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10.03.2017

Digitalisierung als Hilfsmittel

Interview mit Philipp Ries von Google Schweiz

Sich kopfüber in eine komplett digitalisierte Welt stürzen? Nein. Sich dafür interessieren und sich schrittweise damit vertraut machen? Ja. Die Meinung eines Experten.

Philipp Ries ist Industry Leader Travel bei Google Schweiz in Zürich. Zudem gehört Ries dem Vorstand des Lehrstuhls für Tourismus an der Fachhochschule Ostschweiz (FHO) an.

Was sind zurzeit die Haupttendenzen im Digitalbereich?

Philipp Ries: Es gibt mehrere Tendenzen, die zwar nicht neu sind, aber an Gewicht gewinnen, da die Anzahl Anwender zunimmt. Die wichtigste Tendenz betrifft das Smartphone, das für immer mehr Aktivitäten im Alltag eingesetzt wird: Im Durchschnitt schaut eine Person etwa 150 Mal pro Tag auf ihr Smartphone. Demzufolge ist ein positives Nutzererlebnis auf den Mobilgeräten äusserst wichtig.

Eine zweite Tendenz ist die virtuelle Realität, die eine rasante Entwicklung durchmachte. Immer mehr Menschen können zum Beispiel Tools wie Street View auf Google Maps anwenden. Die touristischen Destinationen müssen sich um das Erschaffen von Inhalten bemühen, um die potenziellen Gäste damit anzusprechen.

Die dritte Tendenz nennt sich «maschinelles Lernen». Auf diesem Gebiet erzielte Google Übersetzer grosse Fortschritte. Das Tool, das zu Beginn zu ungenau war, kommt nun der Arbeit eines professionellen Übersetzers nahe. Fakt ist: Die Nutzer-Erfahrungen sind heute viel leistungsstärker und die Resultate werden in allen Bereichen immer besser entwickelt.

Welche Auswirkungen haben diese verschiedenen Entwicklungen auf den Tourismus?

Viele kleine touristische Unternehmen empfinden die gesamte Digitalisierung als anstrengend, weil sie so schnelllebig ist. Das führt dazu, dass die Akteure am Ende überhaupt nichts mehr machen, weil alles einfach «zu viel» wird. Der Tourismus-Sektor muss sich aber von den Entwicklungen inspirieren lassen.

Als erstes sollte das Anwendererlebnis auf den Mobilgeräten verbessert werden. Zu viele KMU haben in diesem Bereich noch Schwierigkeiten. Demnach sollte 2017 der Vorsatz gefasst werden, dass alle Internetseiten mit Smartphones oder Tablets kompatibel werden. Wenn das 80 bis 90 Prozent aller KMU-Betriebe in der Schweiz gelingen würde, wäre das ein reeller Fortschritt.

Welche Vorteile bringt die Digitalisierung?

Sie erleichtert jegliche Vorgänge. Kürzlich übernachtete ich auf der Lenzerheide. Dort ass ich in einem Restaurant, das voll besetzt war. Die Wartezeit zwischen dem Verlangen der Rechnung und der Bezahlung betrug 20 Minuten, was zu lang ist. Ein Restaurateur kann sich logischerweise nicht den Luxus leisten, in kurzen Zeiten des Andrangs mehr Mitarbeitende einzustellen. Hingegen liefert die digitale Technik Lösungen, um das Bezahlen der Rechnung einfacher zu gestalten. Der Gast hätte auf diese Weise eine bessere Erinnerung an den Restaurantbesuch, und der Restaurateur könnte sich auf seine Stärke konzentrieren, nämlich dem Gast ein gutes Essen zu servieren.

Eigentlich muss man sich in allen Bereichen fragen, welche Vorgänge dank der Digitalisierung optimiert werden könnten, damit die Gesamterfahrung noch besser ausfällt.

Genau. Und gerade die Hotellerie ist ein Bereich, der bezüglich Digitalisierung noch Fortschritte machen muss. Denn dank dieser kann die Kommunikation mit den Kunden verbessert werden, und das zu einem tiefen Preis.

Als ich zum Beispiel letztes Jahr in einem Hotel in Lugano übernachtete, machte ich eine interessante Erfahrung. Einige Tage vor meiner Ankunft erhielt ich eine E-Mail, in der ich gefragt wurde, ob ich ein schnelles Check-in wünsche und meinen Aufenthalt personalisieren möchte. So konnte ich meinen Pass im Vorfeld registrieren lassen, angeben, welches Getränk ich bei meiner Ankunft im Zimmer vorfinden möchte, und sogar über die gewünschte Zimmertemperatur entscheiden. Vor Ort funktionierte alles wunderbar.

Für mich, der viel reist, war das eine sehr interessante Erfahrung, denn sie zeigt, dass die kleinen Details den grossen Unterschied machen. Die Hotels müssen sich dieses Vorgehen überlegen, um den Check-in und den Check-out zu vereinfachen.

Welche Möglichkeiten haben die Tourismus-Akteure?

Immer mehr Personen werden sich online über ihre Reiseziele informieren. Ich erwarte nicht zwingend, dass sich ein Hotel mit seiner eigenen App ausrüstet. Hingegen kann es dem Gast eine E-Mail schicken oder im Zimmer einen Zettel hinterlegen, mit interessanten Apps der Region. Airbnb gelingt das bestens, denn die Gastgeber geben sehr personalisierte Informationen weiter. Das könnte ein Hotelbetrieb mit einer Liste von Links sowie Apps leicht umsetzen.

Müssen die Fachleute auch Kundendaten verwenden?

Zu viele Unternehmen vernachlässigen die Kundenpflege (CRM) noch sehr. Ich sage nicht, dass alle Kundendaten geteilt werden müssen, aber es könnte interessant sein, einige davon zu teilen. Wenn Sie von einer Person wissen, dass sie dieses und jenes gerne hat, dürften sich diese Informationen auch für andere Partner in der Destination als interessant erweisen. Der Gast könnte während dem Check-in angehalten werden: «Wenn Sie uns erlauben, diese Daten zu teilen, könnten wir Ihnen Folgendes anbieten…»

Welches Ziel verfolgt eine Suchmaschine wie Google im Tourismusbereich?

Unser Ziel bestand immer darin, die Informationen weltweit zusammenzutragen, um sie allen zugänglich zu machen. Wir erbringen so den Nutzen, eine gewünschte Information dank der Recherche sofort zu finden. Heute, da wir vermehrt Daten von unseren Partnern erhalten, versuchen wir noch strukturierter zu sein. Bei der Hotellerie beispielsweise vereinfachen wir die Suche für den Anwender, indem wir ausschliesslich freie Zimmer oder 3-Sterne-Hotels anzeigen, wenn die Suche danach ausgerichtet ist. Heute sind die Resultate viel gezielter auf die Kundenanfragen ausgerichtet.

Ist die Digitalisierung auch ein Mittel, um sich von anderen abzuheben?

In der Schweiz können wir nicht mit Preisen konkurrieren. Wir müssen unbedingt qualitative Erlebnisse bieten. Die Digitalisierung ist Teil davon und wir müssen in diesem Bereich besser sein als die anderen. Die Tatsache, dass die Qualität eines Aufenthalts auch mit der digitalen Dienstleistung zusammenhängt, sollte nicht heruntergespielt werden. Falls andere Destinationen weniger teuer und gleichzeitig reaktionsschnell sind, würde die Situation für die Schweiz sehr kompliziert werden. Die schönen Landschaften alleine genügen nicht mehr.

Johanne Stettler / GastroJournal

Philipp Ries: «Die Kompatibilität von Internetseiten und Mobilgeräten ist notwendig.» Bild: GastroJournal


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