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07.04.2015

Mehr Schweizer in die Wüste

Ausländische Destinationen bearbeiten intensiv den hiesigen Markt

Im Zuge des Frankenentscheides sind Schweizer Gäste fürs Ausland noch attraktiver geworden. Entsprechend viel wird getan, um sie anzulocken.

Schweizer Touristen gelten im Ausland als "Chinesen Europas": recht freigebig und recht unkritisch. Zusätzlich attraktiv sind sie wegen ihrer Währungsvorteile, die sich Mitte Januar noch akzentuiert haben. Entsprechend intensiv bearbeiten ausländische Destinationen den Schweizer Markt. Schätzungen zufolge fliessen dafür allein im Zuge des Frankenentscheides der Nationalbank etwa 30 Millionen Franken.

Eine klassische Werbemassnahme ist das Einladen von Medienschaffenden. So hat das Marokko Mitte März aufgeboten. Es folgten rund 15 Schweizer Medienschaffende, darunter Blogger, Webzine-Macher und Youtube-Filmer.

In den nächsten Wochen wird Marokko mithin massiert in Schweizer Medien auftauchen, die Berichte werden freundlich sein, stillschweigend wäscht hier eine Hand die andere. Schweiz Tourismus, hiesige Destinationen und Stationen machen dasselbe aber natürlich auch und weisen es oft stolz in den Jahresberichten aus.

Es würden "enorm viele Journalisten" nach Marokko eingeladen, sagt eine Veranstalterin. Das Königreich holt rund ein Drittel seiner Exporterlöse aus dem Tourismus, umgerechnet gut 7 Milliarden Franken waren es 2014. Diese Einnahmen sind verknüpft mit gut 10 Millionen Ankünften, mehr als doppelt so viele wie 2000.

Doch Marokko will mehr: Der König höchstselbst soll die Devise ausgegeben haben, bis 2020 unter die zwanzig führenden Destinationen der Welt aufzusteigen. Bei den Ankünften steht man zurzeit auf Platz 28 (Schweiz 32), bei den Einnahmen auf 39 (Schweiz 18).

Die Wachstumsrezepte sind klassisch: Belebung der Nachfrage, Erweiterung des Angebotes. Das Budget des staatlichen marokkanischen Reisebüros ONMT steht für 2015 bei ausserordentlichen 100 Millionen Franken, ein Grosssteil der Summe fliesst über die Flugtaxe herein.

Schweizer Touristen tragen seit Jahren etwa so viel Geld ins Ausland wie ausländische Touristen in die Schweiz – rund 15 Milliarden Franken. Nach Marokko fliesst dabei nicht besonders viel Schweizer Touristengeld: Etwa 82'000 Schweizer Ankünfte und 175'000 Logiernächte hat das Land 2014 gezählt. Aber während weit wichtigere Märkte wie Frankreich sich nicht so entwickeln, wie Marokko sich das wünschte, steigt die Schweizer Nachfrage nach Plan – jährlich mehr als 10 Prozent.

Die touristischen Verhältnisse in Marokko erinnern etwas an die Schweiz des späten 19. Jahrhunderts: Ausländische Investoren klotzen beeindruckende Hotelpaläste in eine ¬wenig entwickelte Volkswirtschaft. Arbeit kostet praktisch nichts, entsprechend erledigen Heerscharen von einheimischen Beschäftigten die Arbeit.

Der Anteil der Lohnkosten in der marokkanischen Hotellerie erreicht kaum 25 Prozent, ein durchschnittlicher Monatslohn schlägt mit umgerechnet kaum 300 Franken ¬zu Buche, ein Spitzenkoch kostet monatlich etwa 1000 Franken, Landesgesamtarbeitsverträge gibt es so wenig wie Lehren.

Doch wie in der Schweiz zum Anfang des 20. Jahrhunderts, so stösst die Entwicklung in Marokko am Anfang des 21. Jahrhunderts an Grenzen. König Mohammed VI, seit 1999 auf dem Thron, fördert im Gegensatz zu seinem Vater ausländische Investitionen. Doch inzwischen sind der Luxushotels und Resorts so viele, dass die Löhne steigen, während Auslastung und Preise sinken.

Dieser Falle ist nicht zu entkommen: Der arbeits- und kapitalintensive Tourismus stützt heranreifende Volkswirtschaften. Sind die Volkswirtschaften jedoch entwickelt, wird der wenig produktive Tourismus zur Last.

Für den Schweizer Tourismus ist das in doppeltem Sinn beunruhigend: Zum einen kann die Schweiz nur mit Standort- und Qualitätsvorteilen punkten, wobei unter Berücksichtigung aller Faktoren die Ausbeute immer fragwürdig bleibt. Und zum anderen werden aufstrebende Destinationen weiter intensiv um Schweizer Gäste buhlen.

Hinsichtlich Marokko nicht zu vergessen: Im Land vegetieren schätzungsweise 40'000 Flüchtlinge, die den umgekehrten Weg der Touristen gehen und nach Europa möchten.

Peter Grunder / GastroJournal


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