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10.05.2024

Wird das Reisen rationiert?

Von der absurden Idee eines CO2-Passes

Die Klimadiskussion nimmt groteske Formen an. Mithilfe von CO2-Pässen soll das Reisen kontingentiert werden. Am Ende stünde die totale Überwachung der Bürgerinnen und Bürger. Unter die Räder würde nicht nur die Freiheit geraten, sondern auch die Weltwirtschaft.

Es war der Reiseveranstalter Intrepid Travel, der schon vor geraumer Zeit CO2-Pässe ins Spiel brachte, «wenn die Tourismusbranche überleben will». Soll hier mit einer Selbstgeisselung verhindert werden, dass Öko-Fundamentalisten den Tourismus gleich ganz verbieten?

Auch wenn viele den Vorschlag von CO2-Pässen als unsinnig betrachten, ist die Diskussion vor allem im angelsächsischen Raum nicht verstummt. Auf CNN erschien ein Gastbeitrag mit dem Titel: «Es ist an der Zeit, die Häufigkeit unserer Auslandsreisen zu begrenzen. CO2-Pässe könnten die Antwort sein.»

Autor des Beitrags ist Ross Bennett-Cook, ein Dozent am Institut für Städtebau der Universität von Westminster. Er hält die Auswirkungen des Tourismus auf die Umwelt für so schwerwiegend, dass er drastische Änderungen der Reisegewohnheiten erzwingen will. Den CO2-Pass beschreibt er wie folgt: «Jedem Reisenden wird eine jährliche CO2-Grenze zugeteilt, die er nicht überschreiten darf. So können Reisen rationiert werden.»

Der CO2-Fussabdruck pro Kopf und Jahr betrage in den USA 16 Tonnen, weltweit rund 4 Tonnen, schreibt Bennett-Cook. Um verhindern zu können, dass der Temperaturanstieg über zwei Grad Celsius hinausgehe, müsse der Fussabdruck auf unter zwei Tonnen sinken. Bereits ein Transatlantik-Flug hin und zurück führt zum Ausstoss von einer Tonne Kohlenstoffdioxid pro Person.

Digitale Massenüberwachung

Bennett-Cook fordert Beschränkungen nicht nur beim Fliegen, sondern auch bei Schiffsreisen. Alle Kreuzfahrtschiffe zusammen würden gleich viel Schwefelgase in die Atmosphäre abgeben wie sämtliche Personenwagen in Europa.

Zwar werden die Forderungen in einem Meinungsbeitrag erhoben, doch wer weiss, wie missionarisch viele Politikerinnen und Aktivisten unterwegs sind, muss annehmen, dass «Carbon Passports» zu einem politischen Thema werden. Bereits 2008 gab es im Vereinigten Königreich ernsthafte Diskussionen über ein «personal carbon trading». Das Projekt wurde nur deshalb gestoppt, weil man es für zu komplex hielt und grossen Widerstand in der Öffentlichkeit befürchtete.

Spätestens seit Corona wissen wir, dass die digitale Massenüberwachung von Menschen machbar ist. Wer es mit einer App schafft, Ungeimpfte weitgehend vom öffentlichen Leben auszuschliessen, wird es auch schaffen, das Reisen zu kontingentieren. Letztlich läuft es auf persönliche CO2-Zertifikate hinaus: Es soll eine Obergrenze geben, wie viel CO2 jemand über einen bestimmten Zeitraum ausstossen darf.

Technologische Schwierigkeiten sind kaum zu erwarten, eine riesige Bürokratie aber schon. Es würde zu ungeheuren Kosten führen, die Emissionen korrekt zu erheben und die individuellen Footprints zu beschränken. Selbstredend müssten sämtliche Bedenken betreffend Datenschutz über Bord geworfen werden. Es dürfte zudem schwierig werden, sich auf international gültige Standards zu einigen.

Ob die rund 100'000 Teilnehmer bei einer nächsten Weltklimakonferenz mit dem Fahrrad anreisen? Eine Kontingentierung würde wahrscheinlich nicht alle gleich treffen, sondern einfach jene, die sich einen Ablasshandel nicht leisten können oder die nicht von Amtes wegen davon befreit wären.

Für international tätige Firmen und für die gesamte Tourismusindustrie käme die Rationierung von Reisen einer Katastrophe gleich. Das gilt besonders auch für weniger entwickelte Länder, in denen Reisende aus Fernmärkten einen grossen Teil der gesamten Wertschöpfung generieren.

Momentan gäbe es gegen konkrete Projekte, das Reisen zu kontingentieren oder stark zu verteuern, genügend Widerstand aus der Bevölkerung. Die schrillen Töne, die in der Klimadebatte teilweise angeschlagen werden, dürften auch zum Ziel haben, Panik zu verbreiten und damit das Terrain für Zwangsmassnahmen zu bereiten.

Mit der Beschränkung von Reisen wäre es nicht getan. Am Ende stünde die Totalüberwachung der Menschen: Neben der Mobilität würde beispielsweise erhoben, wann und wie stark wir heizen oder wie klimafreundlich wir uns ernähren. Mit anderen Worten: Die Planwirtschaft würde zunehmen, die persönliche und unternehmerische Freiheit beerdigt.

Maurus Ebneter
Präsident Wirteverband Basel-Stadt


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