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02.05.2003
Wer erfand den Salm nach Basler Art?
Die Geschichte des Lachses in Basel
Lachs à la bâloise hat sich wie kein anderes Gericht in unserem Bewusstsein erhalten. Der alte Rheinsalm ist zwar ausgestorben – es bleibt uns noch mit nordischen Salmen, diese Spezialität zuzubereiten.
Ob der Lachs nun gedämpft, gebraten, oder gekocht wird - alle drei Varianten wurden angewendet - das Entscheidende ist die Zwiebelschwitze. Die Zwiebeln werden éminiciert, in Butter goldgeld geröstet und über den Lachs gegeben.
Wird der Fisch gebraten, kann man die Rückstände mit Weisswein ablöschen, mit Bratenjus etwas verlängern und einkochen. Mit etwas Zitronensaft wird die Sauce über den Lachs gegeben.
"Glaser & Sohn" haben 1883 anlässlich der ersten Schweizerischen Kochkunstausstellung in Zürich ein Büchlein mit Fischrezepten heraus gegeben. Als Lachs à la Glaser findet sich darin ein Rezept, das gleichlautend ist mit Lachs à la bâloise. Bereits 1882 führte die Gartnerzunft das Gericht auf ihrem Menu, 1884 bot die Schlüsselzunft "Saumon du Rhin" an und 1889 wurde der Fisch erstmals vor den Fleischgerichten aufgetragen: Die französische Küche übte ihren Einfluss aus!
Der Lachs in der Stadtgeschichte
Wohl keiner unserer Schweizer Fische hat in der Geschichte einer Stadt eine derart bedeutende Rolle gespielt wie der Salm in der Vergangenheit Basels. Die Salmfischerei im Rhein geht zurück bis zur Römerherrschaft. Mit grossem Geschick und mit Leidenschaft wurde die Salmfischerei betrieben und viele Fangarten stammen noch aus jener Zeit.
Da der Salm nur selten an eine Angel geht, weil er im Süsswasser keine Nahrung zu sich nimmt, hat man viele Fangarten angewendet: Stuhlfischerei, Fischfang mit Salmwogen, Reussen, Netzen und Gehren. Die Fischerei war frei. Erst 1354 haben die Fischerzünfte das alleinige Fischereirecht erworben. Um die vielen Streitigkeiten zu schlichten, wurde ein Vogt und ein Mayengericht eingesetzt.
Die Basler Fischereirechte gingen von der Kapelle Rheinweiler bis nach Augst. Der Fischmarkt war im Mittelalter besonders lebhaft und der Salm war trotz grosser Fänge meist sehr teuer. Die sanitarischen Vorschriften wurden streng gehandhabt und der Zwischenhandel möglichst unterdrückt.
Einige Daten aus der Geschichte
454 bis 521
Der Geschichtsschreiber Cassiodorus bezeugt, dass der Ostgotenkönig Theoderich für seinen Hof in Ravenna Rheinlachse kommen liess.
1180 bis 1190
Älteste Basler Speiseordnung des Bischofs Heinrich I. von Horburg. Der Domprobst ist verpflichtet, dem Domherrn folgende Gerichte als Fastenspeise aufzutischen: Lachs mit Salz, Balchen in Öl, gesottene Salme mit Lauch, Forellen in Essig, Hecht und andere grössere Fische aus dem Rhein, Seehechte mit Pfeffer, Albeln mit Semmeln im Öl gesotten.
1333
In der Chronik wird erstmals "Fischwog" erwähnt.
1354
Die Fischerei ist noch frei, jedoch beginnen die Fischer und Schiffersleute sich zu organisieren. Der Zunftbrief bestimmt, nicht verkauften Salmen den Schwanz abzuschlagen.
1473
Ein Salm kostet gleich viel wie 15 Säcke Roggen. Dennoch leistet sich das Generalkapitel der Dominikaner, das zu jener Zeit in Basel tagt, einen Salm zu ihrem Mahle. Als erste Fischerzunft wird die Zunft zum Kreuz im St. Johann genannt. Im 15. Jahrhundert entsteht die Zunft der Hümpeler.
1517
Gründung der Zunft zur Mägd.
1520
Wer mit Kugeln oder geerzt fischt, dem werden die Augen ausgestochen.
1521
Laut einer Vorschrift müssen grössere Fische gewogen werden, was allerdings später wieder abgeschafft wird. Auch die Preisvorschriften werden streng gehandhabt.
1736
Infolge von Streitigkeiten und Überfällen zwischen Neudörfler und den Kleinhüninger Fischern entsteht der Lachsfangstreit mit Frankreich. Die Basler im Elsass werden in der Zitadelle zu Strassburg eingesperrt. Basel ersucht die Tagsatzung um Intervention. Die Eidgenossenschaft ist wegen eigener Uneinigkeiten nicht im Stande, sich für Basel einsetzen zu können. Basel hat aber alles Interesse, diesen Konflikt baldigst zu beenden, ist doch das Elsass die Lebensmittelkammer für die Stadt. So entschliesst sich der Rat, den Obervogt Ratsherrn Frey und Chevalier Schaub nach Paris zu beordern. Nach Verhandlungen mit Staatsminister Kardinal Fleury können wieder normale Verhältnisse herbei geführt werden.
1810
Napoleon hebt viele Rechte der Fischer in den Altwässern von Hüningen auf.
1840
An der Birsmündung werden 100'000 Nasen gefangen.
1879
Mayenbriefe und Mayengericht werden aufgehoben. Der letzte Vogt muss vom Staate erhalten werden. Laut internationalen Konkordaten zur Lachsfischerei sind die Schweiz, Deutschland und die Niederlande im Stromgebiet des Rheins verpflichtet, die Schonzeit des Salmes während der Zeit vom 1. November bis zum 10. Januar einzuhalten.
Was ist der Unterschied zwischen Salm und Lachs?
Es gibt die weit verbreitete Meinung, dass der Fisch im Süsswasser "Lachs" und im Salzwasser "Salm" heisst. Ganz so einfach liegt die Sache aber nicht.
Im deutschen Sprachraum werden beide Bezeichnungen verwendet. Zschoke nennt den Fisch in seiner Publikation "Die Wanderung des Lachs" aus dem Jahre 1893 von Frühjahr bis September Salm, ab Ende August bis nach Neujahr Lachs. Daniel Bruckner (1707 bis 1776) berichtet: "Solange der Tag zunimmt: Salm. Solange der Tag abnimmt: Lachs".
In "Ein köstlich neu Kochbuch" von Anna Wecker (1598) wird Salm verwendet, im "Salzburgischen Kochbuch" (1701) von Hagger Lachs und Salm. Das "Portefeuille der Kochkunst und Ökonomie" (Danzig 1785) und das "Wienerisch bewährten Kochbuch" (1801) gebrauchen Lachs, das "Oberrheinische Kochbuch" (Basel 1892) hingegen Salm. Escoffier wiederum verwendet in der deutschen Ausgabe seines "Kochkunst-Führers" (1904) beide Begriffe.
Gibt es im Rhein noch Lachse?
Der Lachs hat in Basel Geschichte gemacht. Er wurde über Jahrhunderte in grossen Mengen gefangen. Die letzten Lachse, die nach dem Krieg noch gefangen wurden, musste man wässern, sonst hätte man sie nicht mehr verspeisen können.
Die Lachsfischereien in Holland konnten früher gewaltige Fänge verzeichnen, heute sind sie eingegangen. Immer weniger Lachse kamen auch in unsere Gewässer. Mit dem Aufkommen der Industrie wurde die Wasserkraft stärker genutzt. Es enstanden Gewässerverbauungen, Kanäle, Wehren, welche den Lachszug behinderten, obwohl man bereits früh Brutanstalten betreute und Fischsteige nach englischem Muster baute. Immer weniger Fische konnten zu den kleineren Flüssen gelangen, wo sie ihre Fortpflanzung besorgten. Der Rückgang vollzog sich ganz gemächlich, bis zur totalen Ausrottung des "Rheinsalms".
In Escoffiers "Kochkunst-Führer" (deutsche Erstausgabe 1904) findet sich ein Inserat von Comestibles Christen aus Basel: "Rheinsalme aus eigener grösster Fischerei am Oberrhein". In der Ausgabe von 1914 liest man noch dasselbe Inserat.
Seitdem das Kembser Elektrizitätswerk unterhalb von Basel gebaut wurde, erreichten nur noch wenige Exemplare die Schweiz. Nach der Sprengung des Werkes im Jahre 1940 blieben die Lachse fast vollständig aus. In der Salmenwog in Rheinfelden konnten 1939 gerade noch siebzehn Salme gefangen werden, seither aber keine mehr. Den Fischausfall, der durch den Bau des Kembserwerkes entstand, schätzte man damals auf 200'000 Franken.
Laufenburg war früher wegen seiner Stromschnelle für den Lachsfang besonders geeignet. Der Rhein wurde dort bis auf achtzehn Meter zusammen gepresst. Die Fische versuchten unermüdlich über die Stromschnelle zu gelangen. Die ermüdeten Fische wurden dann eine leichte Beute der Fischer. Bevor gesprengt wurde, konnten an guten Tagen bis zu hundert Lachse gefangen werden. Die Lachsfänge im schweizerischen Teil des Rheins beliefen sich laut Friedrich Glaser (Inhaber eines Comestible-Geschäfts in Basel) 1878 auf 4565 Stück und im darauf folgenden Jahr auf 1934 Stück. Das Durchschnittsgewicht betrug acht Kilogramm.
Der Rheinsalm war eine eigene Unterart und ist ausgestorben. Seit 1990 gibt es verschiedene Bemühungen, Lachse wieder im Rhein und seinen Nebenflüssen heimisch zu machen. Dies ist bisher trotz Teilerfolgen (300 bis 600 Rückkehrer) nicht wirklich gelungen. Dies ist erst der Fall, wenn der Lachs sich natürlich vermehrt und seinen Bestand selbst erhält.
Viele Restaurants in der Deutschschweiz erinnern mit ihrem Namen daran, dass der Lachs früher eine grosse Rolle spielte: Es gibt Salmen, Salmeck und Salmenstübli in fünfzehn verschiedenen Ortschaften. Es bleibt zu hoffen, dass der Namensgeber wieder zurück kehrt!
Wie kamen die Lachse überhaupt nach Basel?
Im April und Mai verlässt der Salm die nördlichen Gewässer der Ost- und Nordsee und des Meeres bis Grönland., wo er sich den Winter über aufgehalten hat. Seine Wanderung geht nun in die Flüsse, bowei früher speziell der Rhein mit einem starken Salmzug bedacht war. Nach Bloch's "Naturgeschichte der Fische" (Berlin, 1783) benötigten die Fische von der Rheinmündung bis nach Basel 55 bis 60 Tage, was immerhin einer Tagesleistung von 12 bis 15 Kilometer bedeutete. Die ersten Exemplare trafen im Mai bei uns ein. Der Hauptteil aber erreichte im Juni und Juli die Schweiz.
Der Rheinsalm konnte zu den besten seiner Art gezählt werden. Während seiner Wanderung im Süsswasser nahm der Lachs keine Nahrung zu sich und magerte ab, deshalb waren die Lachse auf der Rückwanderung im Oktober und November unwirtschaftlich und das Fleisch war von hellroter Farbe. Im Aufstieg hingegen waren die Salme noch fett und ihr Fleisch war von rot und wohlschmeckend.
Der Lachszug ging nicht nur bis Basel, sondern noch weiter aufwärts durch die Aare, die Reuss und die Limmat. Er durchquerte gar Seen: Es wurden Exemplare in Linthal, Meiringen und Amsteg gefangen.
In den Flüssen hat das Lachsweibchen seine Eier an kiesigen Stellen dem Flussgrund anvertraut. Das begleitende Männchen - in einzelnen Fällen waren es zwei oder drei - hat hierauf den Rogen befruchtet. Die Lachse machten nun wieder kehrt, um auf dem schnellsten Wege das Meer wieder zu erreichen. Der Sälmling (Jungfisch) blieb noch zwei bis drei Jahre in unseren Gewässern. Bei einer Grösse von ungefähr 20cm begann er seine Wanderung nach dem Meer.
Dieser Artikel wurde uns von Jost Müller zur Verfügung gestellt. Besten Dank.
Dossier: Geschichte
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