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14.03.2017
Für eine solide und gerechte Altersvorsorge
Probleme können gelöst werden, wenn wir Denkrillen verlassen
Das Ausland beneidet die Schweiz um ihr Dreisäulen-Prinzip bei der Altersvorsorge. Doch auch bei uns verdüstert sich die Lage: Die nachhaltige Finanzierung der Sozialwerke ist gefährdet. Nicht umsonst gehört die Vorsorge gemäss Sorgenbarometer der Credit Suisse zu den Themen, die Herr und Frau Schweizer am meisten beschäftigen. Wir können die Probleme lösen, wenn wir gewohnte Denkmuster verlassen!
Die grösste Herausforderung für die Altersvorsorge ist die demografische Entwicklung. Als die AHV 1948 eingeführt wurde, wurden die Menschen durchschnittlich 68 Jahre alt, heute sind es 83. Gemäss offiziellen Hochrechnungen soll die Lebenserwartung bis 2050 nochmals um fünf Jahre steigen. Gleichzeitig kommen die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter. Während früher sechs Erwerbstätige für einen Rentner aufkamen, wird das Verhältnis schon bald zwei zu eins betragen. Spätestens dann wird unser System vollends aus dem Lot geraten.
Eine starke Zuwanderung, Gelder aus den Spielbankenerträgen, der Mehrwertsteuer und der Tabaksteuer sowie steigende Löhne und Beitragserhöhungen konnten das bisher etwas abfedern, doch wir stossen überall an Grenzen. Die Leute müssten also entweder geringere Renten in Kauf nehmen oder länger arbeiten, somit auch länger Beiträge einzahlen und erst später Renten beziehen. Das ist ziemlich unrealistisch, wie wir noch sehen werden.
Hände weg von höheren Lohnabzügen!
Der Mittelbedarf wird steigen und herkömmliche Finanzierungsmethoden wie Lohnbeiträge können ihn lediglich unter Inkaufnahme massiver Nebenwirkungen decken. Bereits heute finanzieren die Lohnabzüge nur noch drei Viertel der Rentenausgaben; der Rest muss durch zusätzliche Steuern aufgebracht werden.
Die Lohnabzüge müssten eigentlich um einen Drittel erhöht werden, um die aktuellen Ausgaben der AHV in der Höhe von 41 Milliarden Franken pro Jahr abzudecken. Doch dies würde die bereits angespannten Haushaltsbudgets des Mittelstands belasten und das Wachstumspotential der Schweizer Wirtschaft schwächen. Es wäre verhängnisvoll, den Faktor Arbeit weiter zu verteuern, haben doch viele Branchen angesichts vergleichsweise sehr hoher Personalkosten schon jetzt grösste Mühe, international wettbewerbsfähig zu bleiben.
Holzweg Rentenalter
Ein einfacher Ausweg läge darin, das Rentenalter zu erhöhen. Die Niederlande, Dänemark und Schweden beschreiten diesen Weg, damit die Finanzierungslücken nicht völlig aus dem Ruder laufen. Doch seien wir realistisch: Eine rasche Erhöhung des Rentenalters für alle findet in der direkten Demokratie keine politische Mehrheit. Es tritt hinzu, dass viele Menschen, nicht nur in der Baubranche, mit 65 ausgemergelt sind, ihren Ruhestand benötigen und auch verdienen.
Doch was sind die Alternativen? Eine zusätzliche Verschuldung ist unverantwortlich gegenüber kommenden Generationen. Ein jahrzehntelanges, starkes Wirtschaftswachstum würde Linderung verschaffen, doch ist die Hoffnung darauf fast so naiv wie die Annahme, die Zuwanderung werde das Problem lösen. Die allermeisten der neu Einzahlenden werden langfristig mehr aus der AHV beziehen als sie dort bis zu ihrer Pensionierung einzahlen. Es gleicht einem Ponzi-Schema: Wir stopfen die Löcher mit Einnahmen, die später zu noch mehr Ausgaben führen.
Eine Verschiebung von notwendigen Reformen wird künftig lediglich zu noch schmerzhafteren Anpassungen führen, sei es durch die Verschlechterung des Lebensstandards der Erwerbstätigen oder drastische Einschnitte in die Leistungen an die Rentner.
Schreckgespenst Altersarmut
Die Zahl derjenigen, die auf AHV-Ergänzungsleistungen angewiesen sind, steigt. Immer mehr Leute sorgen sich, in eine Altersarmut abzugleiten – viele von ihnen zurecht, denn die Lebenshaltungskosten in der Schweiz sind immens: Denken wir nur an die hohen Mieten, stetig steigende Krankenversicherungsprämien und exorbitante Pflegekosten.
Ich halte fest: Auf der Ausgabenseite der AHV ist nur wenig zu machen. Ein generell höheres Rentenalter könnte allenfalls sehr langsam – in kleinen Schritten über Jahrzehnte – eingeführt werden. Rentenkürzungen kommen nicht in Frage, denn Normalbürger sind nun einmal auf die Leistungen der ersten und zweiten Säule angewiesen, um ihre Existenz und wenigstens halbwegs den gewohnten Lebensstandard zu sichern. Was übrigens genau die ursprüngliche Idee der verschiedenen Säulen ist!
Sozialer Frieden darf etwas kosten
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wollen wir den sozialen Frieden bewahren, so liegt die Lösung hauptsächlich auf der Einnahmenseite. Die Erwerbstätigen dürfen aber nicht noch stärker belastet werden, haben doch viele Familien bereits heute zu kämpfen. Höhere Lohnbeiträge würden nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Arbeitgeber hart treffen. Eine Verteuerung der Lohnnebenkosten wird zu einem enormen Druck auf die Löhne und zu Stellenabbau führen.
Viele Politiker suchen das Heil in einer Mehrwertsteuererhöhung. Nur ist das halt nicht gratis zu haben! Zwar würden dann immerhin die Rentner «mitzahlen», doch ist das nur ein vermeintlicher Vorteil, denn letztlich müsste das durch höhere Renten kompensiert werden.
Jobkiller Mehrwertsteuer
Mehrwertsteuererhöhungen sind so oder so ein Rezept aus dem Giftschrank: Es belastet die Finanzierungsquelle der Renten, dem produktiven Sektor weitere Ressourcen zu entziehen. Höhere Mehrwertsteuern haben einen negativen Effekt auf den Konsum und die Beschäftigung, insbesondere auf die Chancen von Geringqualifizierten. In arbeitsintensiven Branchen ist die Mehrwertsteuer schon heute ein «Jobkiller», nur will die Politik das nicht wahrhaben, denn damit würde sie sich eines «bequemen» Geldtopfs berauben, welchen sie zu benutzen hofft, ohne dass das Volk aufmuckt.
Die Diskussion um die Zukunft der Altersvorsorge ist festgefahren. Dabei gäbe es durchaus Finanzierungsquellen, die weniger schädlich und unsozial wären als die herkömmlichen Rezepte. Im Folgenden gehe ich auf einige Vorschläge ein, die je nach politischer Couleur auf Zustimmung oder Ablehnung stossen werden. Die Lösung liegt meines Erachtens in einem Paket von Massnahmen. Ein solches auszuhandeln, ist Sache der Politik.
Vorschlag 1: Die Nationalbank-Milliarden
Die Schweizerische Nationalbank vernichtet(e) Volksvermögen, weil sie den Franken künstlich tief hält. Natürlich gibt es dafür verständliche Gründe, doch die Tatsache bleibt: Ohne die Milliarden-Interventionen könnten sich Schweizerinnen und Schweizer mit einem noch stärkeren Franken mehr Produkte und Dienstleistungen kaufen. Wie wäre es, wenn wir die Hälfte der Devisenreserven in einen Staatsfonds ausgliedern? Dort lägen etwa 300 Milliarden Franken, die bei einer tief angenommenen Durchschnittsverzinsung von 3 Prozent jährlich 9 Milliarden abwerfen würden. Dieses Geld könnte dazu eingesetzt werden, die AHV zu sichern. So würde auch wieder etwas ans Volk zurückfliessen.
Vorschlag 2: Negativzinsen
Die Giroguthaben der Banken bei der Schweizerischen Nationalbank werden mit einem happigen Negativzins belastet. So kommen Hunderte von Millionen Franken pro Jahr zusammen, die man zweckgebunden in die AHV fliessen lassen könnte.
Vorschlag 3: Weniger Berater
Der Bund gibt für externe Beratungen pro Jahr durchschnittlich rund 800 Millionen Franken aus. Auf kantonaler Ebene dürfte ein ähnlicher Betrag zusammenkommen. Meist werden mit den «Studien» gar keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Vielmehr dienen sie dazu, staatliche Tätigkeiten zu rechtfertigen oder sogar eine politische Agenda zu verfolgen. Wie wäre es mit einer Halbierung der externen Aufträge? Für die Altersvorsorge würden so Hunderte von Millionen Franken frei.
Vorschlag 4: Kohäsionsbeiträge
Die Schweiz hat sich verpflichtet, den neuen EU-Staaten jährlich rund 100 Millionen Franken an Entwicklungsbeiträgen zu bezahlen. Die sogenannten Erweiterungs- oder Kohäsionsbeiträge sind zumindest in dieser Höhe stark umstritten. Zum einen sind die Partnerstaaten bei weitem nicht frei von Korruption, zum anderen treten die erhofften Effekte (z.B. Gegengeschäfte) nicht im versprochenen Umfang ein. Wie wäre es, hier über die Bücher zu gehen und so pro Jahr Dutzende von Millionen Franken frei zu machen?
Vorschlag 5: Unternehmenssteuern
Im Gegensatz zu Personengesellschaften, bei denen auf den Gewinn Einkommenssteuern und AHV entrichtet werden, bezahlen juristische Personen auf ihrem Gewinn keine AHV-Beiträge. Wie wäre es, wenn deren Gewinnsteuern um 0.25 Prozentpunkte angehoben würden, um die AHV mit zu finanzieren?
Vorschlag 6: Asylbereich
Die Kosten im Asylbereich laufen aus dem Ruder. Das hat auch mit einer Sozialhilfe zu tun, die keinen Unterschied zwischen ansässigen Menschen und Asylsuchenden macht. Es muss nicht gleich nur die Nothilfe sein wie bei abgewiesenen Asylbewerbern. Aber wie wäre es, die finanziellen Unterstützungen herunterzufahren und mit den freigewordenen Mitteln Lücken bei der AHV-Finanzierung zu füllen?
Berufliche Vorsorge auf Abwegen
Die berufliche Vorsorge beruht im Gegensatz zur AHV auf individuellen Ersparnissen. Leider droht auch sie durch Bürokratisierung zu einem Problemfall zu werden. Zentrale Entscheide wie Anlagekriterien, der Mindestzins und der Umwandlungssatz unterliegen nicht dem Markt, sondern folgen politischen Abläufen, die dazu neigen, Kosten auf künftige Generationen abzuwälzen.
Die rechtliche Bevormundung ist eine Quelle der Ineffizienz, was sich oft in überhöhten Verwaltungskosten spiegelt. Der Staat selbst gehört übrigens zu den schlechtesten Pensionskassenverwaltern. Die Steuerzahler mussten schon verschiedentlich einspringen, um die Defizite der öffentlichen Kassen auszugleichen.
Umwandlungssatz staffeln
Der Umwandlungssatz ist der Prozentsatz, mit dem das Alterskapital in eine jährliche Altersrente umgewandelt wird. Wird dieser Satz zu hoch festgelegt, bewirkt das eine Umverteilung von Kapital zugunsten der Rentner. Und genau dies geschieht – aus politischen Gründen. Die Akzeptanz eines tieferen Umwandlungssatzes stiege, würde man ihn staffeln.
Wie wäre es, den Satz für die ersten 400'000 Franken Alterskapital für alle Versicherungsnehmer auf dem eigentlich zu hohen Wert von 6.8 Prozent zu belassen und dann schrittweise tiefer anzusetzen? Zum Beispiel so: 6% für das Alterskapital zwischen 400'000 und 700'000 Franken, 5% zwischen 700'000 und einer Million, 3% zwischen einer und anderthalb Millionen, und 2% für darüber liegende Teile des Kapitals.
Hier müssten selbstverständlich Versicherungsmathematiker alles durchrechnen. Danach soll der Bundesrat in einem gewissen Rahmen frei entscheiden, wobei er sich vom Grundsatz leiten lassen sollte, dass Durchschnittsbürger mit der ersten und zweiten Säule zusammen auf das Dreifache einer einfachen AHV-Rente kommen sollten.
Bei gestaffelten Umwandlungssätzen käme derjenige Teil der Bevölkerung, der stark auf die Leistungen der beruflichen Vorsorge angewiesen ist, ungeschoren davon. Wer sich hingegen mit grossen Beträgen bei seiner Pensionskasse eingekauft und so Steuern optimiert hat, müsste einen tieferen Umwandlungssatz hinnehmen. Es sind dies Bevölkerungsteile, die sich das auch leisten können. Klar, es ist eine Umverteilung, doch sie dient dem sozialen Frieden und schützt die Durchschnittsbürger vor Altersarmut.
Keine Kapitalauszahlungen mehr!
Es ist leider nicht so selten, dass bezogene Pensionskassengelder bei Auswanderung oder der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit wie Sand durch die Hände der Bezüger rinnt und diese dann – nach einer Rückkehr in die Schweiz resp. der Aufgabe ihres Geschäfts – der Fürsorge zur Last fallen. Deshalb sollte es bei der zweiten Säule nur noch Renten und allenfalls Hypotheken auf die selbstbewohnte Liegenschaft geben.
Die Möglichkeit, sich das Alterskapital auszahlen zu lassen statt es in eine Rente umzuwandeln, ist bis zu einem Kapital, das eine existenzsichernde Rente deckt, zu verbieten. Dann würden Fälle, in denen die Summen sofort bezogen und innert weniger Jahre verprasst werden, nicht mehr vorkommen.
Fazit
1. Die Abstiegsängste grosser Teile der Bevölkerung sind ernst zu nehmen. Der Ursprungsidee, mit der AHV die Existenz und mit der beruflichen Vorsorge halbwegs den Lebensstandard zu sichern, ist konsequent nachzuleben.
2. Auf der Ausgabenseite der AHV gibt es wenig Spielraum. Bei den Einnahmen ist auf Massnahmen wie zusätzliche Verschuldung, höhere Beiträge und Mehrwertsteuern zu verzichten, die nachgewiesenermassen schädlich und unsozial sind. Nur wenn wir über den Tellerrand hinausdenken, sind Lösungen möglich. Vorschläge, wie die Finanzierungslücken geschlossen werden können, gibt es in Hülle und Fülle.
3. Bei der beruflichen Vorsorge braucht es einen gestaffelten Umwandlungssatz und eine Einschränkung, sich Altersguthaben auszahlen zu lassen. Für die meisten Menschen sind die Renten der Pensionskasse unverzichtbar, um im Alter ein würdevolles Leben zu führen.
4. Es ist die Aufgabe der Politik, einen «New Deal» auszuarbeiten. Dabei darf es keine Denkverbote geben. Querdenker aller Lager, vereinigt Euch!
Der Autor Josef Schüpfer ist Hotelier und Restaurateur in Basel. Er ist Vorstandsmitglied von GastroSuisse und präsidiert den Wirteverband Basel-Stadt und die Pensionskasse GastroSocial, welche mit einem Deckungsgrad von 118 Prozent, überdurchschnittlichen Performances, den tiefsten Verwaltungskosten der Schweiz und einem Einheitssatz ohne Diskriminierung von älteren Arbeitnehmern als Vorzeige-Pensionskasse gilt.
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Dossier: Sozialversicherungen
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