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04.01.2006

"Das Gastgewerbe tut viel für die Jungen!"

Interview mit Wirtepräsident Josef Schüpfer…

Was tun Gastronomie und Hotellerie, um mehr Lehrstellen zu schaffen?

Unsere Branche trägt sehr viel Verantwortung in der Berufsbildung: Schweizweit gibt es fast 8000 Lehrverhältnisse. Seit 1991 haben wir den Anteil am Lehrstellenmarkt von 3.5 auf 5% ausgebaut, in Basel-Stadt sogar auf 7%! Hier gelang es uns dank intensivem Nachwuchs- und Lehrstellenmarketing, die Zahl der Ausbildungsplätze zu verdreifachen, bei den Köchen sogar zu verfünffachen. Auch 2005 begannen in unserem Kanton wiederum rund 140 junge Leute eine gastgewerbliche Ausbildung. Wir bieten auch Chancen für Heranwachsende, die auf einen einfacheren Einstieg ins Berufsleben angewiesen sind: Der Anteil der neuen Attestlehren lag in Basel bei 22%, was weit über dem schweizerischen Durchschnitt von 8% liegt.

Die Hausaufgaben wurden also gemacht. Weshalb wollen Sie noch mehr tun?

Es erfüllt uns mit grosser Sorge, dass immer mehr junge Leute keine Arbeit mehr finden. Die Nachfrage nach Lehrstellen ist wesentlich grösser als das Angebot. Mit unserem Notprogramm "ABM Gastro-Jobs" möchten wir 100 bis 200 Jugendlichen pro Jahr eine Chance geben, deren Niveau für einen Lehrantritt (noch) zu tief ist. Dabei wollen wir keine bestehenden Ausbildungs- oder Arbeitsplätze konkurrieren!

Welche Vorteile haben Jugendliche, die sich am Programm beteiligen?

Sie erhalten die Gelegenheit, sich bei einem Arbeitgeber zu präsentieren und zu beweisen – und zwar unabhängig von Schulnoten und Deutschkenntnissen. Sie können ihre schulischen Defizite ausgleichen und hoffentlich ein Niveau erreichen, welches ihnen den Beginn einer Attestlehre oder gar einer dreijährigen Lehre ermöglicht. Dank ihrer Arbeitserfahrung werden sie für künftige Lehrmeister und Arbeitgeber attraktiver. Eine sinnvolle Beschäftigung ist sicher besser als auf der Strasse zu landen.

Vor allem ausländische Jugendliche haben oft Probleme, eine Lehrstelle zu finden...

Ja, deshalb wird wohl der Anteil von jungen Leuten ausländischer Herkunft recht hoch sein. Es darf nicht sein, dass jemand aufgrund seiner Hautfarbe, seiner Herkunft oder seiner Religion keinen Job erhält. Wir müssen den Jugendlichen das Rüstzeug geben, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Der Schlüssel dazu ist sicher die Sprache: Im Deutschunterricht muss nicht nur Grammatik und Rechtsschreibung doziert, sondern auch unsere Kultur und Lebensart erklärt werden.

Wieso bieten Sie statt Ihres Programms nicht einfach mehr Lehrstellen an?

Wir haben wenig Spielraum. Ich bekenne ganz offen, dass die Lehrlingsausbildung früher finanziell attraktiv war und heute nicht mehr. Eine Vollkostenrechnung unter Berücksichtigung des enormen Betreuungsaufwands ergibt, dass ein Lernender dem Betrieb Mehrkosten von bis 15'000 Franken pro Jahr verursacht. Unsere Branche bezahlt die zweithöchsten Lehrlingslöhne. Hinzu kommt, dass sich die Rahmenbedingungen verschlechtert haben. Und die Gastronomie wandelt sich stetig: Viele neue Betriebe (z.B. Fastfood- oder Nachtlokale) sind für die Lehrlingsausbildung nicht geeignet. Es ist auch so, dass viele Schulabgänger den Anforderungen nicht mehr zu genügen vermögen. Gelingt es uns, das Eintrittsniveau der jungen Leute zu verbessern, so bin ich optimistisch, dass wir unseren hohen Anteil am Lehrstellenmarkt halten und weiter ausbauen können.

Die demographische Entwicklung lässt Ungutes erahnen: Können wir einen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit überhaupt noch verhindern?

Ich betrachte es als eine gemeinsame Aufgabe von Politik und Wirtschaft, Ausbildungsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Das gilt in den nächsten Jahren in besonderem Masse. Angesichts der hohen Folgekosten von Jugendarbeitslosigkeit darf das Argument, der Staat müsse sparen, in der Berufsbildung nicht gelten. Natürlich muss die Politik vor allem gute Rahmenbedingungen schaffen, angesichts der dramatischen Situation ist aber auch ein weitergehendes Engagement des Staates zu rechtfertigen. Dabei müssen eventuell sogar ein paar alte Regeln über Bord geworfen werden.

Weshalb engagieren Sie sich so stark?

Wir dürfen die Zeitbombe nicht ticken lassen, sonst haben wir später Zustände wie in den französischen Banlieus. Wenn die erste Erfahrung junger Menschen mit der Arbeitswelt ist, dass niemand sie braucht, so ist das äusserst frustrierend. Jugendliche ohne berufliche Perspektive sind Risiken wie Depressionen, Sucht, Selbstmord oder Aggressionen ausgesetzt. Die erfolglose Stellensuche nagt nicht nur am Selbstwertgefühl der jungen Leute, es schafft auch Misstrauen gegenüber Wirtschaft und Gesellschaft.

Wie soll das Programm finanziert werden?

Die Finanzierung ist sicherlich der Knackpunkt. Wir hoffen, dass die Abklärungen der Behörden Lösungen zu Tage fördern. Ich denke, dass staatliche Institutionen angesichts der anstehenden Probleme ihre Prioritäten bei der Jugendarbeit anders setzen sollten. Vergnügen muss zwar auch sein, doch die Gelder sollten vermehrt in die Bildung und damit in die langfristige Zukunft investiert werden. Am wichtigsten ist es, für die jungen Leute Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Das ist dringlich und vorrangig!


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