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06.05.2019

Verschwindet das Mittagessen?

Soziale Schichten essen immer unterschiedlicher

Die soziale Schere spiegelt sich im Ernährungsverhalten. Weil die Ernährung eine hohe Bedeutung für die Lebensqualität hat, wird sie immer zielgerichteter. Bei der Umsetzung hapert es allerdings. Das zeigt eine aktuelle Studie.

Der Esstisch leer, die Küche kalt? Das Ernährungsverhalten der Menschen in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren gravierender verändert als auf den ersten Blick vermutet. Dabei ist und isst Deutschland immer geteilter. Nicht nur Frauen essen anders als Männer - vor allem zwischen den sozialen Schichten geht die Schere beim Essen zunehmend auseinander.

Gleichzeitig droht die Gemeinschaft stiftende Rolle des Essens immer mehr verloren zu gehen. «Essen wir in Zukunft alle anders?», fragt die Nestlé-Studie «So is(s)t Deutschland 2019», die gemeinsam mit dem Institut für Demoskopie Allensbach in Frankfurt am Main vorgestellt wurde. Befragt wurden hierfür 1636 Bundesbürger zwischen 14 und 84 Jahren, deren Aussagen mit den Ergebnissen der ersten Studie aus dem Jahr 2009 verglichen wurden.

«Die Ernährungskultur wird immer heterogener. Ernährung wird immer mehr an die individuellen Bedürfnisse und Lebenssituationen angepasst. Dadurch lösen sich feste Gewohnheiten auf und die Ansprüche an die eigene Ernährung wie der Ernährungsalltag unterscheiden sich immer mehr», erklärt Professor Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach.

Als Ursachen nannte Köcher den zunehmenden Zeitmangel durch die steigende Erwerbsquote, die «Entstrukturierung» der Tagesabläufe wie auch die generell zunehmende Spontanität und Individualisierung der Gesellschaft. Dazu kommt eine bemerkenswerte Auseinanderentwicklung des Ernährungsverhaltens der verschiedenen sozialen Schichten.

Hauptmahlzeit immer öfters am Abend

Eine warme Mahlzeit am Tag ist für immer weniger Menschen in Deutschland die Regel. Denn dies gilt nur noch für 45 Prozent der Befragten (vor zehn Jahren war es 55 Prozent). Die Hauptmahlzeit muss auch für immer weniger Menschen mittags sein. Vor zehn Jahren assen noch 47 Prozent ihre Hauptmahlzeit mittags, heute sind nur noch 39 Prozent.

Mit dem Abendessen ist so fast ein Gleichstand erreicht (38 Prozent). Und das Mittagessen wird immer häufiger ausser Haus eingenommen. Vor zehn Jahren assen noch 54 Prozent mittags zuhause, aktuell sind es noch 42 Prozent. Gleiches gilt für das tägliche Kochen: nur noch knapp die Hälfte der Bevölkerung (52 Prozent) kocht heute jeden Tag. Genauso viele essen zu festgelegten Essenszeiten (52 Prozent), auch hier ein Rückgang von zehn Prozentpunkten.

Auch die Zeit, die sich fürs Essen genommen wird, ist morgens, mittags und abends durchgehend um fünf Prozentpunkte zurückgegangen. Um den gleichen Wert stieg die Zahl derjenigen, die angaben, dann zu essen, wenn Sie gerade Zeit oder Hunger haben (34 Prozent).

Zerrissen zwischen hohen Ansprüchen und Alltagsstress

Die Menschen in Deutschland stehen unter hohem Zeitdruck, aber ihre Ansprüche an Lebensmittel bezüglich Qualität, Gesundheit und Frische wachsen. Der Wunsch «sich gesund zu ernähren» ist in zehn Jahren von 52 Prozent auf 55 Prozent gestiegen. Um dem gerecht zu werden, wollen heute 13 Prozent mehr Menschen als 2008 ihr Essen frisch zubereiten. Bei Müttern sind das sogar 33 Prozent mehr.

«Kochen, um zu wissen, was im Essen drin ist», das sagt heute jeder zweite, 2008 waren es noch 41 Prozent. Aber durch Zeitmangel und den entstrukturierten Alltag ist die Ernährung von heute spontaner, impuls- und gelegenheitsgetriebener. Jeder Dritte sagt, er entscheide meist ganz spontan und esse, wenn er gerade Zeit oder Hunger habe. Das stellt die Menschen vor die Herausforderung, ihre Ernährung vor dem Hintergrund der verfügbaren Zeit zu optimieren.

Immer mehr Menschen essen allein

Gemeinsame Mahlzeiten in der Familie haben für einen Grossteil der Bevölkerung (77 Prozent) eine hohe Bedeutung, das gilt noch mehr für Familien mit Kindern (95 Prozent). Sie sind Kommunikationsinseln und wichtige Momente, um sich miteinander auszutauschen, sagen 87 Prozent der Befragten.

Trotzdem führt die Entstrukturierung der Gesellschaft zu immer weniger gemeinsamen Mahlzeiten unter der Woche: in den letzten zehn Jahren ist die Zahl der gemeinsamen Mahlzeiten zum Frühstück oder Abendessen unter der Woche um 5 Prozent zurückgegangen, die gemeinsamen Mittagsmahlzeiten sogar um 9 Prozent. Konsequenz: Unter der Woche isst nur noch jeder zweite sein Mittagessen in Gemeinschaft mit anderen, nur 39 Prozent frühstücken noch gemeinsam.

Soziale Schere geht auseinander

Für zwei von drei Befragten spielt eine gute Ernährung eine grosse, beziehungsweise sehr grosse Rolle (65 Prozent). Damit hat sich dieser Wert im Vergleich zu vor zehn Jahren kaum verändert (63 Prozent). Der Unterschied zeigt sich in der zunehmenden Polarisierung: So ist der Wert in hohen sozialen Schichten von 75 auf 81 Prozent gestiegen, in schwächeren sozialen Schichten aber von 53 auf 49 Prozent gesunken. Der Abstand hat sich damit in zehn Jahren um 10 Prozentpunkte vergrössert und liegt nun bei 32 Prozent.

Umgekehrt ist der Wert derjenigen, die finden, dass «zu viel Wirbel» um das Thema Ernährung gemacht wird, zwar auch nur von 48 auf 52 Prozent gestiegen, bei den gesellschaftlich schwächeren Schichten jedoch von 54 auf 66 Prozent überproportional. Auch hier hat sich der Abstand um 10 auf 25 Prozentpunkte vergrössert.

Ähnliche Auseinanderentwicklungen finden sich nahezu bei allen abgefragten Einstellungen zur Ernährung: Ob Regionalität, Saisonalität, der Verzicht auf künstliche Zusatzstoffe, artgerechte Tierhaltung, Bio- und Ökoprodukte, umweltfreundliche Verpackungen oder fairer Handel. Die Einstellung der sozialen Milieus liegt jetzt noch stärker als schon vor zehn Jahren auseinander.

Frauen essen gesünder, Männer essen Fleisch

Der Stellenwert von Ernährung unterscheidet sich auch zwischen den Geschlechtern: Für 72 Prozent der Frauen spielt gute Ernährung eine grosse Rolle, jedoch nur für 58 Prozent der Männer. Frauen achten deutlich mehr auf eine ausgewogene Ernährung. Für beinahe jede zweite Frau (48 Prozent) gehören Obst und Gemüse zur Ernährung einfach dazu. Nur etwa jeder vierte Mann (27 Prozent) sieht das genauso. Männer verfolgen deutlich weniger Ziele mit ihrer Ernährung als Frauen. 18 Prozent gaben an, mit ihrer Ernährung gar keine Ziele zu verfolgen. Dem gegenüber stehen nur halb so viele Frauen (9 Prozent).

Jugendliche essen gerne und spontaner als der Rest der Gesellschaft. Noch mehr als die Gesamtbevölkerung (51 Prozent vs. 34 Prozent) haben 14- bis 19-Jährige keine festen Essenszeiten. Sie orientieren sich stärker an dem, was sie mögen, als an dem, was gesund ist. Das sagen 62 Prozent, bei der Gesamtbevölkerung sind es dagegen 39 Prozent.

Bei der Umsetzung hapert es

Trotz vieler Unterschiedlichkeiten eint die Mehrheit der Menschen in Deutschland der Anspruch, mit der eigenen Ernährung ein konkretes Ziel zu erreichen. Das sagen 90 Prozent der Befragten. Ihre Hauptmotivationen sind Fitness (60 Prozent), Gesundheit (57 Prozent) und das persönliche Wohlbefinden (51 Prozent), dicht gefolgt von Selbstoptimierung (35 Prozent) und dem eigenen Aussehen (24 Prozent).

Dem entgegen steht, dass die Mehrheit der Menschen (85 Prozent) mit ihrem Ernährungsverhalten nicht rundum zufrieden ist. Auch wenn sich Angebot und die Auswahl in zehn Jahren verbessert haben, sind genauso viele Menschen mit ihrer Ernährung unzufrieden wie 2008.

Im Schnitt nehmen die Deutschen an sich vier Ernährungsdefizite wahr: allen voran abendliche Heisshunger-Attacken (33 Prozent), zu wenig Konsum von Obst und Gemüse (31 Prozent), zu fettiges Essen (28 Prozent) oder zu wenig Zeit zum Essen (25 Prozent).

Die Verantwortung dafür sehen die Menschen vorrangig bei sich selbst: Jeder zweite sagt, er möchte auf manche Dinge einfach nicht verzichten, auch wenn er weiss, dass es ihm nicht guttut. Nur 5 Prozent sehen das Ernährungsangebot als zu ungesund.

Das Restaurant als Flucht aus dem Alltag

Steigende Besuche von Restaurants belegen es: immer mehr Menschen essen auswärts. Ein Grund ist die stetig ansteigende Erwerbsquote der Frauen und mit ihr ein neues Rollenverständnis. Zwei von drei Frauen mit Kindern versuchen gerade unter der Woche möglichst wenig Zeit für das Kochen aufzuwenden, 18 Prozent mehr als noch 2008 (47 Prozent).

Stattdessen wird zunehmend im Restaurant gegessen. Zum einen, weil es «weniger Aufwand bedeutet und sie es geniessen, sich um nichts kümmern zu müssen». Das sagen 50 Prozent der Befragten, jedoch 59 Prozent der Frauen. Zum anderen gehen immer mehr Menschen aus sozialen Motiven ins Restaurant: Jeder zweite begründet seinen Restaurantbesuch damit, dass es eine gute Möglichkeit sei, sich mit anderen zu treffen. 42 Prozent sagen, sie gehen auswärts essen, um sich gut und entspannt zu unterhalten.

Wunsch nach Erleichterung und Zeitersparnis

Die Bedürfnisse der Konsumenten sind zuweilen anders als man sie vermutet: Zwar wird viel über Klimaschutz gesprochen. Aber nur 5 Prozent der Menschen in Deutschland würden Insekten als Fleischersatz tatsächlich akzeptieren. Auch die Bereitschaft, Lebensmittel über das Internet zu bestellen, ist nur für sehr wenige attraktiv.

Dagegen würden sich 43 Prozent der Menschen in Deutschland intelligente Verpackungen wünschen, die über den Zustand und die Frische des Lebensmittels Auskunft geben. Küchenroboter, eine automatische Erfassung des Einkaufs an der Kasse oder intelligente Kühlschränke würden noch jeden Fünften erfreuen.

Erstaunlich, dass Innovationen auf dem unmittelbaren Lebensmittelsektor (wie z.B. Nahrungsmittel, die die geistige Leistungsfähigkeit steigern, oder die auf die individuelle genetische Struktur abgestimmt sind) sich nur 15 Prozent bzw. 9 Prozent wünschen. Damit steht der Wunsch nach Erleichterung und Zeitersparnis bei Einkauf und Nahrungszubereitung höher im Kurs als die Weiterentwicklung des Nahrungsmittels an sich.

Chancengleichheit für gute Ernährung

«Die auseinandergehende soziale Schere sehen wir kritisch. Wir wollen alle Ernährungstypen dabei unterstützen, ihre persönlichen Ziele und Ansprüche umzusetzen. Ernährung soll unkompliziert, gesund und mit gutem Gewissen zu geniessen sein», sagt Marc Boersch, Vorstandsvorsitzender von Nestlé Deutschland.

«Wir wollen in Zukunft noch näher an den Bedürfnissen der Menschen sein und sie in ihrem Alltag unterstützen – mit Innovationen, gesunder Convenience, Services und Informationen», so Boersch. Als Beispiel führte er den kürzlich lancierten veganen «Garden Gourmet Incredible Burger» an, der Convenience, Gesundheit und Nachhaltigkeit auf sich vereint.

Bild: Nestlé Deutschland AG


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