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02.09.2016

Die Gastronomie hat Zukunft

Wie der Nachwuchs die Branche sieht und wie er sich engagiert

Das Handwerk geht verloren, der Nachwuchs fehlt, die Konkurrenz steigt: Das Gastgewerbe steht vor vielen Herausforderungen. Wie geht die neue Generation damit um?

"Koch ist kein Traumberuf mehr": Mit diesem Satz löste ein ehemaliger Spitzenkoch vor knapp einem Jahr eine mediale Diskussion aus. Während die einen Leser sich hinter ihn stellten und die schwierigen Rahmenbedingungen in der Branche bedauerten, regten sich andere darüber auf, dass mit solchen Aussagen der ohnehin knappe Nachwuchs abgeschreckt werde.

Fakt ist, dass ein Beruf in der Gastronomie kein Zuckerschlecken ist: Wer sich darauf einlässt, den erwartet viel Arbeit zu unregelmässigen Arbeitszeiten. Das macht es schwieriger, den Kontakt mit Freunden aufrechtzuhalten, die nicht im Gastgewerbe tätig sind. Hinzu kommen die vergleichsweise tiefe Entlohnung und der ständige Zeit- und Konkurrenzdruck.

Trotz dieser Herausforderungen gibt es keinen Grund, gleich schwarzzusehen: Denn die Arbeit in der Gastronomie ist für viele Junge immer noch ein Traum, auch wenn sich die Visionen etwas vom traditionellen Werdegang verabschiedet haben.

Ein Beispiel dafür ist Rebekka Stutz: Die 32-Jährige ist diplomierte Hôtelière/Restauratrice und hat ihre Ausbildung an der Hotelfachschule Luzern abgeschlossen. Nach Stationen im Hotel und der Gemeinschaftsgastronomie hat es sie in die Marketing-Abteilung einer IT-Firma verschlagen. "Ich wollte eine andere Branche kennenlernen", erklärt sie den Wechsel.

Die Gastronomie liess sie dennoch nicht los: Nachdem sie vor zwei Jahren den Film "Chef" sah, den sie als "sehr inspirierend" beschreibt, und eine Reise nach New York unternahm, wo Food Trucks quasi zum Stadtbild gehören, war die Idee eines eigenen Trucks geboren. Zusammen mit dem gelernten Koch Reto Eberle sowie dem Betriebsökonomen Lukas Fempel betreibt sie seitdem "Kitchenette", zwei Oldtimer-Foodtrucks, in denen die drei mehrmals wöchentlich hausgemachte Burgers und Pommes frites verkaufen. "Ein Foodtruck war für uns die ideale Lösung, da wir damit ein kleineres finanzielles Risiko eingehen als mit einem Restaurant und nicht von einem Geldgeber abhängig sind. Zudem sind wir flexibel und mobil und können anbieten, was wir mögen", erklärt Stutz.

Die drei Gründer arbeiten nebenher Teilzeit in anderen Betrieben: "Das soll auch so bleiben, denn es ermöglicht uns ein sicheres Einkommen. Mit einem Truck ist man enorm vom Wetter abhängig: Wenn es regnet, bleiben die Gäste aus. Solange wir aber nicht komplett auf diesen Umsatz angewiesen sind, können wir unsere Gäste viel unbeschwerter bedienen - und das schätzen diese auch." Ein positiver Nebeneffekt dieser Teilzeitarbeit sei zudem die Abwechslung. Wenn man an einem Tag im Büro arbeite und am nächsten mit dem Foodtruck unterwegs sei, komme nie Langeweile auf, findet Stutz.

Bei den einen ist es die Lust auf etwas Neues, welche sie zu eher untypischen Werdegängen verleitet, bei den anderen sind es schlechte Erfahrungen in der Branche. So hört man von einigen Lernenden, dass sie zwar leidenschaftlich gerne kochen, aber von ihrer Kochlehre enttäuscht waren. Einer erzählt, dass er manchmal den ganzen Tag lang kaum eine Aufgabe zugewiesen bekam, obwohl er mehrmals darauf hingewiesen habe. Dafür habe ihm sein Chef kurz vor Feierabend einen Sack Kartoffeln vor die Nase gesetzt, die es jetzt noch zu rüsten galt. Für einen anderen Lernenden war der Lehrabschluss eine Ernüchterung: Obwohl er mit der Bestnote seines Jahrgangs abschloss, erhielt er von seinem Lehrmeister kein einziges lobendes Wort.

Diese fehlende Wertschätzung bewirkt, dass sich junge Leute ihre Berufswahl zweimal überlegen. So auch der Lernende, der seine Lehre mit Bestnote abschloss. Er wechselte zunächst für zwei Jahre ins Baugewerbe, bevor er den Weg zurück in die Küche fand. Der Gastronomie möchte er trotz der weniger guten Erfahrungen nicht den Rücken kehren: "Es ist ein schönes Gewerbe, in dem man aber leider oft untendurch muss."

Während der Lehrjahre entscheidet sich meist, ob ein Lernender der Branche erhalten bleibt. Im Gastgewerbe ist die Lehrabbruchquote überdurchschnittlich hoch: So lösen 10 bis 30 Prozent der Lernenden während der Ausbildung ihren Vertrag auf.

Für den 26-jährigen Betriebsleiter Simon Schelker ist diese Zahl erschreckend hoch. In seinem Umfeld bemerkt er aber, dass das Interesse für gastgewerbliche Berufe nicht nachgelassen hat. Das Problem seien unter anderem die Lehrverhältnisse: "In anderen Branchen wird enorm viel Zeit in die Ausbildung der Lernenden gesteckt. Davon kann man in gewissen Teilen der Gastronomie nur träumen." Das wiederum habe nicht unbedingt mit den Ausbildnern zu tun, sondern mit dem zeitlichen und finanziellen Druck, unter dem sie stehen. "Wer im Gastgewerbe arbeitet, muss dies wirklich aus Leidenschaft tun", findet Schelker. Er selbst hat gute Erinnerungen an seine Lehre: "Natürlich ist der Umgang in der Küche ein ganz anderer als zum Beispiel in einem Büro. Ich habe das als hart, aber fair wahrgenommen. Man muss sich manchmal durchbeissen, aber letztlich bereitet es einen gut aufs Leben vor."

Ähnlich sieht es Laurenc Kugel, der im Schloss Binningen als Junior Souschef arbeitet: "Wer im Gastgewerbe arbeitet, ist viel Kritik ausgesetzt, aber damit kommt man im Leben weiter. Es ist ein ehrliches Gewerbe und eine gute Gemeinschaft." Nachteile wie zum Beispiel lange Arbeitszeiten kennt er nicht: "Ich habe jeweils von 14 bis 18 Uhr frei und kann dann in die Stadt oder an den Fluss gehen, wenn kaum andere Leute dort sind. Für mich hat die Arbeit im Gastgewerbe generell mehr Vorteile als Nachteile." Und von Jammern hält er sowieso nichts: "Was bringt das schon? Man sollte immer nach vorne schauen und das Beste aus seiner Situation machen. In der Gastronomie kann ich meine Kreativität ausleben und den Gästen eine Freude machen, das ist für mich das Schönste."

Im Herbst wird Laurenc am Halbfinale des Goldenen Kochs teilnehmen. Es ist sein zweiter Wettbewerb nach der "marmite youngster selection". An solchen Wettbewerben zeigt sich, dass es in der Branche durchaus sehr talentierten und motivierten Nachwuchs gibt. Die jungen Leute engagieren sich nicht unbedingt in Verbänden, aber auf andere Weise: So ist Dave Waelti, der letztjährige Sieger der "marmite youngster selection", Mitbegründer des Food Festivals "Mampf" in Bern. Und Sandro Zinggeler, der den Titel bei "La Cuisine des Jeunes" holte, spannt heute mit Food-Start-ups wie "Martha's Salad" zusammen oder organisiert mit der Event-Reihe "Secret Dinner" geheime Pop-up-Restaurants. Rebekka Stutz und dem "Kitchenette"-Team ist es wiederum zu verdanken, dass Wettingen mit "eat urban" sein eigenes Food-Truck-Festival erhielt.

Den jungen Leute ist zudem gemeinsam, dass sie ihren Beruf sehr attraktiv vermarkten: Sie nutzen die sozialen Medien, um ihren Arbeitsalltag und Lifestyle zu teilen, aber auch Fotos ihrer ansprechenden Gerichte. In Zeiten, wo Food-Porn und Kochsendungen Popularität geniessen, können sie andere junge Menschen auf diesem Weg für ihren Beruf begeistern. Zudem haben alle im Sinn, im Gastgewerbe zu bleiben und zu wachsen: So möchte Simon Schelker nächstes Jahr das Gastro-Unternehmerseminar in Angriff nehmen, nachdem er letztes Jahr bereits die Ausbildung zum Gastro-Betriebsleiter abgeschlossen hat. Und Laurenc Kugel träumt davon, irgendwann sein eigenes Restaurant zu haben und selber Lernende ausbilden zu können.

Generell scheint es für die gastgewerblichen Berufe ein Licht am Ende des Tunnels zu geben: Dieses Jahr hat nämlich der geburtenschwächste Jahrgang die Schule abgeschlossen. Nun dürfte es aufwärts gehen und in zehn Jahren gar so viele Schulabgänger wie noch nie geben. Dass diese nicht alle ein Studium anfangen, liegt auf der Hand. Vor allem, weil mehr und mehr Jugendliche bemerken, dass die Theorie sie ohne Praxiserfahrung nicht weit bringt. Daher gilt es, dem Nachwuchs die schönen Seiten der Gastronomie zu zeigen, sich für sie Zeit zu nehmen und sie in der Weiterbildung zu unterstützen. Denn, wie Rebekka Stutz so schön sagt: "Wer einmal aus Leidenschaft in die Gastronomie kommt, bleibt immer in der Gastronomie."

Cristina Bürgi / GastroJournal


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