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03.08.2018
Ohne Identität kein Unterschied
Marketing in der Hotellerie
Wer sich von der Konkurrenz abheben möchte, muss klar Position beziehen. Von Alleinstellungsmerkmalen, Werten und Betriebe, die den Dreh draussen haben.
Reisewillige informieren sich heute vielfach zuerst online über die verschiedenen Ferienregionen, bevor sie sich für eine entscheiden. Ist die Entscheidung gefällt, folgt die Qual der Wahl: Wo sollen wir übernachten? Damit Hotels bei dieser Selektion, die aufgrund der steigenden Angebote aus der Ecke der Sharing Economy härter geworden ist, nicht ausgesiebt werden, ist eine klare Positionierung unabdingbar. Dabei muss der Hotelier allerdings darauf achten, dass er nicht den Fehler macht, allen gerecht werden zu wollen.
Michael Betz vom Institut für Marketing der Universität St. Gallen (HSG) erläutert dies an einem konkreten Beispiel: «Nehmen wir an, Ihr Betrieb war ursprünglich mal ein Familienhotel. Nun möchten Sie auch noch ein Romantikhotel und ein Wellnesshotel sein. Die Kinder finden es blöd, dass es im Pool nichts für sie hat, die Eltern finden das knutschende Paar doof, und dieses wiederum nervt sich über die Kinder, die vom Beckenrand in den Pool springen.» Konflikte seien hier vorprogrammiert, «und man merkt, wenn ein Hotel nicht genau weiss, wo es hingehört», konstatiert Betz.
Er muss es wissen, denn Betz hat die vergangenen vier Jahre aufgrund eines Buchprojektes zum Thema «Strategisches Marketing in der Hotellerie» eng mit der Vereinigung diplomierter Hoteliers (VDH) zusammengearbeitet und vierzehn verschiedene Betriebe porträtiert. «Diese Vielfalt war uns wichtig, denn wir wollen aufzeigen, dass strategisches Marketing nicht nur eine Theorie ist, sondern eine, die umsetzbar ist», führt Betz aus. Gutes Marketing sei heute schliesslich wichtiger denn je: «In vielen Fällen ist dies das einzige Differenzierungspotenzial, das noch übrigbleibt», gibt er zu bedenken. Aber natürlich müssten auch die Werte gelebt werden, die mit den Alleinstellungsmerkmalen eines Hotels einhergehen.
Ein Vorzeigebetrieb ist hierbei das 2017 erneuerte Hotel Walther in Pontresina. Dabei begann alles ganz unspektakulär, wie Hotelier Thomas Walther erzählt: «Wir sassen beim Abendessen und dachten ‹es muss etwas gehen›. Was folgte, war ein klassischer Strategieprozess, bei dem wir auch externe Fachpersonen zu Rate zogen. Das hat sich bewährt, denn so wurde uns mal wieder der Spiegel vorgehalten, und es kamen Fragen auf, die man nicht unbedingt gerne hört», erzählt Walther weiter. Am Ende sei klar gewesen, wofür das Hotel Walther stehen sollte: Grosszügigkeit, Verlässlichkeit und Offenheit.
«Natürlich kommen viele unserer Gäste, weil sie schöne Dinge schätzen und ein Ambiente erleben möchten, das es aufgrund der architektonischen Gegebenheiten in der Umgebung kein zweites Mal gibt. Aber die Toleranz für andere Lebensstile ist bei uns ein zentraler Wert», erläutert Walther. Von einer klaren Positionierung in Hinblick auf eine Zielgruppe, wie beispielsweise Familien, hält er wenig: «Ich diskutiere immer mal wieder mit Marketingexperten. Die klassischen Zielgruppen gibt so nicht mehr. Es gibt nicht ‹den› klassischen Biker, Wanderer oder ‹nur› das Familienhotel schlechthin. Die Gäste sind heutzutage fast immer sowohl als auch».
Um diese Aussage zu verdeutlichen, legt Walther mit einem Beispiel nach: «Nehmen wir mal die Taschen von Louis Vuitton, die bei vielen jungen Frauen gerade ‹in› sind. Klar gibt es solche, die diesen Lifestyle konsequent in allen Bereichen ihres Lebens verfolgen. Aber es gibt eben auch solche, die gerade in diesem Moment das Lebensgefühl verspüren möchten, für das Louis Vuitton steht», erklärt Walther, und ergänzt: «Wichtig ist, dass man zu 100 Prozent hinter seinem Konzept steht und die Werte, die man vertritt, auch lebt». Dann könne es auch mit einer greifbaren Zielgruppe wie Familien gut funktionieren.
Derselben Meinung ist auch der selbsternannte Wanderhotelier Thomas Frei vom Bernerhof in Gstaad: «Es nützt nichts, ein Hotel mit Sporthotel anzuschreiben, wenn der Hotelier Playstation spielt». In seinem Hotel weiss der Gast denn auch, was ihn erwartet. Spätestens dann, wenn er die Bezeichnung «Wander- und Gourmethotel» liest. Von einer Playstation ist hier weit und breit keine Spur. Stattdessen gibt es Lunchpakete, Wanderschuhe, Kartenmaterial oder Tipps zur Umgebung.
Jene, die nicht gerne allein auf Wanderschaft gehen oder die Umgebung aus den Augen eines Einheimischen erleben möchten, können Frei gar auf einer seiner Routen begleiten. «Mein Vorgänger ging bereits 1976 mit den Gästen auf Wanderschaft in der Region. Wir haben es intensiviert», erzählt Frei. Er zog für seinen Internetauftritt eine Agentur zu Rate: «Die Idee wurde in einem gemeinsamen Gespräch erarbeitet. Die Webseite betreue ich mittlerweile selbst.» Auf dieser fehlt lediglich, was den Bernerhof Gstaad laut Frei offline ausser Wanderfreundlichkeit und 28 Gault-Millau-Punkten zusätzlich auszeichnet: «gewollte Langeweile».
Désirée Klarer / GastroJournal
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