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07.04.2015

Eine Branche steht im Regen

Warum das Gastgewerbe ein Jammertal ist

Das Schweizer Gastgewerbe lebt seit Jahrzehnten von der Substanz. Und ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.

2007 hat GastroSuisse die erschreckenden Zahlen zum ersten Mal im Branchenspiegel veröffentlicht. Mithilfe der GastroSuisse-Tochter Gastroconsult, die als gastgewerbliches Treuhand- und Beratungsunternehmen die Branche hervorragend kennt, wies der Branchenverband für das Jahr 2006 aus, dass "66 Prozent aller Betriebe einen Verlust verzeichnen".

Nochmals zum Mitschreiben: Zwei Drittel aller Restaurants und Hotels in der Schweiz schrieben vor bald zehn Jahren rote Zahlen. Wer nun ein bisschen etwas vom Wirtschaften versteht, muss sich fragen: Wie kann eine Branche, wie ein Unternehmen bei solchen Verlusten bestehen?

Die Antwort gab bereits der Branchenspiegel von 2007, in dem die Zahlen erschienen: Nur wenn sich ein Unternehmen "korrekterweise dafür entscheidet, sowohl den Unternehmerlohn wie auch den entsprechenden Eigenkapitalzins zu verbuchen", resultierten 66 Prozent defizitäre Unternehmen.

Mithin präsentierte sich die Ertragslage desto besser, je mehr die Unternehmer verzichteten: Ohne Unternehmerlohn und ohne Eigenkapitalverzinsung schrieben nur noch gut 12 Prozent der gastgewerblichen Betriebe in der Schweiz rote Zahlen. Solche Antworten waren indes schon 2007 beunruhigend, und es stellt sich die Frage, wo die Branche eine zähe Finanzkrise später steht.

Es ist nicht wirklich besser geworden: Laut dem Branchenspiegel 2014, der auf das Jahr 2012 abstellt, waren nicht mehr gut 12 Prozent aller gastgewerblichen Unternehmen, die auf Lohn und Verzinsung verzichteten, defizitär – sondern fast 23 Prozent. Ein schwacher Trost, dass sich bei den korrekt kalkulierenden Hotels und Restaurants die Lage etwas verbesserte: Statt 66 Prozent unrentable Häuser wie im Jahr 2006 gab es noch 62 Prozent defizitäre Betriebe.

Muss nicht etwas faul sein, wenn in einem hochentwickelten und vergleichsweise reichen Land wie der Schweiz eine Branche mit rund 30000 Betrieben, über 200'000 Beschäftigten und gegen 10'000 Lernenden über Jahre von der Substanz lebt?

Auf die Antwort weist der Branchenspiegel 2014: "Da viele Restaurant- und Hotelinhaber auch die Betriebsleitung innehaben, können sie in schwierigen Zeiten auf die Auszahlung eines Lohnes oder Kapitalzinses verzichten."

Auch das nochmals zum Mitschreiben: In Zeiten von selbstverständlichen Landesgesamtarbeitsverträgen, von milliardenteuren Bankenrettungen und von hemmungslosem Gelddrucken leben rund 20'000 Schweizer Gastgewerbler, nicht selten Paare, seit Jahren auf Sparflamme: Sie zahlen sich keinen Lohn, geschweige denn können sie das Geld verzinsen, das sie in ihre Häuser gesteckt haben.

Ende April wird zur traditionellen Jahresmedienkonferenz von GastroSuisse der aktuelle Branchenspiegel erscheinen. Die Veränderungen gegenüber der Vorjahresperiode werden gering sein, die Branche hat eine gute Phase – verhältnismässig. Doch angesichts des Frankenentscheides vom Januar 2015 wird der neue Branchenspiegel einen Bruch darstellen: Ab heuer wird es schlimmer.

Wie nach der Finanzkrise 2008 werden die Umsätze nach dem Frankenentscheid von 2015 einbrechen. Auch die Zahl der Betriebe und der Beschäftigten wird zurückgehen – hier ist ja ebenfalls ein dicker Hund begraben: Zwischen 2010 und 2013 hat das Schweizer Gastgewerbe fast 18'000 Arbeitsplätze verloren, ein Grossteil Vollzeitstellen.

Dieser enorme Verlust von Arbeitsplätzen ist ähnlich dramatisch wie die Prekarisierung der gastgewerblichen Unternehmer. Doch Politik und Medien erkennen das tiefgreifende Malaise nicht einmal.

Ist das auch Wahnsinn, so hat es doch Methode: Zum einen ist die Produktivität des arbeits- und kapitalintensiven Gastgewerbes im Schweizer Umfeld so schwach, dass über Generationen nur dann rentabel zu wirtschaften ist, wenn keine unternehmerischen und keine politischen Fehler passieren. Der hohe Anteil ausländischer Arbeitskräfte oder die traditionellen Schwierigkeiten der Finanzierung sind Ausdruck davon.

Zum anderen ist diese Branche so gewerblich, so kleinstrukturiert, so fleissig und duldsam, dass sich Politik und Medien nicht gross kümmern müssen. Ein überaus beunruhigender Aspekt dabei ist, dass renditeschwache Gewerbe grundsätzlich Fundamente der Schweizer Volkswirtschaft und der Schweizer Demokratie sind.

Aber wohlgemerkt: Katastrophal ist nur der Zustand der Branche im Allgemeinen. Im Speziellen gibt es in der Schweizer Hotellerie und in der Gastronomie zahlreiche hervorragende Unternehmer, die viel gutes Geld verdienen und dafür immer viel arbeiten. Insofern ist das hier auch kein klägliches Gejammer, sondern eine möglichst kühle Analyse – eine klirrend kalte, die frösteln machen sollte.

Peter Grunder / GastroJournal


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