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22.04.2016

Ohne Hindernis geniessen

Wie es um die Barrierefreiheit im Gastgewerbe steht

In der Schweiz wohnen rund 1.6 Millionen Menschen mit Behinderung. Diese möchten, aber können nicht überall zu Gast sein.

Was in der internationalen Hotellerie und in den Vereinigten Staaten gang und gäbe ist, ist in der Schweiz keine Selbstverständlichkeit: barrierefreie Gebäude. Obwohl bei Neu- und Umbauten die Pflicht besteht, auf eine hindernisfreie Bauweise zu achten, wird dies nicht überall umgesetzt: Gründe dafür sind Platzmangel, ein zu hoher finanzieller Aufwand oder Konflikte mit dem Umwelt- oder Denkmalschutz.

Das hindernisfreie Bauen wird in der Schweiz durch das Eidgenössische Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) geregelt, das sich auf die Norm SIA 500 stützt: Darin ist festgehalten, wie gebaut werden muss und welche Grössen einzuhalten sind. Ferner sind die kantonalen Vorschriften zu berücksichtigen, die recht unterschiedlich ausfallen können: So sollte der Zugang zu Restaurants in Bern und Neuenburg rollstuhlgängig sein und es müssen auch Parkplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen werden. In Luzern gilt zudem, dass gastgewerbliche Betriebe mindestens eine rollstuhlgängige Toilette besitzen.

Trotz dieser Vorgaben sind immer noch viele – vor allem ältere – Gebäude nicht den Bedürfnissen von Gästen mit Handicap angepasst. "Optimierungspotenzial gäbe es im Gastgewerbe an vielen Orten und in vielen Belangen", meint Suzanne Auer von Agile, einer Organisation von Menschen mit Behinderung: "Längst nicht alle Restaurants sind zugänglich für Rollstühle, zudem sind vielerorts die Toiletten zu klein und die Spiegel und Waschbecken zu hoch angebracht."

Auch Haltegriffe suche man in vielen Betrieben vergeblich. Fast schlimmer findet Auer es aber, wenn das Servicepersonal Gäste mit Behinderung nicht direkt anspricht, sondern sich an die Begleitung wendet: "Im Rollstuhl zu sitzen, blind oder gehörlos zu sein, bedeutet ja nicht, dass man eine geistige Einschränkung hat."

Vielen Menschen mit Handicap ist es sehr wichtig, dass sie wie die anderen Gäste behandelt werden und ihren Aufenthalt ohne Hilfe von Fremden geniessen können. "Gerade jüngere Rollstuhlfahrende möchten selbständig sein und schätzen es, wenn sie sich problemlos fortbewegen können", meint Myrta Fuchs vom Gasthaus Rössli in Dagmersellen.

Zusammen mit Martin Bernet hat sie das Restaurant 1995 übernommen und sechs Jahre später saniert. "Für uns war klar, dass Barrierefreiheit beim Umbau ein Muss ist", erklärt sie. Das ganze Gebäude sei nun rollstuhlgängig und verfüge über einen Lift sowie ein Invaliden-WC mit Dusche und viel Platz.

"Der Umbau kommt allen zugute", ist Fuchs überzeugt: "Nicht nur Gäste mit Behinderung, sondern auch Eltern mit Kinderwagen und ältere Menschen mit Rollator profitieren davon." Nicht zuletzt betreffe es auch die Mitarbeitenden des Gasthauses: Früher mussten sie die Waren mühsam vom Keller in den Saal im ersten Stock bringen, heute können sie dafür den Lift benutzen. "Wir haben den kleinsten voll rollstuhlgängigen Lift eingebaut, dadurch halten sich die Kosten im Rahmen", erzählt die Gastgeberin.

Apropos Kosten: Für behindertengerechtes Bauen können Restaurants nicht auf finanzielle Unterstützung der Behörden hoffen. "Die halsen dem Gastgewerbe Vorschriften auf, sind sonst aber keine grosse Hilfe", erzählt Fuchs.

Dem stimmen Verena Güntensperger-Meile vom Restaurant Hirschen in Bütschwil sowie Liselotte Forrer von der Schmiedstube in Bern zu: Zuschüsse habe es keine gegeben. Das Amt für behindertengerechtes Bauen habe lediglich die Pläne kontrolliert.

Dennoch sind sich die Gastgeberinnen einig, dass Barrierefreiheit heute ein Muss ist. "Das ist ein Mehraufwand, der sich gehört", meint Güntensperger-Meile, deren Restaurant über die neue Terrasse ebenerdig zugänglich ist und im Erdgeschoss ein Invaliden-WC besitzt. In Bütschwil sei die Nachfrage gross gewesen: Dort gebe es ein Alters- und Pflegeheim, dessen Bewohner sich über das hindernisfreie Restaurant besonders freuen.

Auch Liselotte Forrer kann in der Berner Schmiedstube regelmässig Gäste mit Handicap begrüssen: "Wir sind gut vorbereitet und hatten bereits mehrere Rollstuhlfahrende gleichzeitig im Lokal", erzählt sie. Das Restaurant verfügt über einen Treppenlift sowie zwei Invaliden-WC auf unterschiedlichen Stockwerken. Die Mehrkosten dafür hielten sich im Rahmen, da das ganze Restaurant umgebaut wurde und die zusätzlichen Einrichtungen nur einen Teil davon ausmachten.

Faktisch ist es günstiger, einen Neubau von Beginn weg hindernisfrei zu bauen als nachträgliche Anpassungen vorzunehmen. Im Durchschnitt kosten die Massnahmen bei einem neuen Gebäude 1.8 Prozent der Bausumme. Bei kleineren Bauten kann der Betrag höher liegen, bei grösseren tiefer.

In der Regel reicht eine hindernisfreie Toilette für ein Restaurant aus, bei mehrstöckigen Gebäuden wäre zudem ein Lift ideal. Die meisten Massnahmen dienen dabei der Allgemeinheit, denn von breiteren Eingängen und Aufzügen profitieren alle, nicht nur Menschen mit Behinderung.

Bei nachträglichen Anpassungen muss mit Kosten von rund 3.6 Prozent des Gebäudewertes gerechnet werden. Daher lohnt es sich, ein Gebäude von Anfang an hindernisfrei zu planen. Dadurch können Kosten gespart werden und Wert und Komfort des Gebäudes nehmen zu.

Nicht zuletzt fällt bei barrierefreien Restaurants oftmals die Reinigung und Warenlieferung leichter. Schulungen zum Thema Barrierefreiheit bieten verschiedene Organisationen wie zum Beispiel der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband an, Tipps für den Umbau kann man sich im Internet einholen.

Cristina Bürgi / GastroJournal


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