?

Zukunftsweisend scheint mir das Wallis, das mit einer integrierten Standortpromotion seine Vielfalt starker und unterschiedlicher Akteure nutzt. Ein solcher Ansatz scheint mir auch in der Ostschweiz sinnvoll, wo der Tourismus nicht dominant ist. Denn bei integrierter Standortförderung geht es um ­Investitionen, um Ansiedlung und um Gäste. Und der Tourismus bildet in einem solchen Auftritt den emotionalen Kern der Wahrnehmung und der Markenführung.

Sie träumen?

Die aktuelle Vision ist eine DMO diesseits des Alpsteins bis an den Bodensee. Hier ist eine übergeordnete Wahrnehmung möglich, und es gibt herausragende Angebote und Produkte. Und strategisch haben wir mit dem Expo27-Projekt die einmalige Chance, diese Region auch touristisch zeitgemäss aufzustellen und zu positionieren.

Wie kann es gelingen, die sinnvollen Wege zu gehen?

Ein Schlüssel ist, dass wir in der Einheit die Vielfalt zulassen, ja sogar schätzen, denn sie ist eine grosse Stärke. Die Schweiz mit ihrer unglaublichen Vielfalt auf kleinem Raum ist dafür das beste Beispiel.

Die Ostschweiz als Schweiz im Kleinen?

Vom Rheinfall über den Bodensee bis zum Unesco-Welterbe St. Gallen und dem Säntis haben wir ein authentisches Angebot – und mit Blick auf die Vierländerregion ein hohes Entwicklungspotenzial.

Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube...

Wir haben die Chance, 2027 eine Expo zu organisieren, und der Bund will sich das rund eine Milliarde Franken kosten lassen. Wir können uns nun in kleinlichen Streitereien verlieren und die Offerte des Bundes ausschlagen. Oder wir packen die Gelegenheit und organisieren die Expo so, dass die ganze Region nachhaltig davon profitiert. Eine DMO, die auf integrierte Standortförderung zielt, wäre für die Organisation der Expo eine gute, wenn nicht unverzichtbare Voraussetzung.

Sie verlieren sich ja bereits jetzt in Streitereien!

Nein, nicht hinsichtlich der Vision Expo27. Im Projekt Zukunftsmärkte gibt es einzelne Exponenten, die lieber die Vergangenheit zurückrufen. Die Plattform Zukunftsmärkte organisiert sich als erfolgreiches Projekt nach dem Modell des Destinationsmanagements 3. Generation – und ist ausschliesslich privatwirtschaftlich finanziert. Rund 30 Partner von Schaffhausen bis zum Säntis sind an einem internationalen Marketing interessiert.

Haben Sie Verständnis für die Kritik?

Ich habe Verständnis für die Nöte kleiner Hotels, denn die Lage ist vielerorts wirklich zum Verzweifeln. Wir erleben einen fundamentalen Strukturwandel, in dem die tragenden Märkte wie Deutschland zusammenbrechen, aber gleichzeitig interessante Fernmärkte entstehen. Dieser Wandel kommt vom Markt her, die Deutschen bleiben also nicht nur wegen dem teuren Franken weg, sondern weil sie andere Neigungen haben als die Elterngeneration, die immer wieder in die Schweiz kam.

Der harte Franken ist kein Problem?

Doch, aber wir haben gar keine Wahl, hier in der Grenzregion schon gar nicht. Wir müssen uns anpassen und die Produkte auf den Wandel ausrichten. Durchschnitt geht nicht, entweder sind wir preislich wettbewerbsfähig oder bieten exzellente Leistungen. Das sind gerade in unserer Gegend enorme Herausforderungen. Aber wir haben das Glück, dass sich einerseits neue Märkte auftun und andererseits der Individualtourismus Fahrt aufnimmt. Wobei die Herausforderung gross bleibt und wir auf vielen Ebenen gleichzeitig handeln müssen. So brauchen wir nicht nur authentische Produkte und Qualität auf der ganzen Linie, sondern müssen uns etwa auch für die Bedürfnisse von Gästen fremder Kulturen öffnen.

Sie wollen auf die Chinesen los, was nicht nur in Ihrer Gegend für Unmut sorgt, sondern auch bei etablierten Konkurrenten.

Wenn man unsere Bemühungen bei den Mitbewerbern wahrnimmt, ist das eher ein gutes Zeichen. Und wir zielen nicht nur auf China sowie ­andere Zukunftsmärkte, sondern bleiben in den Stammmärkten hauptsächlich engagiert. Letztlich sind die Zukunftsmärkte nur eine ­Nischenstrategie.

Wie muss zusammengearbeitet werden?

Dass überbetriebliche Zusammenarbeit etwas bringt, ist eigentlich allen klar. Aber es kann nicht unsere Aufgabe sein, Individualmarketing für Einzelbetriebe anzubieten. Der Impuls muss von den Leistungsträgern kommen – und wenn er kommt, sind wir bereit und in der Lage, professionelle Unterstützung zu leisten.

Sind Sie zuversichtlich?

Grundsätzlich bin ich für die Ostschweiz zuversichtlich, denn die Gegend hat viele Trümpfe. Überdies haben wir mit dem Expo-Projekt nun ein konkretes Ziel. Dabei bin ich mir bewusst, dass es viel Geduld brauchen wird.

Peter Grunder / GastroJournal


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