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14.10.2025

«Aufmüpfige Weibspersonen» im Vorarlberg?

Selbständige, relativ wohlhabende Frauen in Wirtshäusern um 1850

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts lag die wirtschaftlich gesehen auch für den Export hochwichtige Ostschweizer Stickerei vornehmlich in Frauenhänden. Die Handarbeit am Stickrahmen in Diensten St. Galler, Wattwiler und Appenzeller Handelshäuser wie Zollikofer stärkte die gesellschaftliche Stellung der Frauen, die über eigenes Geld verfügen konnten.

Die neu gewonnene Eigenständigkeit und Unabhängigkeit vom männlichen Ernährer und Patriarchen zeigte sich beispielsweise im Bregenzerwald zwischen den Jahren 1780 und 1794, einer wirtschaftlichen Blütezeit.

Die guten dortigen Zeiten der Seiden- und Goldfadenstickerei liessen die Bregenzerwalder Frauen verhältnismässig gut verdienen, was namentlich dem moralisch gestrengen katholischen Klerus, den Pfarrherren und Kaplanen, ein Dorn im Auge war.

Ein gewisser Pfarrer Brändle von Krumbach beispielsweise, kein Verwandter von mir, entsetzte sich, als er noch im Jahre 1829 in einem Wirtshaus auf einen «ganzen Haufen ledige Weibspersonen» stiess. Dieses Verhalten stamme noch aus den guten alten Zeiten der Stickerei, wurde dem baffen Geistlichen kurzerhand beschieden.

Damals hätten sich die relativ wohlhabenden Frauen allerhand Freiheiten herausgenommen. Sie hätten Karten gespielt, auch um Geld, Tabak geraucht, unsittlich getanzt (trotz Tanzverboten) und freie Liebesbeziehungen zu Männern gepflegt.

Besorgte Elite

In den Augen von Pfarrer Brändle war dies ein sündiges Leben «aufmüpfiger Weibspersonen». Das Wirtshaus, sonst die Domäne der verheirateten Hausväter, die ihr Haus auch gegen aussen repräsentierten und am Stammtisch über Gott und die Welt redeten, sich auch einmal betranken oder sich prügelten, war gegen Ende des 18. Jahrhunderts gewissermassen in weibliche Hände gefallen.

Eine solche Verkehrung der Geschlechterrolle musste bei der besorgten Elite in Kirche, Staat und Wissenschaft für Empörung sorgen. Frauen sollten Wirtshäuser generell eher meiden, wollten sie nicht in den Ruch der Unsittlichkeit, ja sogar Prostitution geraten.

Wenn sie eine Gaststube betraten, dann in Begleitung einer männlichen Anstandsperson (Gatte, Bruder, Grossvater, Pate etc.). Frauen galten ohnehin als leicht verführbar, aber auch als Verführerinnen, je nach Stand der maskulinen Vorurteile.

Unverheiratete waren meistens voll und ganz ausgeschlossen von der (männlichen) Wirtshausöffentlichkeit, die den Idealen der ständischen Gesellschaft gemäss die Hierarchien und den Status innerhalb der Dörfer abbilden sollte.

Als die Französische Revolution ab 1789 und die anschliessenden schlimmen Kriegswirren der Koalitionskriege und der noch verheerenderen Napoleonischen Kriege (bis 1815) welche die vorher so intensiven wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Vorarlberg und St. Gallen erschwerten, schwand auch die ökonomische Bedeutung der Bregenzerwalder Handstickerei für den gesamten Bodenseeraum, der damals ein Kultur- und Wirtschaftsraum war.

Mit ihrer Lohnarbeit indessen steuerten Frauen und auch Kinder weiterhin Geld zum stets äusserst knapp bemessenen Familienbudget bei.

Literaturhinweis:
Spirig, Jolanda. Sticken und Beten. Die Textildynastie Jacob Rohner. Familie, Firma, Klerus (1873-1988). Zürich: Chronos-Verlag 2015.


Dr. phil. Fabian Brändle, Wil SG, Historiker und Volksschriftsteller
fabianbraendle@hotmail.com

Bild: Chronos Verlag


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