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29.07.2019

Bleibt die Identität des Betriebs gewahrt?

Im Zweifel von einem Betriebsübergang gemäss Art. 333 OR ausgehen

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt bei einem Inhaberwechsel eines Betriebs (bspw. das Restaurant Lago wird von einem neuen Wirt übernommen) ein sogenannter Betriebsübergang gemäss Art. 333 OR dann vor, wenn die Identität des Betriebs bezüglich der Organisation und des Zwecks gewahrt bleibt.

Entscheidend ist zudem, dass der Erwerber tatsächlich eine wirtschaftlich identische oder ähnliche Tätigkeit weiterführt oder übernimmt. Folglich gehen alle zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über, auch gegen dessen Willen.

Eine abweichende Vereinbarung zwischen Erwerber und Veräusserer kann (vorbehältlich dem Willen des Arbeitnehmers), wie im nachfolgenden Urteil des Bundesgerichts vom 25. Oktober 2018 erneut bestätigt wurde, nicht rechtsgültig getroffen werden.

Zum Sachverhalt: Die Arbeitnehmerin M. arbeitete seit 2014 im Betrieb A. (brasilianische Cocktailbar) als Servicefachkraft. Im März 2015 schloss der Betrieb A. einen Kaufvertrag über den Betrieb mit dem Unternehmer Y. ab. Im Kaufvertrag wurde, grundsätzlich entgegen Art. 333 OR, festgehalten, dass zum Zeitpunkt der Übergabe keine Mitarbeiter mehr im Betrieb arbeiten würden oder in irgendeiner Form an den Betrieb gebunden seien.

In der Folge informierte die Geschäftsführerin die Arbeitnehmerin M. über den Verkauf des Betriebs und teilte ihr mit, sie könne bis Ende Juli bei ihr arbeiten, müsse sich dann aber eine neue Arbeitsstelle suchen. Daraufhin antwortete M., dass sie schwanger sei und keine neue Arbeit finden würde, weshalb sie das Arbeitsverhältnis beim Erwerber Y. fortsetzen wolle.

Der Erwerber Y. wusste zwar von der Übernahmepflicht von Mitarbeitenden, ging allerdings davon aus, M. würde weiterhin für die Geschäftsführerin arbeiten, weil gemäss Kaufvertag keine Arbeitnehmer zu übernehmen seien. M. und der Erwerber Y. hatten bezüglich Übernahme des Arbeitsvertrags nicht zusammen gesprochen.

Während der Fêtes de Genève führte Betrieb A. einen Stand, wo M. bis zum 10. August 2015 arbeitete, während Erwerber Y. die übernommenen Lokalitäten bis Ende August renovierte und daraus eine Weinbar mit Tapas-Sortiment entstand.

Ende August kontaktierte M. den Erwerber Y., um ihre Arbeit anzubieten und um die Formalitäten zu besprechen. Dieser antwortet ihr, dass er keine Verpflichtung zur Übernahme ihres Arbeitsvertrags habe. Sie hätte sich bereits 6 Monate vor der Übernahme bei ihm melden müssen. Des Weiteren bestünden gemäss Kaufvertrag zum Zeitpunkt der Übernahme des Betriebs keine Arbeitsverträge mehr.

Aufgrund dessen, dass sie bis zum 10. August 2015, sprich nach Übergabe des Betriebs noch für den Betrieb A. gearbeitet hat, sei er davon ausgegangen, dass sie nicht für ihn arbeiten wolle.

Gemäss Bundesgericht konnte aufgrund des Verhaltens von M. nicht davon ausgegangen werden, dass sie den Übergang gemäss Art. 333 OR abgelehnt hat. Die Mitarbeiterin habe nach Kenntnisnahme des Verkaufs mitgeteilt, dass sie aufgrund der Schwangerschaft keine neue Arbeitsstelle finden würde und daher beim Erwerber Y. weiterarbeiten wolle. Daran ändert auch nichts, dass sie nach Übergabe des Betriebs noch für den alten Arbeitgeber gearbeitet hat, während der Erwerber Renovationen durchführte.

Weiter sagte das Bundesgericht, dass in casu trotz des veränderten Konzepts der beiden Betriebe die Identität des Betriebs gewahrt wurde und deshalb ein Betriebsübergang im Sinne von Art. 333 OR vorlag. Somit ging das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über.

Wie vorstehend erwähnt, ist bei der Beurteilung massgebend, ob die Identität des Betriebs bezüglich der Organisation und des Zwecks gewahrt bleibt. Sprich, es ist festzustellen, ob der Käufer dieselbe oder eine gleichartige Geschäftstätigkeit weiterführt. Wann allerdings genau die Identität eines Betriebs gewahrt ist, kann nicht allgemein gesagt werden, sondern ist stets im Einzelfall zu prüfen.

Bei einem Gipser beispielsweise, welcher Waren und Geräte des alten Betriebs übernahm, angefangene Arbeiten beendete und mit acht von 18 Angestellten neue Verträge schloss, wurde ein Betriebsübergang gemäss Art. 333 OR bejaht. Auch bejaht wurde ein Betriebsübergang, als ein Erwerber Material, Rüsttische, einen geleasten Kühlwagen und Kunden übernahm.

Verneint wurde hingegen ein Betriebsübergang bei einem Restaurant, das drei Monate geschlossen hatte, der Käufer sein ganzes Team mitbrachte und nach der Übergabe einer neuen Ausrichtung folgte, sprich statt italienischer Küche neu französische Spezialitäten anbot.

Wie die oben erwähnten Beispiele zeigen, gibt es keine absolut eindeutige Regel, wann die Identität bei einem Betriebsübergang gewahrt ist und wann nicht. Daher tuen sich sowohl der Erwerber wie auch der Veräusserer gut daran, im Zweifel von einem Betriebsübergang auszugehen.

Der Verkäufer hat die Möglichkeit, sein Personal frühzeitig über einen allfälligen Betriebsübergang zu informieren. Wichtig ist aber vor allem, dass man sich von den Mitarbeitenden schriftlich bestätigen lassen kann, falls kein Interesse an der Weiterführung der Arbeitsverträge mit dem Erwerber besteht.

Wären also eigentlich die Bedingungen eines Betriebsübergangs erfüllt, so steht und fällt schlussendlich die Übernahmeverpflichtung der Arbeitsverträge noch immer mit dem Willen der Arbeitnehmenden.

Quelle: Rechtsdienst GastroSuisse


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