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27.02.2015

Darf man bei Gutscheinen die Gültigkeit zeitlich eingrenzen?

Gesetzliche Verjährungsfristen nicht zu stark verkürzen

Soll man als Hotelier oder Wirt bei seinen Geschenkgutscheinen eine Einlösefrist vermerken? Ist man überhaupt berechtigt, die Gültigkeit des Gutscheins zeitlich zu beschränken (beispielsweise auf ein oder zwei Jahre) und verfällt der Anspruch des Gastes bei Nichteinlösen bis zum entsprechenden Zeitpunkt?

1. Die rechtliche Einordnung des Gutscheins

Ein Gutschein verkörpert eine Forderung und ist demnach als Anspruch gegenüber dem Aussteller auf Bezug von Dienstleistungen oder Waren, nicht jedoch auf Bargeld zu verstehen. Er ist sozusagen eine Art Vorauszahlung, die in der Buchhaltung separat als "Schuld" aufgeführt werden sollte.

Rechtlich gesehen handelt es sich dabei um einen Kaufvertrag nach Art. 184 ff. OR. Er wird indes zugunsten eines Dritten, dem beschenkten Gutscheininhaber, zwischen dem Käufer und Verkäufer eingegangen. Der Aussteller und der Gutscheininhaber stehen demzufolge in einem Rechtsverhältnis zueinander, obwohl sie sich gar nicht kennen. Der Beschenkte hat eine Forderung, welche er gegenüber dem Aussteller geltend machen darf. Dem Gutschein kommt alsdann eine Ausweis-, Quittungs- oder Kontrollfunktion zu.

2. Gutschein ohne Einlösefrist

Wer einen Geschenkgutschein kauft, bezahlt bekanntlich im Voraus für eine in der Zukunft beziehbare Dienstleistung oder Ware. Wird auf dem Gutschein kein Verfalldatum bzw. keine Einlösefrist vermerkt, so ergibt sich kein Problem. Die Forderung verjährt nach den allgemeinen Verjährungsbestimmungen gemäss Art. 127 f. OR wie jede andere Forderung auch. Forderungen aus Gutscheinen für Hotelübernachtungen verjähren nach zehn Jahren (Art. 127 OR), solche von Gastwirten aus Beköstigung, die aus dem Verkauf von Speisen entstehen (Essensgutscheine im Restaurant) nach fünf Jahren (Art. 128 Ziff. 2 OR).

3. Gutschein mit Einlösefrist

Oftmals wird die Honorierung des Gutscheins zeitlich eingeschränkt, indem der Aussteller dem Gutscheininhaber ausdrücklich eine Einlösefrist setzt. Verständlicherweise begründet der Aussteller dies mit dem grösseren Buchführungsaufwand. Leider wurde die Frage der Zulässigkeit einer Befristung von Gutscheinen bislang noch nie durch ein Gericht geklärt. Handelt es sich dabei um eine zulässige vertragliche Befristung der Forderung oder um eine gesetzlich aus-geschlossene Abänderung der Verjährungsfristen nach Obligationenrecht? Es sind zwei Lösungsansätze denkbar:

a) Variante: Zwingende Verjährungsbestimmungen nach Obligationenrecht

Die Verjährungsfristen nach Art. 127 f. OR sind zwingend; Art. 129 OR verbietet deren vertragliche Abänderung. Sowohl die Veränderung wie auch die Verkürzung fallen unter dieses Verbot. Der Aussteller eines Gutscheins kann zwar einseitig auf die Einrede des Gutscheins verzichten, doch wäre es nicht zulässig, die gesetzlichen Verjährungsfristen durch Verfügung der Beteiligten abzuändern. Ein auf unter fünf bzw. zehn Jahre befristeter Gutschein würde also einer solchen gesetzeswidrigen Veränderung und Verkürzung gleichkommen. Entsprechend dieser Meinung, wäre die Einlösefrist für beide Parteien rechtlich nicht bindend.

b) Variante: Allgemeine Geschäftsbedingungen

Nach dieser (vom Rechtsdienst von GastroSuisse vertretenen) Sichtsweise handelt es sich bei der ausdrücklichen Einlösefrist um eine allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Diese steht in der Regel nicht zur Verhandlung. Zur Überprüfung von rechtmässigen AGB wird eine besondere vertrags- und lauterkeitsrechtliche Kontrolle vorgenommen. Verneint man also den Verstoss gegen die zwingenden Verjährungsbestimmungen von Art. 127 f. OR (vgl. oben 3.), ist sodann folgende "AGB-Prüfung" durchzuführen, um die Rechtmässigkeit eines befristeten Gutscheins zu bestätigen.

aa) Die Ungewöhnlichkeitsklausel

Zuerst einmal wird die Frage gestellt, ob die Einlösefrist auf einem Gutschein ungewöhnlich sein könnte. Als ungewöhnlich gelten gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung überraschende Klauseln, mit denen der Kunde vernünftigerweise nicht rechnen musste. Je kürzer die Einlösefrist, desto ungewöhnlicher wäre also die Klausel.

Dass die meisten Gutscheine eine Einlösefrist vorsehen, ist heutzutage aber allseits bekannt. Die Ungewöhnlichkeitsregel stösst somit an ihre Grenzen, weil bei einer weit verbreiteten Bekanntheit kein Überraschungseffekt mehr besteht, sofern es sich um eine "gewöhnliche" Einlösefrist handelt. Eine ungewöhnliche Einlösefrist ist dann anzunehmen und würde durch die Prüfung zugunsten des Gutscheininhabers durchfallen, wenn sie so kurz bemessen ist, dass eine tatsächliche Nutzung des Gutscheins stark erschwert wird.

bb) Die Unklarheitenregel

Im Geschäftsleben weniger problematisch, aber dennoch denkbar ist, wenn die allgemeine Geschäftsbedingung bzw. die Befristung auf dem Gutschein dermassen unklar formuliert ist, dass zwei oder mehrere Auslegungsergebnisse möglich sind.

In diesem Fall ist die Klausel zugunsten des Kunden auszulegen. Dies wird damit begründet, dass es am Aussteller bzw. Verwender der AGB liegt, diese unmissverständlich zu formulieren. Eine unklare Formulierung könnte allenfalls dann vorliegen, wenn bei einer Fristdauer das Anfangsdatum unbekannt ist.

Auslegungsschwierigkeiten sind überdies denkbar, wenn aus dem Gutschein nicht eindeutig hervorgeht, ob nur die Geltendmachung des Anspruchs oder auch die ganze Erbringung einer Dienstleistung während der Einlösefrist erfolgen müssen.

Stellt z.B. ein Hotel einen Gutschein über einen einwöchigen Hotelaufenthalt aus, so kann sich der Gast bei entsprechend unklarer Formulierung auf den Standpunkt stellen, dass lediglich die Einlösung innert Frist erfolgen muss, der ganze Aufenthalt diese aber überdauern kann.

4. Die Inhaltskontrolle nach UWG

Seit Neuem wird die Rechtmässigkeit eines befristeten Gutscheins vermehrt in Zweifel gezogen. Mit Inkrafttreten des neuen Wortlautes im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) am 1. Juli 2012 hat der Gesetzgeber ein wirksames Mittel zur inhaltlichen Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen zugunsten der Konsumenten geschaffen. Gemäss Art. 8 UWG handelt insbesondere unlauter, "wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen".

Ein solches Missverhältnis dürfte bei einer (zu) starken Verkürzung der Verjährungsfrist zutreffen, denn dieses prüft sich anhand der beim Gutscheininhaber eintretenden Wirkungen. Die nicht honorierte Gegenleistung fällt für den Gutscheininhaber nachteilig aus. Bereits bei der gewöhnlichen Befristung auf ein oder zwei Jahre ist die Abweichung vom Gesetz (bei einer zehnjährigen Frist noch viel mehr als bei einer Fünfjährigen) als nicht unerheblich einzustufen. Eine via Verfalldatum zu sehr verkürzte Verjährungsfrist im Lichte der neuen Bestimmung des UWG könnte sich somit als ungültig erweisen.

5. Was, wenn es beim Betrieb zu einem Wechsel gekommen ist?

Wie verhält es sich, wenn infolge Geschäftsübernahme der Aussteller des Gutscheins gewechselt hat? Hat der neue Inhaber das Geschäft mit Aktiven und Passiven übernommen, so haftet er in der Regel auch für Gutscheine, welche noch vor seinem Vorgänger verkauft wurden.

Hat der Inhaber allerdings das Geschäft ohne die Passiven übernommen, so haftet einzig und allein der Vorgänger. Dieser kann seine Schuld eigentlich nur begleichen, in dem er die Gutscheine von den Inhabern zum gleichen Preis zurückkauft. Dies ist die einzige Ausnahme vom Grundsatz, dass kein Anspruch darauf besteht, einen Gutschein in Bargeld umzuwandeln.

6. Fazit

Nach dem Gesagten zeichnet sich ab, umso mehr seit 2012, dass Besitzer eines befristeten Gutscheins in Zukunft vermehrt auf die Einhaltung der gesetzlichen Verjährungsfristen gegenüber dem Aussteller pochen könnten.

Als pragmatische Praxislösung kann generell empfohlen werden, die gesetzlichen Verjährungsfristen nicht zu stark zu verkürzen. Ohnehin ist aber zu bedenken, dass ein Betrieb selbst bei einer (zu) kurz festgesetzten Einlösefrist in einem (wohl doch ziemlich seltenen) Streitfall ja immer noch kulant sein kann.

Quelle: Rechtsdienst GastroSuisse


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