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12.06.2014

Schluss mit den Tomaten

Sinn und Unsinn von Deko auf dem Teller

Die Küche lässt zusehends die Produkte und deren Geschmack für sich sprechen. Doch noch immer werden feinste Gerichte unter einem Berg Petersilie versteckt.

Was ist appetitlicher als ein hübscher Teller, auf dem die verschiedenen Ingredienzen sorgfältig und harmonisch angerichtet sind, um sie so richtig zur Geltung zu bringen? Im Gegensatz zu einem überbordenden Teller mit einem Tomatenviertel oder einem kleinen Busch Petersilie als einzigem Dekor.

Was nützt es, einen Teller zu verzieren? Ein erster Grund könnte rein kulinarisch sein, nämlich der Name eines Gerichtes, auch wenn dies heute nicht mehr viel bedeutet. Wenn die Garnitur einer Seezunge mit Kräutern keinen Zweifel aufkommen lässt, ist dies bei einer Geflügelbrust an Richelieu-Sauce nicht der Fall. Sie muss paniert sein, von einer Maître d'Hôtel-Butter begleitet und mit einer Reihe von Trüffelschnitzeln garniert. Doch hat irgendein Zusatz von Volumen oder von Farbe überhaupt einen Sinn?

An sich nicht, meint Carlo Crisci, Küchenchef im Cerf in Cossonay: "Das Wort 'Dekor' muss aus dem Vokabular der Köche ausgemerzt werden", denn "einen Teller zu verzieren, ist genau das, was man nicht machen sollte! Wenn ich koche, denke ich darüber nach, wie ich das Produkt verfeinern kann. Denn die Zusammenstellung meines Tellers hat keinen Sinn mehr, wenn ich etwas dazugebe oder wegnehme."

Ein Dekor in der für das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ) unterrichteten Küche ist zwar zulässig, doch müssen gewisse Regeln beachtet werden. Die erste ist weltweit bekannt: der Rand des Tellers gehört dem Gast. Selbst wenn es heute in Mode ist, auf Schiefertafeln aufzutischen, was die Anwendung dieser Regel verhindert – sie bleibt aktuell. Die zweite Regel wird nicht mehr wirklich beachtet, auch wenn sie den Kochlernenden noch vor wenigen Jahren unterrichtet wurde: Jeder Dekor muss essbar sein.

Trotzdem tischen gewisse Betriebe einen Dekor aus Rosmarinzweigen auf. Sicherlich, Rosmarin ist eine hübsche Pflanze, doch wird sie selten roh gegessen. Zudem ist ihr Preis sehr hoch, wenn man bedenkt, dass diese Art des Dekors nur einmal benutzt werden kann. Was auch für den Safran gilt. Seine Fäden sind fein, elegant und ockerfarben. "Das sieht zwar hübsch aus", erklärt Carlo Crisci, "aber er ist nicht gut! Es ist besser, wenn man versucht, das Produkt als Ganzes zu gebrauchen".

In der deutschen Schweiz ist es nach wie vor Mode, Schnitzel mit einem Tomatenviertel und einem Peterli-"Strauch" aufzutischen, damit es "hübsch aussieht". Auch essbare Blumen sind beliebt; die Gemüsehändler verkaufen sie für teures Geld. Bringen tun sie meist wenig mehr als etwas Farbe – obwohl gewisse unter ihnen einen echten geschmacklichen Trumpf und für ein Gericht einen reellen Mehrwert darstellen könnten.

Fazit: Hübsch aussehen genügt längst nicht. Der Verzier-Wahn gehört vielleicht zu den Entwicklungen der Gesellschaft, in der offenbar ein Gefühl herrscht, alles müsse "gut verpackt" sein. Selbst dann, oder gerade dann, wenn man am Ende durch den Inhalt ein wenig enttäuscht wird.

Es mag zwar verlockend sein, den Gast durch visuelle Elemente auf dem Teller beeindrucken zu wollen, doch "ein gekünstelter Teller ist sicherlich hübsch, aber er wird nie schön sein, nicht einmal ein Geschmackserlebnis. Man muss Lust haben, sich in ihm zu versenken. Der Anblick ist wichtig, aber nie auf Kosten des Geschmackes", betont Crisci.

Bezug zu den Speisen auf dem Teller

Benoît Viollier sieht das Anrichten wie ein Gemälde. Wie bei den Kunstmalern sei auch der Stil jedes Kochs anders: "Ich habe beschlossen, mich aufs Wesentliche zu konzentrieren und kein Geschnörkel auf meinen Tellern zuzulassen. Denn schliesslich ist das Ziel für alle dasselbe. Jeder will seine Arbeit ins rechte Licht rücken."

Ist es nicht enttäuschend, wenn man zartes, richtig geschmackvolles und perfekt gegartes Qualitätsfleisch unter einem Petersilienzweiglein verstecken muss, das in diesem Falle unnütz und vom Geschmack her uninteressant ist oder sogar störend?

Ein oft gehörtes Argument für opulente Dekorationen ist das Volumen, das so entstehe und an dem die Gäste Freude hätten. Wieso nicht, wenn der Teller dies zulässt. Tyler Brulé meinte anlässlich des Ferientages von Schweiz Tourismus jedoch: "Die Schweizer Restaurants sollten aufhören, Mousses oder Schäume vorzubereiten. Überlassen Sie das dem Noma in Kopenhagen. Bieten Sie doch lieber Ihren Gästen einfach ein schönes Stück Fleisch an. Hierzulande bereitet man das wirklich gut zu."

Carlo Crisci doppelt nach: "Eine Mousse auf ein Stück Fleisch oder einen Fisch setzen ist vielleicht spassig, bringt aber nichts."

Also lieber Krokant gefällig? Im Munde ein interessantes Gefühl. Es "muss aber auch einen Bezug zu den Speisen auf dem Teller haben und ein Plus darstellen", sagt Franck Giovannini und betont einstimmig mit den anderen Spitzenköchen, das sei mit Petersilie und Tomatenvierteln von vornherein nicht der Fall. "Es ist besser, nichts Unnötiges beizufügen als eine überholte Dekoration."

Die Küchentrends laufen derzeit eher dahin, aufzuhören, mit Dingen zu spielen, die nichts bringen. So wie die gehobenere Gastronomie zu früheren Geschmacksrichtungen zurückfinden will – ohne zu viele Mischungen und Gewürze – steht es auch mit dem visuellen Anblick, der einfacher wird und mit weniger Firlefanz auf dem Teller. "Vor nicht allzu langer Zeit waren die Teller sehr oft bis zum Rand mit verschiedenen Beilagenelementen überladen", erläutert Benoît Viollier. "Heute findet man weniger Ingredienzen und weniger Farben auf dem Teller, wie auch bei den Saucen."

Man kann aus einem Ikea-Geschirr ein Kunstwerk machen, indem man mit Balsamico-Essig kunstvolle Zeichen setzt. Wäre es aber nicht einfacher, von Beginn weg in schöne Teller zu investieren, vielleicht auch in besondere, um darauf gute Gerichte aufzutischen?

Romain Wanner / GastroJournal


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