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18.01.2024

Cash oder Karte?

Bargeldverzicht ist ein Irrweg

In den letzten Jahren haben sich einige Gastbetriebe entschieden, nur noch bargeldlose Zahlungen entgegenzunehmen. Vor kurzem hat sogar eine Restaurantkette diesen Schritt getan. Es ist den Unternehmern überlassen, welche Zahlungsmethoden sie akzeptieren. Als Konsument und Bürger stört es mich aber, wenn ich nicht mehr bar bezahlen kann.

In skandinavischen Ländern gibt es bereits zahlreiche Geschäfte und Dienstleister, die kein Bargeld mehr annehmen. Es sieht so aus, als ob diese Entwicklung auch bei uns Fahrt aufnimmt. Bisher waren es Einzelbetriebe, die auf «cashless» setzten. Als Gründe werden meist Sicherheitsaspekte und die Hygiene genannt.

Jetzt folgt eine überregional tätige Gruppe: Die «Familie Wiesner Gastronomie», zu der unter anderem die Konzepte Nooch, Negishi und The Butcher gehören, akzeptiert in ihren 35 Betrieben kein Bargeld mehr. Begründet wird dies unter anderem mit Einsparungen, die sich pro Jahr auf rund 600‘000 Franken belaufen sollen, was einem guten halben Prozent des Gruppenumsatzes entspräche.

Einsparungen sind eine Illusion

Zwar verursachen das Halten von Wechselgeld, Serviceabrechnungen mit Münz- und Notenzählen sowie Bankeinzahlungen tatsächlich Aufwand, doch handelt es sich um gut eingespielte Prozesse. Und auch beim Bezahlen mit Karte oder per Handy entstehen beträchtliche administrative Aufwände und konkrete Kosten. Allein die Kommissionen belaufen sich je nach Unternehmen auf knapp ein bis anderthalb Prozent. Zudem müssen Zahlungsterminals angeschafft und betrieben werden.

Service- und Tagesabrechnungen mit vielen Dutzenden von Kartenbelegen sind keineswegs einfacher – eher im Gegenteil. Es ist zudem möglich, dass es zu Umsatzeinbussen kommt, weil Gäste fernbleiben, die nicht bargeldlos bezahlen wollen – vielleicht aus weltanschaulichen Gründen oder weil sie keine Spuren hinterlassen möchten.

Wird nur noch mit der Karte bezahlt, rechnen die Servicemitarbeiter wegen der Trinkgelder höhere Beträge ab als auf der Kasse registriert sind. Entweder wird der «Overtip» dann nach jeder Schicht direkt ausbezahlt, was in bar erfolgen müsste, oder er wird den Mitarbeitern Ende Monat gesamthaft überwiesen.

Da die Cashless-Gastronomen die Trinkgelder ihrer Mitarbeiter kennen, müssen sie sie im Lohnausweis angeben. Es ist nicht auszuschliessen, dass je nach Summe und gewählter Verteilmethode eine Beitragspflicht für die Sozialversicherungen entsteht – mit der Folge, dass auch Arbeitgeberbeiträge bezahlt werden müssten.

Besonders findige Juristen könnten sogar eine Pflicht des Betreibers konstruieren, auf den Trinkgeldern der Mitarbeiter Mehrwertsteuern zu entrichten. Es entstehen also Fragestellungen, die es durchaus in sich haben!

Zuschläge für das Zahlen mit Kreditkarte

Jeder Unternehmer soll selbst entscheiden, welche Zahlungsmittel er annimmt. Die wirtschaftliche Freiheit gebietet das. Für die Gäste ist es angenehm, wenn möglichst alle gängigen Zahlungsmittel akzeptiert werden – dazu gehört ohne Zweifel auch Bargeld. Um auf längere Stromausfälle vorbereitet zu sein, braucht es in den Betrieben, die sich für «cashless» entscheiden, sowieso ein Backup-System mit Bargeld und handgeschriebenen Quittungen.

Es ist spannend, dass in den USA, wo die Kreditkarten ihre Anfänge haben, ein Gegentrend zu beobachten ist: Vor allem in der bedienten Gastronomie gibt es Zuschläge von bis zu drei Prozent, wenn man als Gast nicht «cash» bezahlt. Offenbar sehen viele Restaurantbetreiber «bargeldlos» nicht als kostensparend, sondern im Gegenteil als kostentreibend an. Eine Einschätzung, die ich persönlich teile.

Natürlich kommt es immer darauf an, wie man rechnet und wie die Arbeitsprozesse in einem Betrieb sind. Ein Schnellverpflegungslokal mit Self-Ordering-Kiosken und Counter-Service wird die Sache anders betrachten als ein Full-Service-Restaurant, wo die einzelnen Rechnungsbeträge höher sind, mehrere Kellner mit einem Terminal arbeiten und am Tisch einkassiert wird.

Für mich spricht vor allem eine übergeordnete Sicht dafür, Bargeld weiterhin zu akzeptieren oder sogar zu fördern. Eine totale Abhängigkeit von elektronischen Zahlungssysteme ist ein Graus. Cyberangriffe sind nicht nur ein theoretisches Risiko. Der Verzicht auf Bargeld ist ausserdem eine Form der sozialen Ausgrenzung, gibt es doch Menschen, die Mühe haben, sich an eine bargeldlose Gesellschaft anzupassen.

Besonders schwerwiegend ist der Verlust der Privatsphäre. Digitale Zahlungen hinterlassen elektronische Spuren, wodurch noch genauere Profile über Einzelpersonen erstellt werden können. Es droht eine verstärkte Überwachung durch Behörden oder private Unternehmen. Staatswesen und die grossen Finanz- und Technologiekonzerne werden ihre Macht und ihren Einfluss weiter ausbauen – und möglicherweise missbrauchen.

Maurus Ebneter
Präsident Wirteverband Basel-Stadt


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