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07.12.2017

«Sich vom Staat nicht zu viel erwarten»

Unternehmer Hermann Hess über Politisches und Touristisches

Hermann Hess war einer der wenigen Parlamentarier, für die Tourismus, Hotellerie und Gastronomie keine Fremdwörter sind. Sein Rückzug ist umso bedauerlicher.

Hermann Hess ist VR-Präsident und Alleinaktionär der Hess Investment Gruppe, Hotelinvestor, VR-Präsident und Mitinhaber der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft AG (SBS) sowie diplomierter Konzertpianist.

Am 26. November endete Ihre Amtszeit als Nationalrat nach gerade einmal zwei Jahren. Was hat Sie zum frühzeitigen Rücktritt bewogen?

Hermann Hess: Der erste Grund ist mein Alter. Als ich in den Nationalrat gewählt wurde, war ich 63 Jahre alt, und ich habe mir von Anfang an gesagt: Entweder mache ich drei oder fünf Jahre.

Der zweite Grund ist meine Positionierung in den Kommissionen. Ich hätte mich gerne im Bereich Soziales und Gesundheit eingebracht, denn gerade bei Themen wie AHV hätte ich mit 40-jähriger Arbeitgebererfahrung mehr Ahnung gehabt als manch anderer, der in dieser Kommission Einsitz nimmt.

Der dritte Grund ist eher summarisch. Denn wenn ich die zwei Jahre im Nationalrat rekapituliere und mich frage, was wir politisch bewegt haben, dann ist die Antwort: wenig! Gerade wenn wir die vier wichtigen Themen wie Unternehmenssteuerreform III, Reform Altersvorsorge, Rüstungsbeschaffung und Verhältnis zur europäischen Union nehmen.

Was hätte Sie zum Bleiben bewegt?

Allenfalls hätte ich mich ein wenig länger engagiert, wenn die Gastronomie oder auch die Hotellerie auf mich zugekommen wären. Aber man hatte mich einfach nicht auf dem Radar. Wobei ich hier eingestehen muss, dass ich die Nähe zu einzelnen Verbänden auch nicht gesucht habe, weil ich stets der Meinung war, dass es schon zu viele Nationalräte gibt, die viele verschiedene Hüte tragen und überall gesponsert werden. Das habe ich nie gesucht, ich verdiene auch so genug. Zudem war mir immer klar, dass ich in erster Linie Unternehmer und in zweiter Nationalrat bin – nicht umgekehrt.

Nach Ihrer Zeit in Bern, was können Sie dem Tourismus und dem Gastgewerbe mit auf den Weg geben?

Dass der Tourismus und das Gastgewerbe nicht zu viel vom Staat erwarten sollen.

Was ist denn Ihrer Meinung nach die vernünftige Rolle des Staates?

Gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Was man im Parlament sicher besser machen könnte, wäre das Hervorheben der wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus. Denn im Vergleich zur Landwirtschaft wird diese Branche einfach stiefmütterlich behandelt, und es wird ihr viel zu wenig Beachtung geschenkt.

Leider haben es die Bauern durch alle Parteien hindurch geschafft, dass es Politiker gibt, die sich gedankenlos für sie einsetzen und nicht wissen, was sie damit in anderen Branchen anrichten. Das ist bizarr, denn der Tourismus erwirtschaftet im Jahr rund 35 Milliarden Franken Umsatz, während es die Landwirtschaft gerade einmal auf 10 Milliarden bringt. Notabene mit der gleichen Anzahl Leute.

Aber es ist nun mal so: Es gibt nichts, über das im Parlament so viel geredet wird wie über die Landwirtschaft, die uns sehr viel Geld kostet. Aber wenn man sich in Bern gegen die ständigen Privilegien der Landwirtschaft äussert, ist man in der Minderheit.

2007 haben Sie mit Partnern die damals «serbelnde» SBS übernommen. Wie steht es heute um den Betrieb?

Zwischenzeitlich geht es uns sehr gut. Wir machen rund 15 Millionen Franken Umsatz im Jahr – 12 davon mit der Gastronomie und dem Ticketverkauf. Hier ist noch wichtig zu wissen, dass wir als Inhaber nur bei der Übernahme 2007 einmalig Geld in den Betrieb investiert haben.

Die weiteren Investitionen von rund 26 Millionen Franken, die in den letzten Jahren noch erfolgten, wurden vorwiegend mit erwirtschafteten Eigenmitteln und mit etwas Hypotheken finanziert. Die SBS ist vollständig selbsttragend. Und das, obwohl wir keine einfache Ausgangslage hatten und haben, und obwohl die grossen Touristenströme nicht bei uns vorbeifliessen. Wir sind somit ein Beispiel für ein Schifffahrtsunternehmen, das trotz herausfordernden Umständen wirtschaftlich gesund ist.

Was machen Sie besser als andere?

Wir verstehen uns nicht in erster Linie als Transport-, sondern als Tourismusunternehmen. Denn wenn Sie am Schweizer Ufer transportiert werden wollen, können Sie auch den Zug nehmen. Wir bieten das Erlebnis Schifffahrt kombiniert mit einer guten Gastronomie. Der Ticketumsatz liegt bei uns in der Grössenordnung des Gastronomieumsatzes. Das heisst, dass wir mit der Gastronomie in den letzten Jahren mehr gewachsen sind als mit dem Ticketverkauf.

Ich sehe da Parallelen zu Skigebieten. Gute Skigebiete machen gute Umsätze mit attraktiven Restaurants. Hier müssen wir einfach schauen, dass wir das Niveau halten können – und dafür brauchen wir Fachkräfte. Denn wir haben gemerkt, dass wir unsere Ziele nicht dank billigen, sondern dank guten Mitarbeitenden erreichen. Und wir zahlen sie auch überdurchschnittlich. Dennoch bleibt gerade die personelle Herausforderung gross.

Was sind weitere Herausforderungen?

Neben dem Fachkräftemangel und den hohen Personalkosten, dass wir in den Kennzahlen drinbleiben, die Kosten im Griff haben, aber auch die Umsätze. Ein weiteres Thema ist der teure Lebensmitteleinkauf – der ist einfach ein riesiges Problem für die Schweizer Gastronomie. Besonders im preissensiblen Grenzgebiet – und hier wären wir wieder bei den Rahmenbedingungen.

Transport und Gastronomie sind zwei eigene Bereiche, die gerne mal in Konflikt geraten. Wie gehen Sie mit diesem Zielkonflikt um, beziehungsweise wie funktioniert das bei der SBS?

Man muss die Schifffahrt und die Gastronomie als ein Ganzes betrachten. Nur so funktioniert es. Das muss alles aus einer Hand sein. Denn am Ende verkaufen wir ja ein Gesamterlebnis, das funktionieren soll.

Wir haben jetzt die beiden Bereiche insofern angenähert, dass unsere Mitarbeitenden in der Gastronomie an Land als auch auf den Schiffen arbeiten. Wir sind sogar so weit gegangen, dass wir unser Gastro-Personal als Hilfs-Nautiker ausgebildet haben, damit diese in den schwachen Zeiten aushelfen können; und das wurde akzeptiert von den Behörden wie auch den Mitarbeitenden. Mit solchen Aktionen haben wir die Personalkosten optimiert, sodass es wir nun in einem normalen KMU-Mass funktionieren können.

Neben der Tätigkeit bei der Schifffahrt sind sie auch als Hotelinvestor tätig. Was reizt Sie an Hotelbetrieben – die Rendite wohl nicht, oder? Denn mit der Hotellerie wird man nicht reich…

Bei einer gut positionierten modernen Hotellerie stimmt die Rechnung für den Investor wie auch für den Betreiber. Es gibt zwei Arten der Hotellerie. Die gut funktionierende Business- und Stadthotellerie auf der einen Seite, mit der man durchaus Geld verdienen kann, und die stark saisonal ausgerichtete Ferienhotellerie, die zu wenig Umsatz macht und dringend Investitionen braucht.

Sie besitzen ein Hotel, bauen ein zweites und planen ein drittes. Wie steht es um das Hotelprojekt in Romanshorn?

Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Projekt je verwirklicht wird – und das obwohl wir gerade im Oberthurgau dringend Betten benötigen. Im Thurgau schwächelt die Hotellerie wegen der zu geringen Betriebsgrösse. Gerade in Romanshorn haben wir jedoch eine weltweit tätige Industrie, und es fehlt einfach an Möglichkeiten, deren Leute unterzubringen. Das 3-Stern-Hotelprojekt wäre gross genug, um diese Lücke zu füllen und neben den Businessgästen dann im Sommer auch touristische Gruppen anzusprechen.

Aber bevor wir hier im Kanton von Hotels und Tourismus reden, müsste man einmal über die essenzielle Grundlage des Tourismus sprechen, nämlich die grundsätzliche gastfreundliche Einstellung. Man soll sich doch freuen, wenn Leute kommen, die nicht von hier sind. Diesbezüglich kann der Thurgau noch Fortschritte machen. Und wir können uns ein Beispiel an den Kollegen auf der deutschen Seeseite nehmen. Vielleicht können wir das Projekt dann doch noch umsetzen.

Neben Politik, Wirtschaft und Tourismus spielt die klassische Musik, besonders das Klavierspiel, in Ihrem Leben eine wichtige ergänzende Rolle. Hilft Ihnen dieser Hintergrund ab und an in Ihrem Alltag?

Ja, sehr, denn als Musiker muss man gut zuhören und rasch auf die Mitspieler reagieren können. Ein amüsanter Nebeneffekt ist zudem, dass man gelegentlich für etwas weltfremd gehalten wird. Diese Einschätzung verliert sich aber rasch, wenn man mich kennenlernt.

Interview: Christine Bachmann / GastroJournal

«Ich war immer in erster Linie Unternehmer und in zweiter Nationalrat - nicht umgekehrt», sagt Hermann Hess. Bild: Christine Bachmann / GastroJournal


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