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12.11.2019

«Grosis Rezepte funktionieren noch immer»

Interview mit Beizenführer-Autor Martin Jenni

Ende Oktober ist die neue Ausgabe von Martin Jennis Beizenführer «Aufgegabelt» erschienen. Im Interview sagt der Autor, was er an der Schweizer Gastronomie liebt – und woran sie zu beissen hat.

Martin Jenni, was hat Ihr Buch anderen Restaurantführern voraus?

Martin Jenni: Ich kenne keinen anderen Guide, der 641 Adressen zum Einkehren, Einkaufen und Einschlafen für die ganze Schweiz bietet. Hinzu kommen Empfehlungen in den angrenzenden Nachbarländern.

Was treibt Sie an bei der aufwendigen Arbeit für «Aufgegabelt»?

Die Freude an der Sache, am Genuss und an Gastgebern, die Originale sind. Persönlichkeiten, die sagen, was bei ihnen Sache ist, beseelte Orte für kulinarische und geistige Nahrung.

In den Medien ist viel von berühmten Köchen zu lesen und wenig von guten Beizen um die Ecke. Wie könnte man das ändern?

Der Wandel hat bereits begonnen. Der «Guide Michelin» verleiht seit einigen Jahren das Bib-Gourmand-Gütesiegel an Restaurants, die ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Der «GaultMillau» pusht auf seinem Online-Channel neben Pop-ups auch Traditionslokale. In der gedruckten Ausgabe erscheinen vermehrt Lokale, die vor einigen Jahren noch nicht ins Beuteschema gepasst hätten.

«Früher war alles besser», sagen viele. Stimmt das?

Ich befasse mich seit 55 Jahren mit Beizen. Als fünfjähriger Knirps musste ich mit den Eltern noch auswärts essen, seit Jahrzehnten darf ich. Neu sind der stetige Wandel sowie zahlreiche kulinarische Konzepte und Trends, die zum Teil krampfhaft umgesetzt werden und dann nicht funktionieren. Früher war mancher Wirt 30 bis 40 Jahre Gastgeber, heute ist der Wechsel rasant. Das hat auch mit den gestiegenen Kosten, dem Personalmangel und ausufernden amtlichen Vorschriften zu tun.

Mehr sein wollen und dabei das Wesentliche aus den Augen verlieren – ist das ein häufiges Problem?

Wesentlich sind für mich Kompetenz und Herzlichkeit, saisonale Küche und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung. So bleibt kein Platz für Experimente, Poulet aus Brasilien oder Schwein aus Massentierhaltung.

Was braucht eine Beiz, um in Ihren Restaurantführer aufgenommen zu werden?

Sie muss authentisch sein.

Welche wichtigen Punkte vergessen Wirte oft?

Dass Sie Ihr Selbstbewusstsein stärken und ihren Gästen auf Augenhöhe begegnen. Erfolgreiche Wirte wissen um ihre Vorzüge und die ihres Angebots. Die Qualität der Produkte ist ein weiterer wichtiger Punkt. Wer Mist einkauft, serviert zwangsläufig auch Mist. Ein Profi geht zudem nicht auf jede Laune der Gäste ein und darf auch nicht bereit sein, eine zu hohe Pacht zu zahlen. Wer nicht rechnen kann, hat von Anfang an verloren. Eine Beiz erfolgreich zu führen, ist heute eine Herkulesaufgabe.

Wie steht es insgesamt um die bodenständige Küche?

Grosis Rezepte funktionieren im 21. Jahrhundert perfekt. Sie müssen zum Teil einfach eine Spur leichter oder frecher interpretiert werden. Das haben zahlreiche Gastronomen erkannt. Ich denke da an den Gamper im Zürcher Kreis 4, an die Ziegelhütte in Zürich-Schwamendingen oder an die Morgensonne in Wilen bei Neunforn. Aber schmökern Sie doch einfach in «Aufgegabelt», da sind zahlreiche Beizen versammelt, die eine grundehrliche, traditionelle, aber nie langweilige Küche anbieten. Wie Tanja Büessers Schäfli in Uznach, die «Aufgegabelt»-Beiz des Jahres 2020.

Wie sollte die Speisekarte einer Beiz aufgebaut sein?

Ich freue mich über Lokale, die neben einem fixen Menü drei Vor-, drei Haupt- und drei Nachspeisen anbieten. Dazu vielleicht noch drei saisonale Ergänzungen. Die Klassiker bleiben eine Woche auf der Karte, das Menü wechselt täglich. Dieses Modell bietet Stammgästen Abwechslung und lädt die Küche ein, täglich frisch einzukaufen. Oft gebe ich als Allesesser dem Koch eine Carte blanche. So kam ich auch schon in den Genuss eines halben Schafskopf, der schön angerichtet in einer Kupferpfanne serviert wurde.

Wie sollen Wirte auf die ständig wachsenden Anforderungen von vegan bis glutenfrei reagieren?

Sie sollen sich selbst bleiben und nicht auf jede Forderung eingehen. Nicht alle Beizen müssen für alle Gäste da sein.

Was ist mehr gefährdet: die Beiz auf dem Land oder die klassische Quartierbeiz in der Stadt?

Werden die Alkoholrichtlinien noch rigoroser, wird es eng für diverse Land­beizen, die abseits der öffentlichen Verkehrsmittel liegen und keine Zimmer zum Übernachten anbieten können. Für Betriebe in den Städten sieht es besser aus. In Basel war das Klybeck-Quartier noch vor 20 Jahren eine kulinarische Einöde. Heute befinden sich dort gleich mehrere attraktive und gut frequentierte Beizen.

Die Ehrungen im neuen «Aufgegabelt»
Beiz 2020: Restaurant Schäfli in Uznach SG
Newcomer 2020: Wirtschaft zur Morgensonne in Wilen bei Neunform TG
Alter Hase 2020: Restaurant Alte Post in Aeugstertal ZH
Schräger Vogel 2020: Chez Le Baron in Epauvillers JU
Unter einem Dach 2020: Gasthaus Rössli in Mogelsberg SG
Einkaufskorb 2020: Dorfladen Studinger in Biel-Benken BL
Spezialpreis MOB 2020: Café de Luan in Corbeyrier VD

Wo gehen Sie hin für…

... Metzgete?

Zu Roland Wetter ins Wartegg nach Tegerfelden AG, zur Familie Basler-Zimmerli in den Barmelhof oberhalb von Erlinsbach SO, zu Julia Pfäffli in den Löwen nach Bangerten BE oder zu Philippe Jobin ins Restaurant Clairbief bei Soubey JU.

... Bündner Gerstensuppe?
Zu Claudia Kläger ins Gasthaus Avrona oberhalb von Tarasp GR und zu Gabriella Cecchellero in die Ustria Steila nach Siat GR.

... gemischten Salat?
Im Normalfall esse ich keinen gemischten Salat in einem Restaurant. Für einen lauwarmen Ochsenmaulsalat besuche ich Alex Rufibach im Restaurant zum Brunnen in Fraubrunnen BE. Für den besten Speck-Käse-Salat, den ich kenne, gehe ich zu Christophe Martin in den Blauen Engel nach Rüfenach AG.

... Schnitzel?
Zu Werner Tobler in den Bacchus nach Hildisrieden LU.

... Kalbskopf?
Zu Arno Abächerli in die Auberge de la Croix Blanche nach Villarepos FR und zu Béatrice Babey in die Auberge du Jura nach St-Ursanne JU.

... ein Glas Wein?
Ins Flore zu Miron Landreau nach Basel oder zu Linda Flury ins Vini nach Solothurn.

Alexander Kühn / GastroJournal

Bild: AT Verlag


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