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12.03.2014

Wann und wie haftet der Mitarbeiter?

Grad der Sorgfaltspflichtverletzung entscheidend

Wer arbeitet macht Fehler – und Fehler ziehen in der Regel Konsequenzen nach sich. Der Arbeitgeber erwartet vom Mitarbeiter, dass er arbeitet; somit entsteht auch ein Risiko, dass etwas schief gehen kann. Was geschieht, wenn der Mitarbeiter Fehler macht und seinem Arbeitgeber einen finanziellen Schaden zufügt? Möglicherweise bezahlt die Versicherung, sei es diejenige des Arbeitgebers oder des Mitarbeiters. Aber wer bezahlt den Schaden, wenn die Versicherung nicht einspringt?

Grundsätzlich ist die Haftung des Arbeitnehmers in Art. 321e Abs. 1 OR geregelt und wird im Speziellen auch in Art. 31 des L-GAV abgehandelt. Dieser besagt folgendes:

Art. 31 Verhalten und Haftung des Mitarbeiters
1. (...)
2. Der Mitarbeiter haftet für den Schaden, den er dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt.
Eine Haftung für zerbrochenes Geschirr oder Glas besteht nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Es dürfen nur die tatsächlichen Ersatzkosten in Rechnung gestellt werden. Kollektiv- und Pauschalabzüge sind unzulässig.


Bedeutung dieser Bestimmung

Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sorgfältig zu arbeiten und möglichst keinen Schaden anzurichten. Sollte durch ihn dennoch ein Schaden entstehen, kann er finanziell belangt werden, wenn er absichtlich oder fahrlässig gehandelt hat.

Die Bestimmung ist einseitig zwingend. Somit darf dem Mitarbeiter keine verschärfte vertragliche Auflage gemacht werden, die über die übliche Sorgfaltspflicht hinausgeht. Daraus folgt, dass zum Beispiel weder eine uneingeschränkte Mankohaftung noch eine uneingeschränkte Haftung für alle Schäden vertraglich vereinbart werden können.

Die Definition des Schadensbegriffes

Die Schadenersatzpflicht des Mitarbeiters setzt voraus, dass ein Schaden entstanden ist. Ein Schaden im rechtlichen Sinn ist dann gegeben, wenn eine Vermögensdifferenz entstanden ist. Verglichen wird dabei die Situation vor dem schädigenden Ereignis mit der Situation nach dem schädigenden Ereignis. Ist dabei eine (negative) Differenz entstanden, handelt es sich hierbei um einen Schaden. Die Differenz kann auch aus einem entgangenen Gewinn bestehen.

Beispiel: Der Mitarbeiter bedient die Küchenmaschine des Arbeitgebers unsachgemäss. Dabei wird ein Teil des Gerätes im Wert von 200 Franken irreparabel verbogen. Vergleicht man nun den Wert der Küchenmaschine vor und nach dem schädigenden Ereignis (falsche Handhabung des Geräts), wird ersichtlich, dass ein Schaden von 200 Franken entstanden ist.

Der Schaden ist nicht immer leicht zu bemessen, weil oftmals unklar ist, wie der Wert einer Sache zu beziffern ist (mehr dazu weiter unten).

Wer haftet für den Schaden?

Ist ein Schaden festgestellt worden, stellt sich weiter die Frage, wer ihn zu bezahlen hat. Wie Art. 31 L-GAV besagt, ist der Mitarbeiter für den Schaden haftbar, den er seinem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig hinzufügt.

Bei der Absicht spricht man auch von Vorsatz: dieser ist gegeben, wenn der Mitarbeitende mit Wissen und Willen einen Schaden anrichtet. Eventualvorsatz ist gemeint, wenn eine Schädigung zwar nicht beabsichtigt ist, jedoch billigend in Kauf genommen wird. Fahrlässigkeit ist demgegenüber eine pflichtwidrige Unvorsicht. Das heisst, ein Schaden wäre durch mangelnde Sorgfalt des Mitarbeiters entstanden. Je nach Sachverhalt ist von grober, mittlerer oder leichter Fahrlässigkeit auszugehen.

Welche Sorgfalt ist vom Mitarbeiter geschuldet?

Da es in der Praxis seltener vorkommt, dass der Mitarbeiter mit Vorsatz einen Schaden verursacht, muss in den meisten Fällen das Mass der Fahrlässigkeit geprüft werden. Dies geschieht, indem die Verletzung der Sorgfaltspflicht beurteilt wird.

Wie sorgfältig ein Mitarbeiter beim Ausüben seiner Tätigkeit sein muss, hängt von den konkreten Verhältnissen ab. Je nach Ausbildung, Erfahrung und Wissensstand wird ein anderer Massstab angelegt. Einem Auszubildenden dürfte grundsätzlich mehr Nachsicht entgegengebracht werden, als einem Mitarbeiter mit längerer Berufserfahrung. Ebenfalls spielt es eine Rolle, wie oft der gleiche Fehler – trotz wiederholter Instruktion – auftritt.

Gemäss Bundesgericht gelten im Arbeitsrecht je nach Grad der Sorgfaltspflichtverletzung folgende Faustregeln zur Schadensbemessung:

Leichte Fahrlässigkeit
Wenn ein aussenstehender Betrachter sagen kann: "Noch einigermassen verständlich", "Das kann passieren!" oder "Er hätte schon sollen..."
Höhe des Schadenersatzes: Maximal ein Monatslohn
Bei schadensgeneigter Arbeit, kein Schadenersatzanspruch

Mittlere Fahrlässigkeit
Von mittlerer Fahrlässigkeit ist auszugehen, wenn weder klar leichte noch klar grobe Fahrlässigkeit anzunehmen ist.
Höhe des Schadenersatzes: Maximal zwei Monatslöhne.

Grobe Fahrlässigkeit
Besteht dann, wenn die elementarsten Vorsichtsmassnahmen missachtet werden. Wenn man sagen kann: "Schlechthin unverständlich", "Das darf einfach nicht passieren!" oder "Wie konnte er nur?"
Höhe des Schadenersatzes: Maximal drei Monatslöhne

Absicht (Vorsatz und Eventualvorsatz)
Mit Wissen und Wollen oder mindestens in Kauf nehmen, einen Schaden anzurichten.
Höhe des Schadenersatzes: Ganzer Schaden

Achtung: Auch das Handeln des Arbeitgebers kann den Umfang der Haftung beeinflussen. So nämlich, wenn er nicht den richtigen Mitarbeiter für die Ausführung der Arbeit aussucht, ungenügend beaufsichtigt oder die nötigen Instruktionen nicht erteilt.

Eine Einschränkung der Haftung besteht auch durch den Grundsatz des Bereicherungsverbotes. Das heisst, der Arbeitgeber darf nicht mehr fordern, als den Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens. Selbstverständlich darf er dabei aber auch seine Umtriebe miteinberechnen. Des Weiteren können die Gerichte auch die Höhe des Monatsgehaltes mitberücksichtigen.

Zusammenfassend können in der Praxis folgende Reduktionsgründe eine Rolle spielen:
- Berufsrisiko
- Selbstverschulden des Arbeitgebers
- Leichtes Verschulden des Mitarbeiters
- Tiefer Lohn im Verhältnis der vom Mitarbeiter zu tragenden Verantwortung

Spezielle Schadensfälle

Glas- und Geschirrbruch: Die Arbeit im Gastgewerbe hinsichtlich Geschirr und Glasbrüchen wird als "schadensgeneigte Arbeit" bezeichnet. Das Risiko, dass beim Ausführen der Arbeit Geschirr kaputt geht, ist erheblich grösser als in anderen Branchen. Deshalb wird diesbezüglich eine Haftung für den Mitarbeiter ausgeschlossen, bzw. er haftet nur für absichtliches oder grobfahrlässiges Handeln.

Verbot von Kollektiv- und Pauschalabzügen: Gemäss L-GAV sind Kollektiv- und Pauschalabzüge unzulässig. Dies ist deshalb der Fall, weil ein Schaden klar einer Person zugerechnet werden muss.

Beispiel: Anna, Berta und Claudia hatten am Abend Schicht an der Bar. Bei der Abrechnung wurde ein "Minus" von 528 Franken festgestellt. Wirtin Dora hatte schon seit einiger Zeit Unregelmässigkeiten im Betrieb festgestellt und ist überzeugt, Berta hat das Geld wegen ihrer finanziellen Probleme aus der Kasse genommen. Da sie es aber nicht beweisen kann, will sie den entstandenen Schaden von 528 Franken zu gleichen Teilen auch auf Anna und Claudia aufteilen. Konkret soll jede Mitarbeiterin nun 176 Franken bezahlen. Dies ist jedoch unzulässig.

Haftung bei einem "Minus" in der Kasse (auch Warendifferenzen etc.)

Eine vertragliche Grundsatzabrede, wonach ein "Minus" in der Kasse immer von den Mitarbeitern getragen werden muss, ist nichtig und damit unzulässig (ausser es wird dem Lohn ein Entgelt für das Risiko zugeschlagen).

Damit ein Mitarbeiter für einen Fehlbetrag in der Kasse haftbar gemacht werden kann, ist auf das Verschulden des Mitarbeiters abzustellen. Schlussendlich sollte der Arbeitgeber nachweisen können, dass der Kassenfehlbetrag aufgrund des Fehlverhaltens des Mitarbeiters entstanden ist (Kausalzusammenhang).

Betreffend Diebstählen oder Verlusten in Serviceportemonnaies empfiehlt es sich, Sicherheitsvorschriften, bzw. Verhaltensanweisungen in einem Reglement zu erlassen (z.B. Portemonnaie nie auf Tresen oder Tischen liegen lassen; immer im Gurtholster aufbewahren; abschliessbare Schublade benützen) und die Einhaltung dieser Regeln auch zu prüfen sowie gegebenenfalls bei Nichtbefolgen der Vorschriften zu verwarnen. So kann sich der Arbeitgeber vor dem Vorwurf schützen, er hätte das Fehlverhalten toleriert, was zu einem Haftungsausschluss führen kann.

Haftung für Autounfälle

Mitarbeiter, die mit einem Dienstfahrzeug (z.B. Pizzakuriere) unterwegs sind, haben ein erhöhtes Risiko in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden. Entsteht am Fahrzeug ein Schaden, ist auch hier eine Abwägung bezüglich des Verschuldens vorzunehmen.

Grundsätzlich gilt weiter Folgendes: Bei Autounfällen, bei denen der Mitarbeiter kein oder nur ein leichtes Verschulden trifft, hat er lediglich einen symbolischen Beitrag an die Schadensdeckung zu bezahlen. Bei grobem Verschulden hat er den Schaden mehrheitlich oder gar voll zu tragen. Wie hoch genau der Betrag ausfällt, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen – es gibt dafür keine allgemeingültige Regel.

Verrechnung von Schadenersatzforderungen mit dem Lohn

Gemäss Art. 31 Ziff. 2 L-GAV und Art. 323b Abs. 2 OR kann der Arbeitgeber seine Schadenersatzforderung mit dem Lohn verrechnen. Für absichtlich zugefügten Schaden kann er den Betrag ohne Einschränkung vom Lohn abziehen. Für fahrlässig zugefügten Schaden darf nur im Rahmen des pfändbaren Teils des Lohnes ein Abzug gemacht werden.

Merke: Werden bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Saldi von Ferien und Feiertagen ausbezahlt, so können allfällige Schadenersatzforderungen diesbezüglich vollumfänglich abgezogen werden, da es sich dabei nicht um "gewöhnlichen" Monatslohn handelt.

Quelle: Rechtsdienst GastroSuisse


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