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20.11.2015
Design to Cost in der Schweizer Ferienhotellerie
Kollektivunterkünfte und bewirtschaftete Appartements versprechen Erfolg
Die Hochkostensituation stellt für die Schweizer Saisonhotellerie ein gewaltiges Problem dar. Eine Studie der HTW Chur untersucht die Frage der Rentabilität von Beherbergungsbetrieben in Abhängigkeit vom Standort und zeigt, welcher Beherbergungstyp sich an welchem Standort lohnt.
Hotellerie entwickelt sich dort am besten, wo günstig gute Arbeitskräfte vorhanden sind, Platz für Expansion besteht und Kapital nicht teuer ist. So steht es in den Lehrbüchern. In der modernen Schweiz sind die ersten beiden Faktoren knapp. Auch die Finanzierung stellt – zumindest für Hotels in den saisonalen Feriengebieten – oft ein Problem dar, denn die Rendite ist bescheiden, bei gleichzeitig nicht zu unterschätzenden Risiken.
Die Folge davon sind Investitionsdefizite der Branche, die auf 100 Million Franken pro Jahr geschätzt werden, mit steigender Tendenz, weil Quersubventionierungen nach Annahme der Zweitwohnungsinitiative nicht mehr möglich sind. Basierend auf dieser Ausgangslage hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur zusammen mit dem Baumeisterverband Graubünden, Implenia Schweiz AG, PWC Real Estate Advisory und Basler & Hofmann AG Planer und Berater ein Projekt aufgesetzt, um nach Lösungen aus der Investitionsfalle zu suchen.
Die Idee der Forscherinnen und Forscher am Institut für Tourismus und Freizeit ITF der HTW Chur geht vom Gedanken aus, dass sich nie die Rahmenbedingungen an das Produkt anpassen, sondern das Produkt so gestaltet werden muss, dass erfolgreiches Geschäften innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen möglich ist. Das kommt durch den Titel des Projektes zum Ausdruck: "Design to Cost: Ausrichtung an tragbaren Zielkosten bei der Entwicklung von kommerziellen Beherbergungsangeboten am Beispiel Graubündens".
Der in der Industrie bekannte Ansatz basiert darauf, dass die Kosten für ein Produkt konsequent so lange minimiert werden, bis festgesetzte Zielkosten erreicht sind. Auf den Tourismus angewendet bedeutet dies, dass eine Beherbergungsimmobilie im Bau und Betrieb nur so viel kosten darf, wie rentabilisiert werden kann, und zwar bei einer Vollkostenrechnung (sämtliche Betriebs-, Immobilien- und Kapitalkosten).
Betriebs- und Destinationstyp matchentscheidend
Hotels sind immer mit hohen Kosten verbunden, einmal bei der Investition und den damit verbundenen Kapitalkosten, aber auch beim Betrieb, der personalintensiv und daher im Hochkostenland Schweiz teuer ist.
Aber das muss nicht zwingend so sein, wenn die Bereitschaft besteht, unkonventionell und innovativ zu denken, sei es durch die Verwendung von standardisierten industriellen Bauprozessen, sei es durch die konsequente Infragestellung von Servicekosten, wenn diese nicht auf den Preis geschlagen werden können. Und dies ist, wie die Studie zeigt, nicht überall in gleicher Weise möglich, sondern destinationsabhängig.
Das traditionelle Hotelmodell ist nicht per se wirtschaftlich problematisch, sondern einfach an bestimmten Orten gegenüber anderen Beherbergungsformen unterlegen. Entsprechend hängt die wirtschaftliche Machbarkeit eines bestimmten Betriebstyps von Preisniveau und Jahresauslastung ab, die in einer bestimmten Destination erreicht werden können.
In der Studie des ITF wurden Standardhotels im 2- und 3-Sterne-Bereich, im Mittelklassebereich (3-Stern Superior und 4-Stern) und im Hochklassebereich (4-Stern Superior und 5-Stern) sowie Kollektivunterkünfte untersucht und mit kommerziell bewirtschafteten Ferienwohnungen verglichen, und zwar an verschiedenen standardisierten Standorten. Die Destinationsräume Graubündens wurden zu diesem Zweck in vier vergleichbare Typen eingeteilt.
Während bestehende Hotels an geeigneten Standorten und bei gutem Management sowie konstanter Abschreibungs- und Investitionspolitik auch bei anspruchsvollen Rahmenbedingungen überlebensfähig und rentabel sein können, sind neue Hotels ohne Quersubventionen schwierig zu rentabilisieren.
Kollektivunterkünfte, zum Beispiel von Bergbahnen, und bewirtschaftete Appartements, wie sie heute vereinzelt realisiert werden (zum Beispiel in einem neuen Resort in Brigels mit 500 warmen Betten) können in die Bresche springen. Norbert Hörburger, stellvertretender Leiter Forschung & Dienstleistungen des ITF, betont: "Neue Formen kommerzieller Beherbergung sind wirtschaftlich interessant und eine Bereicherung für den Beherbergungsmix."
Solche Anlagen sind auch nach Annahme der Zweitwohnungsinitiative zulässig, wenn es sich um strukturierte Beherbergung handelt, die im Rahmen von Hotels oder hotelmässigen Residenzen erstellt werden. "Die Auflage zur hotelmässigen Bewirtschaftung sollte aus der Ausführungsverordnung zur Zweitwohnungsinitiative gestrichen werden", bemerkt Andreas Deuber, interimistischer Leiter des ITF.
Als Folge können dann reine Ferienwohnungsanlagen ohne Zusatzleistungen (ausser Endreinigung und einem Schlüsselabgabeservice) nicht mehr realisiert werden. Das liegt nicht in der Zielrichtung der Zweitwohnungsinitiative und ist zudem unklug, weil dadurch genau jene Modelle der kommerziellen Beherbergung gestrichen werden, welche die beste Wirtschaftlichkeit aufweisen und einen Weg aus der Investitionssackgasse aufzeigen können.
Ergebnisse im Überblick
Alle untersuchten Beherbergungstypen können an allen Destinationstypen positive Betriebsergebnisse (EBITDA) erzielen. Die besten Ergebnisse im Segment der Standardhotels werden im Destinationstyp Lenzerheide-Arosa/Flims-Laax erreicht. Bei den Mittelklasse- und Luxushotels sowie bei den Kollektivunterkünften obsiegt der Destinationstyp St.Moritz-Pontresina.
Kleindestinationen fallen bei allen Immobilien- und Standorttypen ab.Bei den Appartments im Standardbereich sind die Ergebnisse mit Ausnahme der Kleindestinationen ausgeglichen. Bei den Luxusappartements obsiegt der Destinationstypus St.Moritz-Pontresina.
Werden auch die periodischen Instandsetzungskosten berücksichtigt, so kippen mit Ausnahme der Standardhotels am Destinationstyp Lenzerheide-Arosa/Flims-Laax sämtliche Hoteltypen standortunabhängig in den negativen Bereich, wobei sich Standardhotels am Destinationstyp Davos-Klosters am besten halten. Die Kollektivunterkünfte bleiben positiv, mit Ausnahme der Kleindestinationen.
Die bewirtschafteten Wohnungen bleiben derweil an allen Destinationstypen positiv. Bei einer Weiterführung der Rechnung in Form eines Vergleiches der Anlagekosten und Ertragswerte ist nur der Beherbergungstyp Appartement Luxus in der Destination St. Moritz-Pontresina in der Lage, die geforderte Mindestverzinsung in Höhe der Cap-Rate für den Investor/die Investorin zu erreichen.
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Dossiers: Hotellerie | Tourismus
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