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27.05.2020
Wie weiter mit den Epidemie-Versicherungen?
Unsere Einschätzung – aktualisiert am 26. Juni 2020
Obwohl die Epidemie-Versicherungen inzwischen bereit sind, zumindest einen Teil des Corona-bedingten Schadens zu übernehmen, gibt es noch offene Fragen. Hier ist der Versuch einer Übersicht. Alle Angaben ohne Gewähr.
Mit Ausnahme der «Mobiliar», der «Basler» und der «Vaudoise» wollten sich ursprünglich alle Versicherungsgesellschaften vor Leistungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie drücken.
Der Wirteverband Basel-Stadt hatte sich in enger Zusammenarbeit mit GastroSuisse sehr früh mit der Frage beschäftigt und einen Versicherungsanwalt mit einem Gutachten beauftragt. Das Resultat des Gutachtens war klar.
Ein Rechtsprofessor erstellte im Auftrag des Versicherungsombudsmanns ein eigenes Gutachten und bestätigte: Die Epidemie-Versicherungen können sich nicht mit der spitzfindigen Unterscheidung zwischen Epidemie und Pandemie vor Leistungen drücken.
Leider ist die Situation dennoch reichlich komplex, da es nicht nur verschiedene Gesellschaften gibt, sondern auch unterschiedliche Policen und Versicherungsbedingungen. Wir sind leider nicht in der Lage, Einzelfälle zu prüfen. Bitte wenden Sie sich an Ihren Treuhänder oder Versicherungsbroker, je nachdem auch an einen Versicherungsanwalt.
Alle unsere Angaben erfolgen ohne Gewähr. Wir weisen darauf hin, dass jeder Unternehmer selbst entscheiden muss, ob er Vergleichsangebote annehmen will oder nicht. In der Regel ist mit der Annahme der Verzicht auf weitere Ansprüche und auf die weitere Epidemie-Deckung verbunden. Eine Ablehnung bedeutet, dass Sie den Rechtsweg beschreiten müssen. Das bedeutet jahrelanges Warten mit unsicherem Ausgang.
Zum Teil sind die vorliegenden Vergleichsangebote zufriedenstellend. Manchmal ist der Spatz in der Hand sowieso besser als die Taube auf dem Dach. Unterschreiben Sie dennoch nicht voreilig. Es kommt aber der Moment, in dem SIE sich entscheiden müssen. Wir versuchen, eine Orientierungshilfe zu geben.
Mobiliar, Basler, Vaudoise
Grundsätzlich haben diese Gesellschaften sich bisher recht korrekt verhalten. Offenbar sind sie aber teilweise der Ansicht, die Deckung höre am 11. Mai 2020 auf. Das ist nicht zwingend so. Zu beachten ist allerdings, dass die Deckungsdauer bei den Versicherungen begrenzt ist: Über 90 Tage geht sie kaum.
AXA (aktualisiert am 26. Juni 2020)
Die Vergleichsangebote des «führenden Versicherers in der Schweiz» (Eigenwerbung) enttäuschen. Es werden nur 60 Tage bezahlt, obwohl die Haftzeit in den Policen 90 Tage beträgt. Die Rechenformel ist zudem wenig vorteilhaft. Bitte beachten Sie, dass die Angebote der Axa unter Ziffer 4 des Vergleichs eine sogenannte «Saldoklausel» beinhalten. Wenn Sie das Angebot annehmen, können Sie später keine zusätzlichen Forderungen stellen. Auch dann nicht, wenn ein Gericht in einem ähnlichen Fall entscheiden würde, dass die Axa hätte mehr bezahlen müssen.
Die Axa behauptet, dass sie ihre abgegebenen Vergleichsangebote nicht verbessert. Wir haben aber Kenntnis davon, dass auf starken Druck hin Angebote erhöht wurden. In einem Fall wurden beispielsweise anstatt 60 Tage neu 80 Tage Deckung gewährt. Nach einem ablehnenden Bescheid empfehlen wir folglich, erneut auf die Axa zuzugehen und unmissverständlich ein Vergleichsangebot zu verlangen, welches den Angeboten von Helvetia («Prozentschlüssel») und Generali entspricht (4.7% des massgeblichen Jahresumsatzes).
Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben: Schlagen Sie den Gerichtsweg ein, wenn die Axa das Angebot nicht mehr verbessert.
In Ergänzung zu dieser Handlungsempfehlung müssen wir feststellen, dass die Axa «stur» bleibt und ihre unterbreiteten Vergleichsangebote nur in speziellen Ausnahmefällen nachgebessert hat. Falls Sie sich noch nicht entscheiden konnten, ob Sie das Angebot annehmen wollen oder nicht, empfehlen wir Ihnen, bei der Axa umgehend (bis am 30. Juni 2020) nachweisbar (z.B. per E-Mail) eine Fristerstreckung von 14 Tagen zu beantragen.
Für den Fall, dass Sie das Angebot nicht annehmen möchten, jedoch keine Rechtsschutzversicherung haben und insbesondere aus Kostengründen aber auch kein langwieriges und aufwendiges Gerichtsverfahren anstreben wollen, besteht weiter noch die Möglichkeit, dass Sie später vielleicht von einem anderweitigen Axa-Fall respektive einem entsprechenden Urteil profitieren könnten.
Dabei ist zu erwähnen, dass es mehrere Jahre dauern kann, bis ein entsprechendes Urteil vorliegt (wohl des Bundesgerichts). Und der Ausgang eines entsprechenden Verfahrens ist letztlich halt doch offen. Es heisst sodann «alles oder nichts» respektive die Axa muss (mehr) bezahlen oder sie muss gar nichts bezahlen.
Wenn Sie sich für diesen ausdauernden, langen Weg entscheiden, sollten Sie von der Axa umgehend eine Verjährungs- und Verwirkungsverzichtserklärung verlangen (am besten gleich für fünf Jahre). Oft enthalten Versicherungsbestimmungen nur eine Verjährungsklausel, in den Axa-AVB ist jedoch auch eine Verwirkungsklausel aufgeführt, aufgrund welcher abgelehnte Entschädigungsansprüche innert zwei Jahren nach Eintritt des Schadensereignisses «gerichtlich» geltend gemacht werden müssen. Sollte die Axa nur eine Verjährungsverzichtserklärung abgeben, müsste somit letztlich spätestens im Februar 2022 dennoch eine Klage vor Gericht anhängig gemacht werden.
Helvetia «Prozentschlüssel»
Die Helvetia operiert mit zwei unterschiedlichen Angeboten, welche je auf anderslautenden Versicherungsbestimmungen basieren. Das Angebot mit dem «Prozentschlüssel», erachten wir als recht gut – insbesondere in Relation zum Prozessrisiko und den diesbezüglichen Verfahrenskosten. Den Versicherungsnehmern wird für drei Monate insgesamt 4.7% des versicherten Jahresumsatzes angeboten. Ein Betrieb mit einem Jahresumsatz von 1.2 Millionen Franken kommt so auf eine Leistung von 56'400 Franken. Mit der Unterzeichnung verzichten Sie auf weitere Forderungen und eine weitere Deckung.
Helvetia «Pauschalzahlungen» (aktualisiert am 11. Juni 2020)
Bei den «Pauschalzahlungen» sagt die Helvetia, dass hier klarerweise keine Leistungspflicht besteht. Es gibt Gutachten mit unterschiedlichen Beurteilungen. Sinngemäss gelten die Erläuterungen zur «Allianz» (siehe unten).
Zurich (aktualisiert am 17. Juni 2020)
Die Zurich hatte Mitte Mai angekündigt, bei Epidemie-Versicherungen die «volle Pandemie-Deckung» zu geben. Leider ist nach wie vor unklar, was mit «voll» gemeint ist. Wir haben Hinweise, dass die Versicherungsgesellschaft bei einem Teil der Kunden nur «Solidaritätszahlungen» vornimmt, deren Höhe bei etwa 0.6% des versicherten Jahreslohnes liegt.
Generali / TSM
Ein Vergleich mindestens in der Höhe des Prozentschlüssel-Angebots der Helvetia liegt nach unserem Kenntnisstand drin.
Allianz (aktualisiert am 11. Juni)
Seit 30. Mai 2020 liegt ein neues Gutachten vor, welches vom angesehenen Prof. Dr. Roland Schaer verfasst wurde und – im Gegensatz zum Gutachten für den Ombudsmann – zum eindeutigen Schluss gelangt, dass bei Hygieneversicherungen der Allianz eine Deckung besteht.
Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, empfehlen wir, den Gerichtsweg einzuschlagen und Ihre Versicherung umgehend auf das neue Gutachten hinzuweisen.
Wenn sie keine Rechtsschutzversicherung haben, sollten Sie von der Allianz umgehend eine «Verjährungsverzichtserklärung» verlangen (am besten gleich für fünf Jahre). Es wurde mittlerweile ein Rechtsverfahren eines Restaurantbetriebs gegen die Allianz anhängig gemacht, weshalb Sie bei einem Obsiegen allenfalls später einfach profitieren könnten. Unter Umständen, aber eher weniger wahrscheinlich, müsste sodann dennoch erneut Klage erhoben werden; beispielsweise wenn es im vorgenannten Verfahren nicht zu einem Bundesgerichtsentscheid käme.
Prüfen Sie ferner zur Sicherheit noch, ob Sie in Ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen keine Klausel haben, wonach abgelehnte Versicherungsansprüche innert zwei Jahren nach Eintritt des Schadens «klageweise» oder «gerichtlich» geltend gemacht werden müssen. In einem solchen Fall würde eine Verjährungsverzichtserklärung innert zwei Jahren nicht genügen. Es müsste innert zwei Jahren geklagt werden (wenn man denn will, siehe nachfolgend). Nach unseren bisherigen Abklärungen sollte aber in den Allgemeinen Bedingungen der Allianz keine solch verschärfte Klausel enthalten sein, was gut ist.
Wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, «streitlustig» sind und nicht vorerst mal das Ende des vorgenannten, eingeleiteten Verfahrens abwarten wollen, können Sie allenfalls sogleich auch ein Rechtsverfahren anstreben. Dabei müssen Sie aber selbst entscheiden, ob Sie das erhebliche Risiko eines Gerichtsverfahrens eingehen wollen. Für die Anwalts- und Gerichtskosten muss mit mehreren zehntausend Franken gerechnet werden. Insbesondere muss bei einer Niederlage neben den eigenen Anwaltskosten für die gesamten Gerichtskosten aufgekommen werden und der Gegenpartei ist zudem eine Prozessentschädigung zu bezahlen.
Am ehesten wäre ein Gang vor Gericht in Erwägung zu ziehen, wenn Ihr versicherter Jahresumsatz sehr hoch ist (mehrere Millionen Franken). Die Prozesschancen sind allerdings sehr schwierig zu beurteilen, insbesondere aufgrund des vom Ombudsmann in Auftrag gegebenen Gutachtens von Prof. Dr. Walter Fellmann, welches eben eine Leistungspflicht verneint.
Unabhängig davon, ob Sie eine Rechtsschutzversicherung haben oder nicht, sollten Sie mit dem neuen Gutachten von Herrn Prof. Dr. Roland Schaer erneut starken Druck auf die Allianz machen. Allenfalls könnten Sie zudem auch (nochmals) an den Ombudsmann gelangen, wobei von diesem aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. Walter Fellmann wohl nicht viel zu erwarten ist.
- «Volle Pandemie-Deckung»: Zurich kündigt Zahlungen an
- Ombudsmann-Gutachten: Versicherungen müssen zahlen
- Schutzausreden sind nachweislich falsch und konsumentenfeindlich
Dossier: Pandemie
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