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Wirteverband Basel-Stadt

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19.04.2010

"Für unsere Branche eine entscheidende Sache"

Josef Schüpfer zur Lancierung der MwSt-Initiative durch GastroSuisse

Josef Schüpfer, Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt, engagiert sich im 27-köpfigen Initiativkomitee der eidgenössischen Volksinitiative "Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!" Wir fragten ihn nach seinen Beweggründen.

Herr Schüpfer, warum engagieren Sie sich im Initiativkomitee?

Josef Schüpfer: Weil es um eine für unsere Branche entscheidende Sache geht, nämlich das Schaffen von gleich langen Spiessen im Ausserhaus-Markt. Und weil die Volksinitiative auf einen Antrag des Wirteverbands Basel-Stadt an die DV von GastroSuisse zurück geht. Schliesslich vertrete ich im nationalen Komitee zusammen mit Nationalrat Peter Malama die Nordwestschweiz als Region. Unsere Kantonalsektion engagiert sich übrigens auch im verbandsinternen nationalen Organisationskomitee: Maurus Ebneter leitet dort die Arbeitsgruppe Kommunikation.

Hand aufs Herz: Geht es nicht einfach darum, weniger Steuern zu bezahlen?

Nein. Die Initiative fordert nicht den reduzierten MwSt-Satz für die Restauration. Es geht keineswegs um Privilegien, sondern um gleich lange Spiesse! Die ungleiche Behandlung der Gewerbegenossen im Ausserrhaus-Markt könnte zwar tatsächlich aufgehoben werden, indem die Restaurationsbranche reduziert besteuert wird. Da hätten wir natürlich nichts dagegen. Aber auch ein Einheitssatz oder der Normalsatz für alle Marktteilnehmer würden die MwSt-Diskriminierung unseres Gewerbes eliminieren.

Im Gastgewerbe werden viele alkoholhaltige Getränke konsumiert...

Aber alkoholhaltige Getränke machen nur rund 20% des Umsatzes im schweizerischen Restaurationsgewerbe aus! Und hier haben wir bereits gleich lange Spiesse. Deshalb ändert sich bei einer Annahme der Initiative an der Besteuerung von Bier, Wein und Spirituosen auch nichts. Wir wollen erreichen, dass endlich auch alkoholfreie Getränke und Speisen unabahängig vom Verzehrort besteuert werden.

Wird der Verkauf von Speisen und Getränken im Gastgewerbe nicht deshalb höher besteuert, weil es sich in erster Linie um eine Dienstleistung handelt?

Unsere Branche ist nach der Erziehung und dem Gesundheitswesen – also zwei Branchen, die fast vollständig von der Mehrwertsteuer befreit sind – derjenige Wirtschaftszweig mit dem höchsten Anteil der Personalkosten. Die Nahrungsmittelindustrie hat nicht einmal halb so hohe Personalaufwände hat wie das Gastgewerbe. Während unsere Branche also äusserst arbeitsintensiv ist und im Verhältnis zum Umsatz viele Arbeitsplätze bietet, gilt für die maschinelle Nahrungsmittelproduktion genau das Gegenteil. Vor diesem Hintergrund ist die steuerliche Bevorzugung von Fertigmahlzeiten aus arbeitsmarktpolitischen Gründen falsch!

Abgesehen davon: Ein gebratenes Poulet von der heissen Theke eines Supermarkts oder ein Birchermüesli aus der Bäckerei enthalten ebenfalls einen nicht unwesentlichen Teil "Arbeit". Es ist nicht einzusehen, wieso die genannten Anbieter gegenüber der Gastronomie einen staatlich verordneten Wettbewerbsvorteil geniessen.

Ist die Mehrwertsteuer also eine "Strafsteuer auf Dienstleistungen"?

Zahlreiche Ökonomen sehen das so. Auf jeden Fall kommt die Mehrwertsteuer für arbeitsintensive Branchen wie das Gastgewerbe einer schmerzlichen Lohnabgabe gleich, die nicht zuletzt auch die Möglichkeiten für weniger qualifizierte Mitarbeiter sabotiert. Genau deshalb erlaubt beispielsweise die EU tiefere Mehrwertsteuern für arbeitsintensive Bereiche. In Frankreich, Holland, Luxemburg, Spanien und Polen liegen die Steuersätze in der Gastronomie sogar deutlich unter den schweizerischen.

Könnte man die Ungleichbehandlung auch beseitigen, indem der Detailhandel für "fertige" Speisen "über die Gasse" den Normalsatz bezahlt, so wie das Gastgewerbe?

Grundsätzlich wäre die Forderung der Initiative bei einer solchen Variante erfüllt. Es gäbe aber enorme Umsetzungsprobleme. Einmal abgesehen vom administrativen Mehraufwand für alle Unternehmen der Lebensmittelbranche: Die Abgrenzung zwischen "guten" und "schlechten" Lebensmitteln ist in vielen Fällen spitzfindig, oft gar unmöglich. Ist Brot ein Grundnahrungsmittel oder bereits ein Fertigprodukt? Oder sind es nur das Mehl und die Hefe? Wenn Brot ein Grundnahrungsmittel ist, könnten dann Restaurants Brötchen (z.B. als Beilage) ebenfalls zum reduzierten Satz abgeben? Was ist mit Mineralwasser? Würde ein solches Produkt dann sowohl im Detailhandel als auch im Gastgewerbe reduziert besteuert?

Und was heisst "über die Gasse"? Im Alltag kaufen viele Leute verzehrfertige Speisen oder Getränke ganz normal im Supermarkt oder im Fachgeschäft ein, konsumieren diese aber gar nicht zuhause, sondern im Park oder im Büro. Was eine direkte Konkurrenzierung des Gastgewerbes darstellt.

Kritiker wenden ein, dass sozial schwache Schichten betroffen wären, wenn die Ungleichbehandlung über höhere Steuersätze auf Lebensmitteln beseitigt würde. Was sagen Sie dazu?

Es ist erwiesen, dass ein tiefer Steuersatz für Lebensmittel nicht als sozialpolitisches Instrument zur Abfederung von Einkommensunterschieden taugt. Tatsache ist, dass für jeden Franken, um den der reduzierte Steuersatz die Steuerlast des einkommensschwächsten Fünftels der Haushalte verringert, gleichzeitig die Belastung des einkommensstärksten Fünftels um gut zwei Franken abnimmt.

In Entwicklungsländern, wo 50 bis 90 Prozent der Konsumausgaben für die Ernährung aufgewendet werden, ist die Besteuerung von Lebensmitteln von hoher sozialer Brisanz. Aber doch nicht in der Schweiz, wo ein Durchschnittshaushalt nur gerade 11 Prozent der Konsumausgaben für Lebensmittel verwendet (vor fünfzig Jahren waren es noch 30 Prozent)! Gehen wir von den gesamten durchschnittlichen Haushaltsausgaben aus (inkl. Steuern und Versicherungsprämien), so werden bei uns sogar nur gut 7 Prozent für Nahrungsmittel ausgegeben.

Gemäss Sorgenbarometer der Credit Suisse drehen sich die Gedanken der Schweizer denn auch nicht um die Lebensmittelpreise, sondern um Dinge wie Gesundheit, Altersvorsorge, Sicherheit, Umweltbelastung und vor allem um die Arbeitslosigkeit. Ist es da sinnvoll, gerade den Arbeitsteil höher zu besteuern?

Josef Schüpfer, Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt.


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