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07.07.2014

Casimir Platzer: "Etwas bewegen werde ich schon"

Grosses Interview mit dem neuen Präsidenten von GastroSuisse

Der neue GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer erklärt, weshalb er die Öffentlichkeitsarbeit und das politische Lobbying weiter verstärken will, und wieso er viel Wert auf strategische Partnerschaften und die unternehmerische Komponente von GastroSuisse legt.

Der 52-jährige Hotelier Casimir Platzer aus Kandersteg wurde an der Delegiertenversammlung von GastroSuisse im ersten Wahlgang mit eindrücklichen 186 von 220 eingegangen Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt. Wir trafen ihn zum Interview.

baizer.ch: Bei Ihrer viel beachteten Antrittsrede in Flims unterstrichen Sie die grosse Bedeutung des Ansehens von GastroSuisse und der Branche. Haben wir ein schlechtes Image?

Casimir Platzer: Das Gastgewerbe ist immer wieder Zielscheibe unfairer Attacken. Da ist von "Grüsel-Beizen" die Rede, selbst wenn die Mehrheit der Betriebe untadelig geführt wird und unser Hygienestandard im internationalen Vergleich sehr hoch ist. Wir gelten als "Billiglohn-Branche", obwohl wir einen allgemeinverbindlichen L-GAV, den vollen Dreizehnten, fünf Wochen Ferien und für Gelernte Löhne über 4100 Franken haben. Leider genügen schon wenige Betriebsinhaber, den Ruf einer ganzen Branche zu ruinieren. Die Verbesserung der Reputation des Gastgewerbes ist vordringlich.

Und wie verbessern wir unseren Ruf?

Wir dürfen es gar nicht erst so weit kommen lassen, uns ständig rechtfertigen müssen. Qui s'excuse, s'accuse. Wir werden auf allen Ebenen proaktiv an der Verbesserung unseres Ansehens feilen und dafür auch die erforderlichen Ressourcen bereitstellen. Allerdings können wir uns anstrengen so viel wir wollen: Anerkennung in der Öffentlichkeit erhalten wir nur, wenn wir nicht aus einer Position der Schwäche heraus reagieren. Zunächst einmal müssen wir also unsere Beziehungen zur Politik, zur Verwaltung und zu den Medien verbessern.

Sie gelten als Hoffnungsträger. Können Sie die hohen Erwartungen überhaupt erfüllen?

Mit Absichtserklärungen habe ich mich bewusst zurück gehalten, weil ich weiss, wie schwierig es ist, Versprechen zu halten. Ich rühre nicht alles mit dem grossen Schwingbesen neu an – doch den Ehrgeiz, etwas zu bewegen, den habe ich schon. Wir haben gute Leute im Vorstand, ein funktionierendes Kompetenzzentrum in Zürich, motivierte Kantonalsektionen und viele tolle Mitglieder. Ziehen wir alle am gleichen Strick, so werden wir viel erreichen!

Gewinnen wir die Mehrwertsteuer-Abstimmung am 28. September?

Wir haben eine Chance, wenn die Basis voll mitzieht. Unser Vorteil ist es, täglich direkten Kontakt mit den Stimmbürgern zu haben. Es wird dennoch ungemein schwer sein – da dürfen wir uns keine Illusionen machen. Die grossen Detailhändler malen den Konsumenten den Teuerungsteufel an die Wand. Es gibt starke politische Kräfte, die uns und unsere Gäste weiterhin abkassieren wollen und deshalb die absurde Behauptung aufstellen, die Mehrwertsteuer-Initiative sei nicht sozial verträglich.

In ganz wenigen Worten: Warum sollen die Bürgerinnen und Bürger die Mehrwertsteuer-Initiative annehmen?

Der Detailhandel hat bei verzehrfertigen Speisen und Getränken einen staatlich verordneten Preisvorteil von 5.5 Prozent. Die Satzdifferenzierung ist gegenüber dem Gastgewerbe ungerecht. Sie ist auch beschäftigungspolitisch und ökologisch falsch. Restaurantbesuche gehören zum täglichen Bedarf: Wieso wird das Mittagsmenü des Arbeiters mit 8 Prozent besteuert und der Kaviar im Delikatessengeschäft nur mit 2.5 Prozent?

Und wenn wir verlieren: War dann alles vergebens?

Keineswegs. Wir haben bewiesen, dass wir in der Lage sind, aus eigener Kraft eine eidgenössische Volksinitiative einzureichen und den Abstimmungskampf zu führen. Das hat unsere Wahrnehmung auf dem politischen Parkett markant verbessert. Zudem nutzen wir den Abstimmungskampf für unsere Kernbotschaften, denn so schnell werden wir nicht wieder so viel mediale Aufmerksamkeit geniessen.

Wird GastroSuisse während Ihrer Amtszeit weitere Initiativen lancieren oder Referenden ergreifen?

Vage Ideen für Volksinitiativen gibt es. Die Notwendigkeit von Referenden wird sich aus dem politischen Prozess heraus ergeben. Ich scheue mich nicht vor solchen Projekten, auch wenn sie aufwendig sind. Alleingänge möchte ich aber vermeiden: Viel besser ist es, tragfähige Allianzen zu bilden, wobei wir durchaus den Lead übernehmen könnten.

An welche Allianzpartner denken Sie?

Je nach Thema kann die Zusammensetzung sehr unterschiedlich sein. Da dürfen wir keine Berührungsängste haben. Besonders wichtig ist mir, dass unsere Branche mit einer Stimme spricht. Deshalb ist die Zusammenarbeit mit Hotelleriesuisse enorm wichtig.

Diese Zusammenarbeit hat aber in der Vergangenheit oft nicht geklappt.

Das würde ich so nicht sagen. Wir verfolgen die gleichen Interessen, müssen aber wieder mehr miteinander reden. Den Zankapfel Hotelklassifikation möchte ich gerne hinter uns lassen. Es wäre schön, wenn es in der Schweiz mittelfristig nur noch ein System gäbe. Ich hoffe, dass wir eine Lösung finden, mit der beide Verbände gut leben können.

Was halten Sie von einer Fusion der beiden Verbände?

Dieses Ziel scheint mir zu hochgesteckt. Es gibt Kooperationsmodelle, die sich einfacher realisieren lassen. Mit der Berufsbildung haben wir bereits einen Bereich, in dem wir eng und erfolgreich zusammenarbeiten. Wo sich Win-Win-Situationen ergeben, sollten wir uns annähern.

Die Ertragslage im Gastgewerbe ist schlecht. Wie kann GastroSuisse helfen?

Der Branche muss es gelingen, wieder ertragsstärker zu werden. Zunächst einmal müssen die Unternehmer ihre Hausaufgaben erledigen. Das ist leichter gesagt als getan, denn vielerorts fehlen schlicht die Mittel für Investitionen. Als Verband tun wir alles, um bessere Rahmenbedingungen zu erreichen. In der Praxis geben wir uns allzu oft damit zufrieden, deren schleichende Verschlechterung etwas aufzuhalten.

Um unsere internationale Konkurrenzfähigkeit ist es schlecht bestellt...

Ja, wie sollen wir wettbewerbsfähig sein, wenn wir zu hohen Schweizer Kosten produzieren? Es führt kein Weg daran vorbei, die Hochpreisinsel zu schleifen, auch wenn das für viele schmerzhaft sein wird.

Sind Sie für eine Verschärfung des Kartellgesetzes?

Wie bei allen Gesetzen, besteht auch hier die Gefahr einer Überregulierung. Tatsache ist aber, dass es eine Lücke gibt. Wenn wir diese nicht schliessen, wird es uns nicht gelingen, ungerechtfertigte "Schweiz-Zuschläge" zu eliminieren. Wir brauchen die Einkaufs- und Importfreiheit für Produkte, auf die wir angewiesen sind. Sonst kommen in der Schweiz keine Wettbewerbspreise zustande.

Viele Mitglieder sind unzufrieden mit dem Landes-Gesamtarbeitsvertrag. Wie ist Ihre Haltung?

Ich verstehe den Unmut der Basis, denn das Fuder ist überladen worden. Sozialpartnerschaft impliziert nicht bloss Verständnis für die Anliegen der Mitarbeitenden, sondern eben auch eine Partnerschaft unter Kontrahenten. Wir wollen gute und faire Arbeitgeber sein. Dazu stehe ich, und ich weiss auch den Gesamtvorstand hinter mir. Wir wollen einen L-GAV, aber nicht um jeden Preis. Die Gangart wird härter werden. Überrissenen Forderungen werden wir entschieden entgegentreten.

Was ist bei GastroSuisse geplant? Ist mit organisatorischen Änderungen zu rechnen?

Wir werden das Operative noch klarer vom Institutionellen abgrenzen. Effektivität und Effizienz lassen sich noch merklich verbessern. Zurzeit überdenken wir im Vorstand die Kompetenzzuordnungen, ohne dabei etwas zu überstürzen.

In welchem Zustand befindet sich der Verband?

Wir haben keinen Grund, unser Licht unter den Scheffel zu stellen. In Sachen Berufs- und Weiterbildung sind wir Spitze. Unsere Hotelfachschulen in Zürich und Genf sind Vorzeigeinstitutionen. Unsere Pensionskasse GastroSocial weist seit Jahren eine hervorragende Performance aus. Und mit GastroConsult verfügen wir über eine leistungsfähige Treuhandstelle im Dienste unserer Mitglieder. Leider werden diese Leistungsträger nur ungenügend mit dem Verband assoziiert. In Zukunft werden wir die unternehmerische Komponente von GastroSuisse vermehrt betonen.


Kurzantworten zu Stichworten

Schweiz Tourismus
Äusserst professionelle Marketingorganisation, die aber wenig Einfluss auf das "Produkt" hat.

Gewerbeverband
Ist wichtig. Kümmert sich um branchenübergreifende Themen, hat keine einfache Aufgabe.

Landwirtschaft
Die Bauern brauchen unsere Unterstützung. Sie müssen aber lernen, sich dem Wettbewerb zu stellen. Beim Käse und beim Wein tun sie das bereits – mit beachtlichem Erfolg.

Rauchverbot
Für manche Betriebe ein Riesenproblem, doch in der Bevölkerung breit akzeptiert.

Lärmschutz
Damoklesschwert über den Köpfen vieler Wirte. Bedroht bei restriktivem Vollzug die Existenz einzelner Betriebe. Komplexe Thematik, mit der wir uns beschäftigen müssen.

SVP
Für die KMU-Wirtschaft ein verlässlicher Partner. Klare bürgerliche Linie. Es gibt aber wichtige Fragen, bei denen wir anderer Meinung sind.

Lobbying
Ein Geben und Nehmen. Das Netzwerk muss bestehen, lange bevor es in Anspruch genommen wird.

International Hotel & Restaurant Association
Interessensvertretung unserer Branche auf supranationaler Ebene. Manch ein Unheil beginnt seinen Lauf bei UN-Institutionen.

Basel
Eine Stadt, die sehr viel schöner ist als ihr Ruf in der Schweiz. Wirtschaftlich sehr dynamisch.

Bern
Hier spielt die politische Musik. Da werde ich mich in den nächsten Jahren sehr oft aufhalten!

Luzern
Eine starke touristische Marke, eine wunderbare Stadt mit schönem Panorama.

Zürich
Neben Genf die einzige wirkliche Metropole der Schweiz.

Berner Oberland
Meine schöne Heimat. Eine der attraktivsten Ferienregionen der Welt.

Lieblingsgetränk
Walliser Spezialitäten, Tessiner Rotwein und ab und zu mal ein Feierabendbier.

Leibspeise
Eigentlich esse ich praktisch alles, habe aber ein Faible für die japanische Küche.

Hobbies
Gastgeber, Hotelier, Segeln und Biken.


Zur Person

Casimir Platzer ist seit 1989 in verschiedensten Gremien des Verbandes tätig. Zwischen 2000 und 2008 war er Präsident von GastroBern und gleichzeitig Präsident des Hotelier-Vereins Berner Oberland. 2013 wurde er zum Präsidenten der "International Hotel & Restaurant Association" gewählt. Seit 2004 hat er Einsitz im Vorstand von Schweiz Tourismus. Platzer ist seit 1. Juli 2014 Präsident von GastroSuisse. Er besitzt und führt gemeinsam mit seiner Frau Muriel das Belle Epoque Hotel Victoria in Kandersteg, dessen Restaurant mit 13 Punkten Gault-Millau bewertet wird.

Casimir Platzer will bei GastroSuisse operative und strategische Aufgaben noch klarer trennen. Bild: Andrea Badrutt, Chur


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