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15.11.2020

Das Corona-Wunder von Madrid

Zahlen sinken trotz «Highlife»

Der Retiro und andere Parks sind dieser Tage in Madrid voller Freizeitsportler und Spaziergänger. Will man die milde Herbstsonne lieber sitzend bei einem Bierchen oder dem beliebten Erdmandelmilch-Getränk Horchata geniessen, muss man oft länger nach einem freien Terrassen-Tisch suchen.

sda dpa. Während in vielen anderen Städten Spaniens und Europas neben Gastronomiebetrieben auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen teils völlig dicht sind, darf man in der spanischen Hauptstadt bis Mitternacht in Bars und Restaurants sitzen. Das Überraschende dabei: Trotz des relativ ausgelassenen Treibens gehen im einstigen Corona-Epizentrum die Infektionszahlen und andere wichtige Indikatoren seit Wochen zum Teil rapide nach unten.

Ende September, als die Corona-Lage anderswo noch relativ entspannt war, hatte die Region Madrid mit 813 Infektionen pro 100’000 Einwohnern binnen 14 Tagen noch die bei weitem schlechtesten Werte Westeuropas. Diese sogenannte 14-Tage-Inzidenz betrug zuletzt nur noch 328. Die Zahl der Fälle je 100’000 Einwohner binnen sieben Tagen fiel allein von Mittwoch auf Donnerstag von 161 auf 152.

In Spanien haben von den insgesamt 17 sogenannten Autonomen Gemeinschaften nur die Insel-Regionen (die Kanaren und die Balearen), sowie Galicien und Valencia bessere Werte. Eine derart schnelle Verbesserung der Lage wie in Madrid wird aber nirgendwo registriert. Und selbst mehrere deutsche Bundesländer hatten nach Angaben des Robert Koch-Instituts zuletzt deutlich schlechtere 7-Tage-Werte, darunter Berlin (190.8), Bayern (180.7) und Bremen (173.8). Für ganz Deutschland betrug diese Inzidenz 140.4.

Die Zeitung «El Mundo» und andere spanische Medien sprechen inzwischen wegen der langanhaltenden Tendenz vom Madrider «Milagro», vom «Wunder von Madrid». Experten rätseln und wagen es nicht, konkrete Erklärungen zu liefern. Was macht Madrid richtig? «Das ist die Millionenfrage», sagt der Epidemiologe José Jonay Ojeda gegenüber «El Mundo». Es sei noch zu früh, um Schlüsse zu ziehen. Ojeda stimmt mit vielen Kollegen aber darin überein, dass es einen Hauptgrund für den Erfolg geben könnte: Antigentests.

Madrid kaufte Ende September fünf Millionen dieser Tests. In Problemvierteln wurden Test-Offensiven gestartet. «Das war eine richtige Entscheidung. Damit kann man ansteckende Fälle einfacher, billiger und schneller diagnostizieren. Man kann Infizierte also auch früher isolieren», erklärt Miguel Ángel Royo, Sprecher des spanischen Epidemiologenverbandes. Die Antigen- sind zwar weniger sensitiv als die PCR-Tests. «Aber nur sehr wenige positive Fälle werden nicht entdeckt», sagt Ojeda.

Andere spanische Regionen, die trotz strengerer Einschränkungen des Virus einfach nicht Herr werden, schauen nach Madrid mit einer Mischung aus Neid und Skepsis. Zweifel gibt es vor allem in Katalonien mit der Touristenmetropole Barcelona, die seit jeher in allen Bereichen (vom Fussball bis zur Wirtschaft) eine grosse Rivalität mit Madrid pflegt. «Wir stellen den Optimismus in Madrid in Frage. Es ist klar, dass es dort einen Informations-Blackout gibt», sagte etwa der regionale Gesundheitsminister Marc Ramentol.

Wegen der anhaltend schlechten Zahlen bleiben derweil in Katalonien alle Restaurants, Bars, Kinos und Theater bis zum 23. November geschlossen. Die seit dem 16. Oktober geltende Anweisung wurde am Freitag um zehn Tage verlängert. Aufrechterhalten werden zudem auch die Abriegelung der Region, die Absperrungen aller Gemeinden an den Wochenenden sowie die nächtliche Ausgangssperre. Auch in anderen Regionen Spaniens gelten ähnlich strenge Einschränkungen.

Aber stimmt der Vorwurf von Ramentol? Werden die Zahlen von der konservativen Regionalregierung Madrids etwa geschönt? Einige Experten schliessen zwar nicht aus, dass es hier und da Probleme und Verzögerungen bei der Erfassung der Fälle geben kann – nicht nur in Madrid. Aber sie betonen, die Lage in den Krankenhäusern etwa könne man nicht schönreden. Und auch da sieht es immer besser aus.

«Die niedrigeren Zahlen bei den Aufnahmen von Covid-19-Kranken sind eine Realität», sagt Saúl Ares, Biotechnologie-Chef im Obersten Rat für Wissenschaftliche Forschung (CSIC). In der Tat: Anfang Oktober lag die Zahl der Aufnahmen in Madrid bei deutlich über 2500 pro Tag, am Donnerstag wurden nur noch 238 (bei 316 Entlassungen) gemeldet.

Was macht Madrid anders als andere Regionen? Der Hauptunterschied: Man verzichtet auf die Absperrung der gesamten Region oder ganzer Städte und Gemeinden und riegelt nur kleinere Bezirke ab, die hohe Zahlen haben. Diese Gebiete darf man nur mit triftigem Grund verlassen oder betreten. Die Sperrstunde wird dort auf 22 Uhr vorverlegt, Parks und Spielplätze werden geschlossen. Das reicht offenbar: Am Freitag wurden 10 der insgesamt 32 betroffenen Gebiete wieder «entriegelt», weil die Infektionszahlen dort in 14 Tagen halbiert wurden.

Medien und Experten sind zudem davon überzeugt, dass die Madrilenen aufgrund des grossen Schrecks vorsichtiger geworden sind. «Ja, das stimmt. Auch in unserer Familie wird noch mehr versucht, fast immer Maske zu tragen und Abstand zu wahren. Aber Freude muss auch sein», sagen Rentner Carlos (75) und Gattin Lurdes (77) bei einem Gläschen Rotwein auf der Terrasse des Traditionscafés «Gijón» unisono.

Das «Wunder» freut alle Madrileños, ganz besonders aber eine Frau: Isabel Díaz Ayuso. Die Regionalpräsidentin war monatelang von der Zentralregierung, von Medien und Kollegen anderer Regionen wegen ihrer Corona-Politik scharf kritisiert worden. Ihr wurde Hilf- und Tatenlosigkeit vorgeworfen. Für viele Medien war sie bereits «politisch tot». Nun gilt die Journalistin plötzlich als neuer Star und als Hoffnungsträgerin der konservativen Volkspartei (PP).

Sie habe «Eier, besser Eierstöcke», schrieb Kolumnistin Emilia Landeluca in «El Mundo». Und TV-Starmoderator Pablo Motos rief Donnerstagabend vor einem Millionenpublikum: «Gut, dass wir sie haben in Madrid!»

Emilio Rappold / dpa

Bild: esmadrid.com


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