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20.12.2009
Gewährleistung und Haftung des Restaurateurs für Speisen
Bewirtungsvertrag und Produkthaftpflicht
Spätestens im Falle von Unstimmigkeiten zeigt sich, dass auch die Bewirtung ein rechtliches Verhältnis darstellt. Es ist daher wichtig, dass der Gastgeber weiss, welches seine Rechte und Pflichten sind und welche Forderungen des Gastes er akzeptieren muss.
Ein Gast, der in einer Gaststätte Speisen bestellt, schliesst mit dem Restaurateur einen so genannten Bewirtungsvertrag ab. Während der Restaurateur insbesondere die fachgemässe Zubereitung der Speisen schuldet, hat der Gast grundsätzlich die Pflicht, die erhaltenen Speisen zu bezahlen.
Die Anforderungen an die Qualität der abgegebenen Speisen bestimmen sich insbesondere nach Rang und Preiskategorie des jeweiligen Gastbetriebs. Die Qualität muss jedoch – aus rechtlicher Sicht – in jedem Fall von mittlerer Qualität sein, wobei sich diese unter anderem nach der Branchenüblichkeit bestimmt. Weichen die Speisen von diesem rechtlich definierten Mindestqualitätsstandard ab, gelten die abgegebenen Speisen im Sinne des Gesetzes als mangelhaft.
Rechte des Gastes und "Gegenrechte" des Restaurateurs
Nachfolgend wird aufgezeigt, welche Rechte der Gast bei Mangelhaftigkeit der abgegebenen Speisen (z.B. nicht fachgerecht zubereitet, ungeniessbar, verdorben) hat und wie der Restaurateur vorgehen kann, um seinen "Schaden" in Grenzen zu halten.
Beispiel 1
Ein Gast bestellt in einem Restaurant ein mehrgängiges Menu. Er konsumiert dieses bis zum Hauptgang, erhält dann aber eine nicht fachgerecht zubereitete Kalbsleber (zu wenig gebraten) vorgesetzt.
Bei schwerwiegenden Mängeln kann der Gast die bestellten Speisen zurückweisen, ohne dass er den Preis zu bezahlen hätte (Wandlung). Bei mehrgängigen Menus kann der Restaurateur jedoch verlangen, dass der Gast die bis zur Entdeckung des Mangels konsumierten einwandfreien Speisen und Getränke bezahlt, unabhängig davon, ob der Gast das Menu selber zusammengestellt hat oder die Abfolge in der Speisekarte bereits vorgegeben war.
Das Menu verliert aber ausnahmsweise auch hinsichtlich der bereits konsumierten Speisen seinen Wert, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Speisen verdorben waren. Auch wenn der Gast in diesem Fall also das gesamte Menu konsumiert hat, kann er den bezahlten Preis – zumindest für die verdorbene Speise – zurückfordern, wenn er aufgrund der konsumierten Speisen nachträglich an Übelkeit leidet.
Statt der Rückweisung und Nichtbezahlung der mangelhaften Speise, kann der Gast aber auch Minderung des Preises verlangen oder eine einwandfreie Speise – ohne Minderung des Preises – nachbestellen (Recht des Gastes auf Nachlieferung). Diese Rechte stehen dem Gast auch dann zu, wenn den Restaurateur an der Mangelhaftigkeit der Speise kein Verschulden trifft.
Der Restaurateur hat jedoch die Möglichkeit, diese Forderungen des Gastes (Wandlung resp. Minderung) abzuwenden: Er darf den Mangel der alten Speise beseitigen, wenn die Qualität danach einwandfrei ist (Recht des Restaurateurs auf Nachbesserung). Der Restaurateur kann beispielsweise die zu wenig gebratene Kalbsleber nochmals braten oder eine neue, ordentlich gebratene Kalbsleber nachliefern, sofern
dies mit noch zumutbarer Verzögerung geschieht. Selbst wenn der Gast eine neue Kalbsleber verlangt, darf der Restaurateur nachbessern, soweit die Qualität danach einwandfrei ist.
Der Restaurateur haftet auch ohne Verschulden
Beispiel 2
Der Gast erleidet nach dem Konsum der Kalbsleber eine Lebensmittelvergiftung. Die mangelhafte Kalbsleber ist erwiesenermassen ursächlich für die Gesundheitsschädigung. Die Leber stammt von einem Kalb, das während längerer Zeit mit leicht toxischem Futtermittel (Pestizidrückstände im Gras) gefüttert wurde; das verseuchte Fleisch konnte weder vom Metzger noch vom Restaurateur (Eingangskontrolle) als gesundheitsschädlich erkannt werden.
Ansprüche auf Schadenersatz (Heilungskosten, etc.) kann der Gast unter gewissen Umständen auch gestützt auf den Bewirtungsvertrag geltend machen. Wesentlich bedeutsamer ist in diesem Zusammenhang jedoch die Haftung des Restaurateurs gestützt auf das Produkthaftpflichtgesetz.
Der Restaurateur gilt als Produzent und die in einem Gastbetrieb verarbeiteten Nahrungsmittel gelten als Produkte im Sinne des Produkthaftpflichtgesetzes. Dieses Gesetz deklariert alle Nahrungsmittel zu Produkten, soweit es sich nicht um unverarbeitete landwirtschaftliche Bodenerzeugnisse, Tierzucht-, Fischerei- oder Jagderzeugnisse handelt. Mit anderen Worten: ein geschlachtetes Vieh, ein ausgenommener Fisch, ein aufgeschlagenes Ei oder gekochter Reis gelten bereits als verarbeitet und damit als Produkt.
Das Produkthaftpflichtgesetz statuiert eine verschuldensunabhängige Haftung, sofern das fehlerhafte Produkt ursächlich für die Gesundheitsschädigung ist. Dabei gilt eine Speise im Sinne des Gesetzes als mangelhaft, wenn die Sicherheitserwartungen des "Publikums" nicht erfüllt werden. Da sowohl kleine Kinder als auch gebrechliche ältere Menschen als "Publikum" eines Restaurants zu betrachten sind, müssen sämtliche Lebensmittel bezüglich Auswahl, Lagerung und Zubereitung hundertprozentig einwandfrei sein.
Der Restaurateur haftet also auch dann für Gesundheitsschäden seiner Gäste, wenn ihn an der unzureichenden Zubereitung der Speisen kein Verschulden trifft. Vor diesem Hintergrund ist es irrelevant, ob die – durch ein mangelhaftes Produkt aus der Küche verursachten – gesundheitlichen Beschwerden des Gastes auf ein unkorrektes Verhalten des Restaurateurs resp. des Kochs zurückzuführen sind oder nicht. Der Restaurateur haftet gegenüber dem Gast in jedem Fall – auch ohne eigenes Verschulden – beispielsweise für das Fleisch des Metzgers (bakteriologische Verseuchung), den Käse des Käsers (Listerien) oder die Eier (Salmonellen).
Aus diesen Überlegungen folgt, dass der Restaurateur für den Schaden (z.B. Heilungskosten) aus der gesundheitlichen Beeinträchtigung, die nachweislich ihren Ursprung bei der konsumierten Kalbsleber hat, haftet. Dies gilt, was speziell zu beachten ist, auch dann, wenn die Verseuchung des Fleisches für den Restaurateur nicht erkennbar war. Die Frage, ob sich der Restaurateur seinerseits bei seinen Vertragspartner (z.B. Zulieferer) schadlos halten kann, bestimmt sich nach dem entsprechenden
Vertrag.
Was ist vorzukehren?
Zwecks Minimierung dieser finanziellen Risiken kommt der Restaurateur nicht umhin, adäquate Massnahmen im Bereich der Qualitätssicherung zu treffen. Von grosser Wichtigkeit ist unter anderem die Eingangskontrolle bei den gelieferten Lebensmitteln. Aber auch der Überprüfung der Lieferantenauswahl, der Schulung und Instruktion des eigenen Personals, der Sauberkeit in Küche und Lager sowie der regelmässigen und sorgfältigen Reinigung von Hilfsgeräten und -apparaten (wie Kaffeemaschine, Friteuse, Mixer) kommt grosse Bedeutung zu.
Schliesslich gilt es, die Haftpflichtversicherung und insbesondere deren Deckungsumfang zu überprüfen.
Dieser Artikel basiert auf einem längeren Text des Rechtsdienstes von GastroSuisse.
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