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14.12.2020

Ein Jahr des Schreckens

Weshalb es Lichtblicke gibt – und wo noch Stolpersteine liegen

Maurus Ebneter
Maurus Ebneter

Liebe Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen

2020 ist für das Basler Gastgewerbe ein Jahr des Schreckens, und die Krise liegt noch lange nicht hinter uns. Dennoch bin ich zuversichtlicher als noch vor kurzem, dass viele von uns sie bewältigen werden. Gerne möchte ich Sie mit meinen persönlichen Gedanken ermutigen.

Wie es stockfinster wurde

1. Im Frühling rollte die Corona-Krise wie ein Tsunami über uns hinweg. Reserven und Puffer bei den Zahlungsfristen schwanden rapide. Letztlich waren es gewisse Versicherungsleistungen sowie staatliche Hilfen wie die Kurzarbeit, der Corona-Erwerbsersatz und Mietzinshilfen, die uns überleben liessen.

2. Mitte Oktober zeigten die die Sperrstunde um 23 Uhr, die Vier-Personen-Regel und die Sitzpflicht, dass der Winter sehr schwierig werden würde. Der vierwöchige basel-städtische Lockdown – zum zweiten Mal traf es uns in einer Hauptsaison – und der neueste Beschluss des Bundesrats, bis tief in den Januar hinein eine Corona-Sperrstunde um 19 Uhr zu verhängen, bestätigten dies.

3. Nach unseren Berechnungen verliert das Basler Hotel- und Gastgewerbe über das ganze Jahr 2020 hinweg fast 400 Millionen Franken Umsatz. Da variable Kosten nicht anfallen und einzelne Fixkosten gesenkt werden konnten und weil staatliche Mittel und Versicherungsleistungen flossen, beläuft sich der Nettoschaden (vor Ausschüttung nicht rückzahlbarer Beiträge aus dem angelaufenen Unterstützungsprogramm) auf rund 150 Millionen Franken! In den nächsten Monaten wird die Schadensumme noch stark anwachsen.

Weshalb es Lichtschimmer gibt

1. Die Behörden scheinen den Ernst der Lage zu erkennen. Es bestehen gute Chancen, ein Desaster in letzter Minute abzuwenden. Der Bundesrat will das Härtefallprogramm zur Unterstützung von Unternehmen um 1.5 Milliarden auf insgesamt 2.5 Milliarden Franken aufstocken und eine Speziallösung für das Gastgewerbe prüfen. Damit würdigt der Bundesrat die Bedeutung der Branche für das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Leben in unserem Land.

2. Es wird zu einer massiven Aufstockung des «Bundestopfes» kommen. Das Zusammenspiel zwischen Kantons- und Bundesgeldern ist reichlich kompliziert, weshalb ich Erläuterungen hier unterlasse. Nur so viel: Nebst den insgesamt gut 43 Millionen Franken (wovon rund 34 Millionen für das Gastgewerbe), die schon mehr oder weniger feststanden, kommen für Basel in einer ersten Phase gut 30 Millionen Franken dazu. Insgesamt verfügt der Kanton dann über rund 74 Millionen Franken; davon werden rund 59 Millionen Franken für das Gastgewerbe reserviert sein.

3. Diese Zahl beinhaltet noch nicht einen (sehr wahrscheinlichen) Anteil an der zweiten zusätzlichen «Bundestranche» in der Höhe von 750 Millionen Franken. Letztere soll gezielt in Kantonen eingesetzt werden, die besonders stark betroffen sind. Wer würde bezweifeln, dass Basel-Stadt ein solcher Kanton ist? Noch ist praktisch nichts über die Kriterien und Verteilmechanismen dieser zweiten Tranche bekannt, doch gehen wir davon aus, dass Basel-Stadt Anrecht auf einen mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbetrag haben wird. Davon werden wohl rund vier Fünftel für das Gastgewerbe zur Verfügung stehen.

4. Der Kanton Basel-Stadt hat in Rekordtempo einen Apparat auf die Beine gestellt, um Unterstützungsgesuche entgegenzunehmen und zu prüfen sowie Gelder rasch auszuzahlen.

5. Gemeinsam mit dem Basler Hotelier-Verein haben wir eine umfangreiche und sorgfältig begründete Eingabe an die Gesamtregierung gemacht, in der wir den bisherigen Schaden des Basler Gastgewerbes detailliert aufzeigen und konkrete Ersuchen stellen. Wir sind zuversichtlich, dass die Kantonsregierung und die Verwaltung auch den zweiten akuten Teil dieser Krise gut organisieren.

6. Eine Motion von Beat Leuthardt und Konsorten fordert ein zweites Dreidrittel-Rettungspaket für Geschäftsmietende.

7. Es stehen zahlreiche Vorstösse bevor, die darauf abzielen, weitere Hilfen zu ermöglichen. So werden Verbesserungen bei der Kurzarbeit angestrebt (z.B. Übernahme der Arbeitgeberbeiträge und Ferien/Feiertage, Ausbau für die ersten 4000 Franken jeden Lohnes auf 100%). Beim Covid-19-Gesetz dürften sich noch wichtige Verbesserungen ergeben: So soll der Bundesrat eine Art Carte Blanche («Kompetenzdelegation») erhalten, um flexibler auf die Bedürfnisse der Kantone und Branchen eingehen zu können.

8. Unser Dachverband GastroSuisse, sämtliche 26 Kantonalsektionen und zahlreiche befreundete Organisationen engagieren sich auf allen Ebenen zu ganz vielen Anliegen, die eine Gemeinsamkeit haben: den Betrieben zu helfen!

9. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die «Gesundheitskrise» im Frühling einigermassen bewältigt ist. Auch wenn es Rückschläge geben wird, so stehen doch Impfstoffe und bessere Behandlungsmethoden zur Verfügung. Eine gewisse Durchseuchung wird zudem die Ausbreitung der Viren stark abbremsen. Wärmeres Wetter wird ebenfalls dazu beitragen.

10. Das Gastgewerbe ist erstaunlich widerstandsfähig: Gastronomen und Hoteliers verfügen über ungeheuren Einsatzwillen, eine riesige Leidenschaft, eine enorme Flexibilität und Kreativität. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigen Verständnis und leisten Übermenschliches, obwohl sie wegen Kurzarbeit, Arbeitsplatzunsicherheit und geringeren Trinkgeldern unten durchmüssen. Auch dank ihnen werden wir es schaffen!

11. Die Konsumentinnen und Konsumenten haben gemerkt, wie sehr sie Restaurants, Cafés, Kneipen, Bars, Pubs und Clubs brauchen. Viele Menschen haben bewusst wahrgenommen, wie sehr sie ihre Lieblingslokale mögen und schätzen. Der Wille zum Zusammensein steckt eben in unseren Genen. Hier wird es grossen Nachholbedarf geben!

Welche Stolpersteine noch vor uns liegen

1. Wir wissen nicht, wie lange die starken Einschränkungen unserer Geschäftstätigkeiten noch andauern. Nach wie vor ist auch ein nationaler Lockdown nicht vom Tisch.

2. Die Eidgenössischen Räte müssen die Unterstützungspläne des Bundesrats noch absegnen. Auch sind die oben genannten Vorstösse noch nicht im Trockenen.

3. Es ist schwer zu hoffen, dass es für die Kantone mehr Freiheiten gibt als bisher vorgesehen. Vor allem muss die starre Schwelle von 40 Prozent Umsatzeinbusse weg. Nur so werden die Kantone die Gelder klug verteilen können.

4. Um Zeit zu gewinnen, braucht es zudem Vorfinanzierungen der Bundeshilfen durch die Kantone und ergänzend dazu Solidarbürgschaften für Überbrückungskredite. Nur wenn jetzt alle gut arbeiten, lässt sich die dramatische Situation noch rechtzeitig entspannen.

5. Ob das Geld reichen wird, um genügend Betriebe in den Frühling und Sommer zu retten, hängt von vielen Faktoren ab, die wir lokal oder national kaum beeinflussen können. Zahlreiche Gespräche führten uns zur Erkenntnis, dass auf kantonaler Ebene der parlamentarische Weg momentan unseriös wäre, weil die genaue Höhe der verfügbaren Mittel noch nicht feststeht. Wir stehen aber Gewehr bei Fuss.

6. Es ist recht aufwendig, die Gesuche um Unterstützung zu stellen. Zudem gibt es wohl recht viele Betriebe, die nicht alle Kriterien kumulativ erfüllen. Allerdings gibt es im Fachgremium eine Toleranz, sofern eine vertiefte Prüfung des Einzelfalls ergibt, dass es sich über alles gesehen vor der Krise um ein überlebensfähiges Unternehmen handelte.

7. Entscheidend ist nicht nur die Höhe der Unterstützungsgelder, sondern auch das Tempo der Auszahlung. Die Kantone müssen hier unbedingt vorfinanzieren, die Gelder also auszahlen, bevor die «Bundestranchen» freigegeben werden.

8. Bis es zu einer vollständigen Normalisierung des Lebens und des Geschäftsgangs kommt, wird es lange dauern. Es könnte eintreten, dass zwar viele dank staatlicher Unterstützung (verletzt) überleben, danach aber im Alltag scheitern. Der Geschäftsreiseverkehr dürfte sich nur auf 90 Prozent des früheren Niveaus erholen, da Videokonferenzen physische Treffen teilweise ersetzen. Home-Office wird sich auf einem gewissen Stand etablieren und das Tagesgeschäft in den städtischen Zentren schwächen. Der Messe- und Kongressstandort Basel steckt weiterhin in ernsthaften Schwierigkeiten.

Was Sie jetzt unbedingt tun sollten

1. Wichtig: Stellen Sie auf hilfe-hgt.bs.ch rasch und sorgfältig ein Gesuch um Unterstützung, auch wenn Sie nicht alle verlangten Kriterien kumulativ erfüllen. Nehmen sie dazu nötigenfalls die Hilfe Ihres Treuhänders in Anspruch.

2. Nutzen Sie die Möglichkeiten der Kurzarbeit und der Corona-Erwerbsersatzentschädigungen. In Einzelfällen kommen vielleicht auch Covid-Kulturgelder in Frage.

3. Selbstredend müssen Sie in Ihrem Betrieb die Hausaufgaben erledigen und insbesondere die Liquidität bestmöglich sichern. Entscheidend werden in vielen Fällen die Verhandlungen mit den Vermietern sein.

4. Darüber hinaus sollten Sie sich bereits jetzt mit der Zeit nach Corona beschäftigen.

Gedanken zum Schluss

1. Es ist noch nicht lange her, da glaubten wir, der Kostendruck, der Fachkräftemangel und neue Konsumgewohnheiten seien unsere grössten Herausforderungen. Heute stellen sich weit existenziellere Fragen. Es ist ein Schrecken, aber er wird ein Ende haben, wenn der Bund und die Kantone nun entschieden handeln.

2. Das Abhol-, Mitnahme- und Liefergeschäft hätte auch ohne Corona an Bedeutung gewonnen, einfach nicht so schnell. Für viele Betriebe wird es sich lohnen, sich mit neuen Absatzkanälen zu beschäftigen.

3. Wir müssen unsere Produktivität steigern. In einem Hochlohnland wie der Schweiz lohnen sich Investitionen in die Digitalisierung und Automatisierung sehr rasch. Die ganze Dienstleistungskette verändert sich, und doch werden die Menschen in unserem Gewerbe nicht zu ersetzen sein: Es braucht nicht nur High-Tech, sondern auch weiterhin den Human-Touch.

4. Die Servicequalität, die Convenience für den Gast, die Hygienestandards und die Preiswürdigkeit werden matchentscheidend bleiben. Gleichzeitig fordern die Gäste Konzepte, die Geschichten erzählen und für Werte einstehen. Die Ökologie, das Tierwohl, die Herkunft und Qualität der Produkte werden wieder in den Fokus rücken, wenn die Dauerbeschäftigung mit Corona abklingt.

5. Leider bedingt all das Investitionen, für die das Geld fast überall fehlt. Die Krise hat aber gezeigt, wie zäh und unverwüstlich viele Gastronomen sind. Für diejenigen, die jetzt durchhalten, tun sich schon bald viele neue Chancen auf!

6. Wenn wir uns auf unsere Stärken besinnen, offen, lebensbejahend und innovativ sind, wird das Gastgewerbe wieder zu dem werden, was es schon immer war: zu einem Ort des Geniessens, des Austauschs und der Geselligkeit, zu einem Jobmotor, zum Imageträger für unser Land, zur Leitbranche eines starken Tourismus, zum Kulturgut.

7. Wir befinden uns in einer todernsten Lage. Das soll uns aber nicht daran hindern, allen Unterstützern Danke zu sagen: Denken Sie an Ihre Familie, Freunde und Bekannte, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Gäste und Lieferanten. Auch an die Behörden. Ohne sie alle hätten wir schon lange aufgegeben.

Auch ich will danken: Ihnen und allen anderen, die den Karren aus dem Dreck ziehen! Ganz besonders nennen möchte ich unseren Vorstand und die Geschäftsstelle, unseren Dachverband GastroSuisse mit Casimir Platzer an der Spitze sowie den Basler Hotelier-Verein und dessen Präsidenten Raphael Wyniger. Wir haben in den letzten Monaten hervorragend zusammengearbeitet – und werden das bestimmt weiterhin tun.

Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich Kraft und Zuversicht, viel Glück, Gesundheit und Erfolg. Einen frohen Advent!

Maurus Ebneter
Präsident Wirteverband Basel-Stadt


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