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08.11.2011

Weshalb Importbiere in der Schweiz so teuer sind

Vertikale Integration und Marktmacht der multinationalen Konzerne

Schweizer Wirte zahlen für die meisten internationalen Biermarken doppelt bis drei Mal so viel wie ihre Berufskollegen in Deutschland. Natürlich tragen die hohen Marketing- und Vertriebskosten dazu bei, dass die Biere bei uns so teuer sind. Das allein vermag die enormen Unterschiede aber nicht zu erklären. Es muss also noch andere Gründe geben.

Ja, ein Teil der Preisdifferenzen lässt sich mit den höheren Kosten in der Schweiz erklären. So verdient ein Aussendienstmitarbeiter, Lagerist oder Chauffeur bei uns wesentlich mehr als seine Kollegen im benachbarten Ausland. Lagergebäude und Lieferfahrzeuge sind ebenfalls viel teurer. Sicher trägt auch die Kleinheit und Mehrsprachigkeit des Schweizer Marktes zu den höheren Preisen bei.

Niemand würde etwas sagen, wenn Carlsberg, Heineken & Co. in der Schweiz 20 bis 30 Prozent teurer wären als in Deutschland. Und noch viel weniger Unmut würden die unanständig hohen Preise bei uns hervorrufen, wenn die happigen Währungsgewinne der letzten drei Jahre an die Gastronomiekunden weiter gegeben worden wären. Doch statt dies zu tun, halten die Konzerne an Preisen fest, die aufgrund der Kaufkraft in der Schweiz festgelegt wurden.

Das hohe Preisniveau geht zum Teil noch auf das Bierkartell zurück. Von 1935 bis 1991 kontrollierten die inländischen Brauereien die Absatzkanäle und teilten die Regionen der Schweiz untereinander auf. Sie diktierten die Preise in den Restaurants und im Detailhandel.

Seit dem Zusammenbruch des Kartells hat sich zwar die Konkurrenzsituation für die Brauereien verschärft. Kein Anbieter hat jedoch wirklich ein Interesse daran, dass die Preise sinken. Am deutlichsten sieht man das bei den Fassbier-Preisen. Ein Bierkartell im engeren Sinne gibt es nicht mehr, aber ein (möglicherweise stillschweigendes) Preiskartell bei der Belieferung der Gastronomie.

Die erfreuliche Vielfalt an Bierspezialitäten täuscht darüber hinweg, dass es zu einer massiven Konzentration auf der Anbieterseite gekommen ist. Zunächst haben Firmen wie Feldschlösschen, Cardinal, Hürlimann, Eichhof und Calanda reihenweise kleinere Anbieter aufgekauft. Dann schlossen sich die Grossen zu nationalen Konzernen zusammen, die am Schluss von ausländischen Firmen übernommen wurden.

Die Carlsberg-Gruppe hat einen Anteil von 45% am schweizerischen Biermarkt, der Branchenzweite Heineken einen solchen von 30%. Die beiden Marktführer kämpfen erbittert um die grossen Kunden. Dabei schrecken sich auch nicht davor zurück, sich Marktanteile teuer zu erkaufen.

Grosskunden können traumhafte Bedingungen aushandeln, wenn sie den Anbieter wechseln. Da werden einer Gastronomiegruppe schon einmal sämtliche Prozesskosten und Konventionalstrafen bezahlt, wenn sie frühzeitig von einem Liefervertrag mit der Konkurrenz zurück tritt. Die kleinen und mittleren Wirte bezahlen die Zeche für diesen Krieg.

Auch die Preisaktionen im Detailhandel werden auf dem Buckel der Kleinen ausgetragen. Während Dosenbiere und Einwegflaschen im Detailhandel seit zwanzig Jahren kaum teurer geworden sind, hat sich der Preis für die gastronomie-relevanten Gebinde um bis zu 52 Prozent erhöht.

So hart sich Carlsberg und Heineken bekämpfen, so einig sind sich in ihrer Preispolitik für das Fassbier: Die Listenpreise entwickeln sich im Gleichschritt nach oben. Der kleine Gastronom liefert Jahr für Jahr brav mehr ab, während man die grossen Kunden mit hohen Payback-Zahlungen bei Laune hält.

Die Konzentration auf dem Biermarkt ist nicht nur in der Schweiz ein Problem, sondern weltweit. Da kommt es schon einmal vor, dass sich Konkurrenten wie Heineken und Carlsberg zusammen tun, um einen anderen Grossen gemeinsam zu erlegen und die Beute fein säuberlich zu verteilen – natürlich so, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden es gerade noch akzeptieren.

2008 wurde der Braukonzern Scottish & Newcastle (damals Marktführer in Grossbritannien, Frankreich und Russland) in seine Einzelteile zerlegt und so verteilt, dass die Wettbewerbsbehörden es gerade noch akzeptierten. Heineken übernahm die britischen Marken, Carlsberg das Geschäft in Frankreich und Osteuropa.

Und obwohl AB InBev und Carlsberg auf dem Weltmarkt erbitterte Konkurrenten sind, spannen sie in der Schweiz zusammen. Die Carlsberg-Tochter Feldschlösschen vertreibt die Weltmarken des Konkurrenten exklusiv. Verstehe das, wer will!

Die Marktmacht der Grossen ist zwar für sich alleine schon ein Problem, doch das eigentliche Übel liegt woanders: Bei der vertikalen Integration der nachgelagerten Handelsstufen. Die multinationalen Braukonzerne begnügen sich nämlich nicht damit, verschiedene Biere zu brauen. Nein, sie kontrollieren deren weltweite Verteilung bis hin zu den Gastronomiekunden. Der Hersteller im Ausland, der Importeur im Inland und zu einem grossen Teil sogar die Depositäre gehören zum gleichen Konzern!

So lange unsere Kartellbehörden diese Problematik nicht verstehen und lieber tatenlos zusehen, wie die multinationalen Konzerne über ihre Tochtergesellschaften in der Schweiz nicht nur die Einfuhr, sondern gleichzeitig auch noch einen grossen Teil der Feinverteilung streng kontrollieren, wird sich nichts ändern.

Parallelimporte sind aufgrund von nicht-tariflichen Handelshemmnissen mühsam und die Markeninhaber versuchen sie zu behindern, doch nur sie bauen den nötigen Druck auf. Deshalb verhandelt der Wirteverband Basel-Stadt momentan mit potentiellen Importpartnern. Wir hoffen, hier schon bald konkrete Angebote bekannt zu geben.

Wir fordern die Getränkekonzerne auf, ihre Währungsgewinne weiter zu geben und die Preise endlich so festzulegen, wie es aufgrund der effektiven Kosten angezeigt wäre. Es versteht sich von selbst, dass sich diese Forderung nicht nur an Carlsberg und Heineken mit ihrem Markenimperium richtet, sondern beispielsweise auch an Coca-Cola, Krafft (Schweppes), Nestlé (Perrier, San Pellegrino), Danone (Evian) und Red Bull.


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