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22.11.2018

«Auf der Höhe der Zeit bleiben»

Interview mit dem Hotelier Eric Fassbind

Hotelier Eric Fassbind repräsentiert herausragend die klassische Schweizer Familienhotellerie. Er sieht die Tradition herausgefordert, aber keineswegs chancenlos.

Mit sieben Häusern und über 700 Zimmereinheiten ist By Fassbind die grösste unabhängige Schweizer Hotelgruppe. Eigentümer ist Eric Fassbind, 52, in Lausanne aufgewachsener Vater zweier Kinder. Zusammen mit seinem Bruder Marc vertritt Eric Fassbind traditionsreiche Schweizer Hotellerie und steht schon in sechster Generation an der Spitze einer Unternehmerfamilie, die namentlich in Schwyz, Luzern und Lugano vertreten ist.

2011 entstand die Marke By Fassbind, im September dieses Jahres wuchs das Unternehmen mit dem Kauf des Lausanne Guesthouse weiter an. Mit der Fachzeitung GastroJournal, die Eric Fassbind sehr schätzt, hat er nicht nur über seine Betriebe gesprochen, sondern auch über seine Kindheit und seine teilweise unkonventionellen unternehmerischen Ansätze.

Die Nachfolge ist für Familienbetriebe eine grosse Herausforderung. Wie war das bei Ihnen?

Eric Fassbind: Als sich meine Eltern zur Übergabe entschlossen hatten, wurden die Häuser zwischen mir und meinem Bruder aufgeteilt. Bis zum heutigen Tage sind wir beide die Kapitäne unserer Flotte. Die Aufteilung damals ging auf angenehme Art und Weise vonstatten, sodass wir uns bis heute sehr schätzen.

Wie haben Sie Ihre Jugend im Schoss einer gastgewerblichen Familie erlebt?

Meine frühesten Erinnerungen betreffen die Zeit, als wir im Hotel Alpha-Palmiers in Lausanne lebten, in einer Wohnung ganz oben im Haus. Ich erinnere mich daran, wie wir durch die Gänge rannten, die zur Réception führten, oder daran, dass wir wussten, wo in der Küche die Schokolade des Patissiers versteckt war. Wir lebten sozusagen im Herzen des Betriebes und schöpften dessen Möglichkeiten aus.

Warum sind Sie der Branche in der Folge treu geblieben?

Nach meinem Studium an der Hotelfachschule Lausanne war ich zuerst in der Hotelberatung tätig, bevor ich Direktor des World Economic Forum und auch Direktor der Tourismusorganisation Villars wurde. Im Jahr 2000 dann trat ich ins Familienunternehmen ein und habe es seither nicht mehr verlassen.

Allerdings war die Hotellerie nicht meine erste Wahl: Als Junge wollte ich Ingenieur werden oder Architekt. Letztlich entschied das Leben jedoch anders, wenn auch meine Frau Architektin ist und ich dank meinem Metier das Glück hatte, rund 20 Bauprojekte begleiten zu können.

Was sind die Besonderheiten der Marke By Fassbind?

Jedes Haus hat seine ganz eigene Geschichte, verbunden mit dem jeweiligen Quartier, in dem es steht. Zwar werden die Häuser einheitlich geführt, aber die Gäste geniessen vom Alpha-Palmiers bis ins Züri ganz unterschiedliche Erlebnisse.

War diese unterschiedliche Positionierung nicht eine besondere Herausforderung?
In diesen Dingen ist mein Zugang nicht traditionell. Ich mache keine Marktstudien, entwerfe keine Marketingpläne oder Businessmodelle. Wenn man in diese Branche geboren und darin aufgewachsen ist, braucht man derlei Grundlagen vielleicht weniger. Ich positioniere ein Haus eher aufgrund seiner Lage und seiner Ausstrahlung und vertraue zudem stark auf meine Intuition.

Und so wird man zur grössten Schweizer Hotelgruppe in Familienbesitz?

Natürlich ist es wichtig, in finanziellen Dingen rigoros zu sein, funktionierende Produkte und ein wirkungsvolles Marketing zu haben. Aber meiner Meinung nach ist das Wichtigste, seine Chance zu packen, indem man auf Leute zugeht und den Kontakt sucht.

Das Glück spielt dabei auch eine grosse Rolle: Man muss zur richtigen Zeit die richtigen Leute treffen. Hinzu kommt, dass ich schon immer ein sehr interessierter Mensch war und es liebe, etwa im Ausland nach neuen Ideen zu suchen. Besonders spannend finde ich Hotelprojekte und neue Konzepte – dieses Interesse habe ich wohl von meinem Vater geerbt.

Was halten Sie von der Digitalisierungswelle?

Man muss auf der Höhe der Zeit bleiben. Und gerade als Hotelier muss man sich für die Bedürfnisse der Leute interessieren, beispielsweise was Arbeitsbereiche angeht. Man muss sich hier verschiedene Fragen stellen: Wollen die Gäste in ihrem Zimmer arbeiten können oder suchen sie im Gegenteil entsprechende Möglichkeiten in der Lobby? Oder wäre es sinnvoll, Coworking-Bereiche anzubieten? Coworking ist für mich ein aussergewöhnlicher Ansatz. Man kann sich mit seinem Laptop, seinem Tablet oder dem Smartphone irgendwo hinsetzen, hat gute Arbeitsbedingungen und ist doch nicht allein.

Ist ständige Anpassung gefragt?

Ja, und dies namentlich auch im Saisonverlauf. Nehmen wir zum Beispiel das Alpha-Palmiers. Dieses Haus, das sich besonders an Geschäftsleute richtet, hat vor allem im Juli und August stillere Phasen. Wir gaben hier Gegensteuer, indem wir mit deutschen Reiseveranstaltern Verträge abschlossen. So konnten wir das Haus letzten Sommer mit Feriengästen beleben. Ich versuche die Produkte im Jahresverlauf so anzupassen, dass sie dem Zeitgeist und den Bedürfnissen der Gäste entsprechen.

Wo steht die Schweizer Hotellerie?

Seit einigen Jahren haben wir ­einen gewissen Druck auf die Preise, das stimmt. Auf der anderen Seite hat es nie so viele Reisende auf der ganzen Welt gegeben. Vier Milliarden Passagiere wurden letztes Jahr transportiert, und wir haben das Glück, in einem Wirtschaftszweig zu arbeiten, der sich äusserst positiv entwickelt.

Beurteilen Sie Konkurrenz à la Airbnb kritisch?

Nein, man muss offenbleiben. Gegen Airbnb zu sein, ist wie gegen heisses Wasser zu sein. Sharing Economy, die Teilkultur, ist heute Alltag. Die Menschen teilen unter anderem ihre Autos oder ihre Wohnungen mit anderen. Als Hotelier ist das eine Gelegenheit, zu zeigen, warum ein Hotel für manche Reiseformen geeigneter oder praktischer ist. Aber man muss sich mit diesen neuen Plattformen und der Kultur des Teilens auch auseinandersetzen und vielleicht sogar für die eigenen Betriebe darauf zurückgreifen.

Ich versuche, in jedem unserer Häuser eine Geschichte zu erzählen das kommt auch von Airbnb. Ich ermuntere die Menschen in meinem Umfeld auch dazu, mir ihre Erfahrungen mit solchen Plattformen zu schildern. Das kann wirklich inspirierend sein.

Wie gehen Sie mit der Konkurrenz der internationalen Hotelgruppen in der Schweiz um?

Wir erleben eine Vervielfachung der Zimmereinheiten, dies namentlich in Zürich, wo 4000 neue Zimmer entstehen. In Lausanne wiederum hat die Zahl der verfügbaren Zimmer innert zehn Jahren um 35 Prozent zugenommen. Während nun in den Städten viele Lokalitäten leerstehen, entdecken die Investoren die Hotellerie und wenden sich an Marken wie Moxy oder Ibis Style.

Das Problem liegt für mich darin, dass sich die Hotellerie vom Gewerbe, in welchem Gastgeber ihre Häuser von A bis Z gestalten, zu einer Art Lieferservice gewandelt hat. Diese Tendenz ist zwar nicht von der Hand zu weisen, aber man kann sie auch nicht bekämpfen. Nochmals: Es ist an uns, zu zeigen, dass wir es anders können.

Muss man sich ständig infrage stellen?

Das muss von selbst kommen und bedeutet nicht, jede Woche das Geschirr zu wechseln. Sich infrage zu stellen, heisst vielmehr, sich bewusst zu sein, dass manch althergebrachtes Verhalten nicht mehr zeitgemäss sein mag. So hatte ein Hotelzimmer, seit ich mich erinnern kann, immer eine Minibar, einen Safe und ein Telefon. Man kann sich nun jedoch wirklich fragen, ob das Telefon und die Minibar heutzutage noch nötig sind.

Johanne Stettler / GastroJournal

Eric Fassbind: «Das Glück spielt eine grosse Rolle.» Foto: Johanne Stettler


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