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17.10.2010

Die Alternative zur Kündigung

Einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrags

Manchmal ergibt sich während eines Arbeitsverhältnisses eine Situation, welche eine weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien erschwert oder gar verunmöglicht. Zum Beispiel, wenn sich der Mitarbeiter und der Arbeitgeber komplett zerstritten haben oder der Mitarbeiter ein neues Arbeitsangebot erhalten hat, welches er sofort annehmen möchte.

Wie kann man in einer solchen Situation als Arbeitgeber vorgehen? Kann man ein Vertragsverhältnis ohne weiteres beenden oder muss eine der Vertragsparteien zwingend eine Kündigung aussprechen und die damit verbundenen Fristen (Kündigungs-und Sperrfristen) einhalten?

1. Vertragsbeendigung durch Kündigung

Arbeitsverhältnisse werden normalerweise durch eine ordentliche Kündigung unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist beendet. Dabei spricht eine der Vertragsparteien die Kündigung aus und beendet dadurch das Arbeitsverhältnis.

Die Kündigung ist demnach eine einseitige Vertragsbeendigung. Sie ist empfangsbedürftig, d.h. die Kündigung wird erst wirksam, wenn der Empfänger von ihr Kenntnis nimmt. Sie muss spätestens am letzten Tag eines Monats bei der Gegenpartei eintreffen, damit die Kündigungsfrist eingehalten werden kann.

Dabei spielt das Datum des Poststempels keine Rolle. Die Kündigung muss für Ihre Gültigkeit von der Gegenseite nicht akzeptiert, sondern nur empfangen werden.

Aufgrund der beschriebenen Einseitigkeit sind Formulierungen wie "Kündigung in gegenseitigem Einvernehmen" oder "die Parteien sind übereingekommen, das Arbeitsverhältnis zu künden" rechtlich gesehen unsinnig.

In besonderen Fällen kann ein Arbeitsvertrag auch durch eine fristlose (ausserordentliche) Kündigung aufgelöst werden.

2. Aufhebung durch Übereinkunft

Ein Vertrag kann gemäss Art. 115 OR (Aufhebung durch Übereinkunft) grundsätzlich jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteinen aufgehoben werden.

Art. 115 OR: Eine Forderung kann durch Übereinkunft (der beteiligten Vertragsparteien) ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.

Die Übereinkunft der Vertragsparteien zur Aufhebung eines Vertrages im gegenseitigen Einvernehmen gilt – unter Berücksichtigung der folgenden Ausführungen – auch für Arbeitsverträge.

3. Der Aufhebungsvertrag als Alternative zur Kündigung

Als Alternative zur Kündigung bietet sich eine unter den Vertragsparteien vereinbarte Aufhebung des Arbeitsvertrages mit sofortiger Wirkung oder auf ein verbindlich festgelegtes Austrittsdatum hin an. Die Parteien schliessen dabei einen sogenannten Aufhebungsvertrag; rechtlich liegt eine Aufhebung durch Übereinkunft vor.

Das Gesetz schreibt für den Aufhebungsvertrag keine besondere Form vor (siehe oben). Die Aufhebung eines Vertrages ist sowohl schriftlich oder sogar mündlich zulässig, selbst wenn zur Eingehung des Vertrages eine bestimmte Form erforderlich war. Damit eindeutig ist, worauf man sich geeinigt hat (Beweissicherung), empfiehlt es sich unbedingt, den Vertrag schriftlich zu formulieren.

Entscheidend für die Zulässigkeit eines Aufhebungsvertrages ist also nicht die Form, sondern der Grund und der Inhalt des Aufhebungsvertrages.

4. Vorteile der Aufhebungsvereinbarung

Vorteilhaft ist eine Aufhebung, weil die Parteien den Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist nicht abwarten müssen und einen exakten Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses festlegen können. Durch die Aufhebungsvereinbarung wird der gesetzliche Kündigungsschutz des Mitarbeiters gemäss Art. 336c OR ausser Kraft gesetzt, d.h. dass beispielsweise eine Krankheit des Mitarbeiters nach Abschluss der Aufhebungsvereinbarung nicht mehr zur Unterbrechung der Kündigungsfrist führen kann.

Im Idealfall sollten beide Parteien von der Aufhebung des Arbeitsvertrages gleichermassen profitieren.

5. Zulässigkeit und Grenzen

Unzulässigkeit

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann aus gewissen Gründen und Umständen unzulässig sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn durch die Vereinbarung zwingende Gesetzesbestimmungen – welche meist den Arbeitnehmer schützen – bewusst umgangen oder verletzt werden oder wenn die Vorteile aus dem Aufhebungsvertrag eine Partei einseitig begünstigen.

Eine absichtliche Umgehung solcher Schutzbestimmungen nimmt man an, wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag lediglich vorzeitig/umgehend beenden möchte, um beispielsweise die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht im Falle einer Arbeitsunfähigkeit (z.B. infolge Krankheit) zu umgehen oder zu verkürzen. Denn eine reguläre Beendigung des Vertrages wäre infolge der zwingenden Sperrfrist (Krankheit) durch eine ordentliche Kündigung nicht möglich.

Zwar sind Aufhebungsvereinbarungen grundsätzlich während Krankheit, Unfall, Militärdienst oder Schwangerschaft der Mitarbeitenden sowie bei befristeten Arbeitsverträgen möglich. Voraussetzung ist jedoch, dass durch die Vereinbarung der zeitliche Kündigungsschutz aus Art. 336c OR nicht zu unrecht umgangen oder entsprechende Nachteile zumindest finanziell ausgeglichen werden und nicht ausschliesslich nur eine Partei von der Aufhebung profitiert.

Beispiel einer unzulässigen Umgehung: Wird eine Aufhebungsvereinbarung während einer Schwangerschaft (laufende Sperrfrist) oder vor einer terminierten und medizinisch notwendigen Operation mit anschliessender Arbeitsunfähigkeit (bevorstehende Sperrfrist) beschlossen, so betrachtet die Gerichtspraxis dies als eine unzulässige Gesetzesumgehung. Der Mitarbeiter würde auf die Verlängerung des Vertrages und die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers verzichten, ohne dafür eine
gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Der Vorteil der Aufhebung wäre in diesem Fall allein auf Seiten des Arbeitgebers.

Tritt der Grund für eine Sperrfrist hingegen erst nach Abschluss des Aufhebungsvertrages ein, so liegt keine Gesetzesumgehung vor und die Vereinbarung ist zulässig.

Folgen einer unzulässigen Vertragsaufhebung

Ist ein Aufhebungsvertrag unzulässig, so bleiben die entsprechenden vertraglichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Ansprüche bestehen.

Da die Ansprüche bei einer ordentlichen und einer ausserordentlichen Kündigung voneinander abweichen, muss im Einzelfall geklärt werden, ob mit dem Aufhebungsvertrag allfälligerweise die Schutzbestimmungen einer ordentlichen oder einer ausserordentlicher Kündigung umgangen werden sollten.

Ausgleich einer Unzulässigkeit

Ein eigentlich unzulässiger Aufhebungsvertrag kann aber unter Umständen trotzdem zulässig sein, wenn z.B. durch ihn ein strittiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bereinigt wird und beide Seiten dabei (gleichwertige) Zugeständnisse machen.

Das ist der Fall, wenn der Verzicht des Mitarbeiters durch zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers (genügend) kompensiert wird oder wenn der Mitarbeiter ein grosses eigenes Interesse an der Aufhebung hat.

Ob ein solches Interesse vorliegt oder nicht, muss jeweils aufgrund der Sachlage im Einzelfall entschieden werden.

Mögliche ausreichende Interessen:
- wenn ein ausländischer Mitarbeiter seinem Arbeitgeber mitteilt, dass er für eine unbestimmte Zeit in sein Heimatland zurückkehren möchte
- wenn der Mitarbeiter eine neue "Wunsch"arbeitsstelle umgehend antreten möchte
- wenn dem Mitarbeiter Leistungen (meist finanzieller Art) zugesichert werden, welche seine Nachteile aus dem Aufhebungsvertrag kompensieren.

Weitere Unzulässigkeitsgründe

Kommt eine Aufhebungsvereinbarung zustande, weil z.B. der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter unter Druck gesetzt hat (entweder Aufhebung des Vertrages oder fristlose Kündigung), so ist die Vereinbarung ebenfalls unwirksam (rechtlich: nichtig).

5.5. Wunsch des Mitarbeiters

Kommt der Wunsch zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses explizit von Seiten des Mitarbeiters (z.B. damit er vorzeitig eine neue Stelle antreten kann), dann stellt sich die Frage des Arbeitnehmerschutzes weniger und eine Beendigung durch eine Aufhebungsvereinbarung ist in einem solchen Fall meist problemlos möglich. Der Mitarbeiter verzichtet zwar auf den Lohn während der Kündigungsfrist, dafür muss aber während dieser Zeit keine Arbeitsleistung mehr für den bisherigen Arbeitgeber erbringen.

In einem solchen Fall fordert man als Arbeitgeber den Mitarbeiter am besten auf, den Wunsch zur Aufhebung niederzuschreiben und dem Arbeitgeber zu übergeben.

Dieser gibt zur Aufhebung des Arbeitsvertrages sein – ebenfalls schriftliches – Einverständnis und geht kein weiteres Risiko mehr ein.

6. Vorsicht bei voraussichtlicher Arbeitslosigkeit des Mitarbeiters

Hat der Mitarbeiter beim Abschluss des Aufhebungsvertrages keine neue Arbeitsstelle
in Aussicht, dann muss dieser durch den Aufhebungsvertrag mit Sanktionen bei der Arbeitslosenversicherung rechnen. Nach Art. 30 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung (AVIG) ist die Anspruchsberechtigung des Versicherten für einen zu bestimmenden Zeitraum einzustellen, wenn er durch eigenes Verschulden arbeitslos geworden ist.

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages gilt diesfalls als selbstverschuldete Arbeitslosigkeit. Leider ermuntern die Arbeitslosenkassen in solchen Fällen ihre Klienten, die Aufhebungsvereinbarung anzufechten.

7. Un- / Verzichtbarkeit (Art. 341 Abs. 1 OR)

Der Aufhebungsvertrag bewirkt, dass infolge der Vertragsbeendigung keine neuen Forderungen zwischen den Parteien entstehen. Das "Verzichtsverbot" aus Art. 341 Abs. 1 OR verbietet dem Mitarbeiter den Verzicht auf bereits bestehende Forderungen aus dem Arbeitsvertrag und spielt im Regelfall im Zusammenhang mit Aufhebungsvereinbarungen (betrifft zukünftige Forderungen) keine Rolle.

Der Arbeitgeber darf also seinen Mitarbeiter nicht dazu drängen, auf bestehende Forderungen zu verzichten. Allerdings hat das Bundesgericht bestätigt, dass ein Aufhebungsvertrag im Licht der oben genannten Gesetzesbestimmung zulässig ist, wenn durch ihn sowohl der Arbeitgeber als auch der Mitarbeiter auf gewisse Rechte verzichten und dies zu einer angemessenen Lösung führt.

8. Zu regelnde Punkte

Die folgenden Punkte sollten bei einer Aufhebungsvereinbarung geklärt und festgehalten werden.

Finanzielle Regelungen: Die Aufhebungsvereinbarung sollte alle finanziellen Elemente regeln. Beispielsweise Lohnzahlungen, 13. Monatslohn, Bezug verbleibender Ferien- und Feiertagsansprüche, Abgeltung von Überstundenguthaben, etc.

Beendigungszeitpunkt: Es soll für beide Parteien Klarheit geschaffen werden, auf welchen Zeitpunkt hin das Arbeitsverhältnis genau beendet wird. Das Vertragsende muss nicht mit dem letzten Arbeitstag übereinstimmen.

Versicherungs- bzw. Vorsorgeleistungen: Ebenfalls sollte geregelt sein, was nach dem Beendigungszeitpunkt mit den diversen (Sozial-)Versicherungen wie z.B. Unfallversicherung oder Pensionskasse geschieht. Den Arbeitgeber treffen hier Informationspflichten, z.B. über die Möglichkeit beim Austritt von der Kollektiv- in die Einzelversicherung zu wechseln oder den Abschluss einer Abredeversicherung.

Rückgabe: Arbeitsgegenständen aus dem Eigentum des Arbeitgebers müssen an diesen zurückgegeben werden.

Konkurrenzverbot: Ein solches muss bei Bedarf ebenfalls in einem Aufhebungsvertrag geregelt werden.

Arbeitszeugnis: Der Mitarbeiter hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, welches ihm der Arbeitgeber zum Ende des Anstellungsverhältnisses ausstellen muss.

Fälligkeit der Leistungen: Vereinbarung, ob eine einmalige oder eine gestaffelte Zahlung der noch ausstehenden Leistungen erfolgt.

"per-Saldo-Klausel": Mit dieser Klausel wird geregelt, dass der Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber bzw. die Parteien gegeneinander keine weiteren Ansprüche mehr besitzen, ausser denjenigen, welche in der Aufhebungsvereinbarung genannt oder auf welche explizit verwiesen wurde. Durch die Klausel soll sichergestellt werden, dass nach Abschluss der Aufhebungsvereinbarung keine weiteren Forderungen mehr gestellt werden können.

9. Weiteres

Jene Partei, welche die Aufhebung nicht selbst vorgeschlagen bzw. verfasst hat, muss die Möglichkeit haben, den Vertrag in Ruhe zu überdenken. In der Regel dürfte eine Bedenkfrist von ca. zwei Tagen ausreichend sein.

10. Kurz und bündig

Der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung kann und soll im Idealfall für beide Vertragsparteien von Vorteil sein. Insbesondere können damit Unsicherheiten in der Zukunft (z.B. Dauer der Lohnfortzahlung oder Sperrfrist) oder Differenzen einvernehmlich geregelt werden. Es muss dabei immer beachtet werden, dass der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung im Interesse beider Parteien zu liegen hat.

Trotz der gemachten Ausführungen empfiehlt der Rechtsdienst GastroSuisse eine telefonische Beratung im Einzelfall, da sich viele Abwägungen und Verhältnismässigkeiten erst aus dem konkreten Einzelfall ergeben.

Quelle: Rechtsdienst GastroSuisse


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