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14.12.2015

Alpsegen und Alptraum

35 Jahre nach dem Schweizer Tourismuskonzept des Bundesrates

Tourismus in der Schweiz hat eigentlich keine Zukunft. Und seine Vergangenheit erscheint als schräge Entwicklungshilfe.

In den 1980er-Jahren wurde es offenkundig: 1981 schrieb Peter Keller, Chef des Dienstes für Tourismus beim damaligen Biga, für den Bundesrat das "Schweizerische Tourismuskonzept", das "sanften Tourismus" und "qualitatives Wachstum" thematisierte. Jost Krippendorf seinerseits, Professor am Institut für Freizeit und Tourismus der Universität Bern, veröffentlichte "Alpsegen, Alptraum" als Beitrag der Schweiz zum Unesco-Programm "Mensch und Biosphäre".

"Viele von uns sind in Sorge", hielt Krippendorf fest, "das lebensnotwendige Gleichgewicht zwischen der Natur und unseren menschlichen Aktivitäten ist immer mehr in Gefahr". Gemeinsam mit Hansruedi Müller, der die Universität Bern an der Wende zum 21. Jahrhundert prägen sollte, listete Krippendorf damals sieben Chancen und Gefahren des Tourismus auf (siehe unten).

30 Jahre oder eine Generation später ist das Fazit verheerend: Die Chancen wurden zwar gepackt, doch die Gefahren haben in einer dramatischen Art überhandgenommen. Der Tourismus führe "zu einer einbeinigen und anfälligen Wirtschaftsstruktur", hatte Krippendorf gewarnt, überdies wachse er "einseitig und unkoordiniert und höhlt seine eigene Ertragskraft aus".

Krippendorfs Publikation heute zu lesen, ist geradezu unheimlich: Seite um Seite werden die Schwierigkeiten ausgebreitet, mit denen sich der Tourismus im Berggebiet heute konfrontiert sieht. Und genauso wie damals fehlen auch heute überzeugende Ansätze, diese Schwierigkeiten zu überwinden.

Eine Generation nach den Warnungen sollte man indes wenigstens soweit sein, wirklich hinzuschauen: Zwar haben die Berggebiete insgesamt einen Lebensstandard erreicht, der mit demjenigen der industriellen Lebensräume vergleichbar ist. Aber die Grundlage dieses Lebensstandards – und das ist bei Krippendorf nur zwischen den Zeilen zu lesen – ist nicht das Tourismusgeschäft.

Krippendorf und Müller haben zwar schon vor 30 Jahren festgehalten, dass in den Tourismusgebieten ein "Rüstungswettlauf" stattfinde und die Bauwirtschaft dominiere. Aber dass der wirtschaftliche Kern eines vernünftigen Tourismus, nämlich die gastgewerbliche Leistung, in der Schweiz grundsätzlich zu wenig rentiert, war bei Krippendorf kein Thema – und auch bei Keller kaum.

Aber in den Betrieben ist es Alltag: Arbeit und Kapital ist in der Schweiz seit langem so teuer, dass sich im arbeits- und kapitalintensiven Gastgewerbe nur ebenso genügsame wie professionelle Familienbetriebe oder branchenfremde Investoren halten können.

Vom Corvatsch über die Maloja, den Giessbach und das Jungfraujoch bis zum Schilthorn, zum Bürgenstock und nach Saas-Fee ist solch schräge Entwicklungshilfe über Berg und Tal zu besichtigen. Und vom Satellitenkonto Tourismus bis zum Branchenspiegel von GastroSuisse ist das gastgewerbliche Renditeproblem statistisch bestens belegt. Doch wirklich ¬hinzuschauen, die ökonomische Gretchenfrage zu stellen und zu beantworten, wagen wir noch immer nicht.

Im Gegenteil läuft zurzeit ein nächstes Wettrüsten, etwa repräsentiert durch Projekte wie Andermatt Swiss Alps. Zudem zapfen wir öffentliche Gelder an, die freilich nicht das Gastgewerbe entlasten, sondern Werber mästen und Bergbahnen zum öffentlichen Gut machen.

Solcher Irrsinn könnte allerdings heilsam wirken. Denn wenn wir es weitere 30 Jahre einfach fahren lassen, wird es unbezahlbar teuer.

Die 7 Gefahren
Führt zu einer einbeinigen und anfälligen Wirtschaftsstruktur
Wächst einseitig und unkoordiniert und höhlt seine eigene Ertragskraft aus
Verschleisst Boden
Belastet Natur und Landschaft
Bringt der ansässigen Bevölkerung Fremdbestimmung und Abhängigkeit
Untergräbt die Eigenart der einheimischen Kultur
Birgt soziale Spannungen und vergrössert Ungleichgewichte

Die 7 Chancen
Stoppt die Abwanderung
Schafft Arbeitsplätze
Bringt Einkommen
Finanziert Infrastrukturen
Verbessert Wohnverhältnisse
Stützt die Landwirtschaft und trägt zur Landschaftspflege bei
Stärkt das Selbstbewusstsein und das Zugehörigkeitsgefühl der Bergbevölkerung

Peter Grunder / GastroJournal


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