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06.08.2010

Weniger ist mehr!

GDI prophezeit eine neue Einfachheit

Mit wachsender Vielfalt und immer mehr Nischen steigt für die Konsumenten die Qual der Wahl. Das Gottlieb-Duttweiler-Institut empfiehlt den Unternehmen, mit Vereinfachungsstrategien darauf zu reagieren. Qualität bleibe wichtig, doch sie werde neu als das Unkomplizierte verstanden. Sortimentsverkleinerungen sind angesagt.

Ratgeber mit Titeln wie "An Idiot's Guide to...", "...for Dummies", "Simplify..." boomen. Barry Schwarz' Buch "The Paradox of Choice: Why more is less" aus dem Jahr 2003 zählt bereits zu den Klassikern der Managementliteratur. Und Stelios Haji-Ioannou hat seit der Gründung von easyJet 1995 eine ganze Serie von Unternehmen aufgebaut, die Optionen reduzieren und einfache Lösungen anbieten: easyHotel, easyCar, easyMoney, easyJobs, easyMusic, easyMobile und easyOffice.

Heute geht die Entwicklung weiter. Durch die immer dichtere Vernetzung von Menschen, Dingen und Orten erreicht die Komplexität eine neue Stufe. Darum müssen Unternehmen jetzt mehr denn je mit Gegenstrategien reagieren. So überrascht nicht, dass derzeit allenthalben neue Konzepte und Angebote zur Vereinfachung auftauchen.

Menos es más!

Zahlreiche Nahrungsmittelhersteller kommunizieren immer lauter, was in ihren Produkten alles nicht drin ist. Zu Recht, wie die Marktforscherin Lynn Dornblaser meint: "Wenn Konsumenten den Namen einer Zutat nicht aussprechen können, wollen sie sie auch nicht."

Der Ernährungspapst Michael Pollan rät in seinem Bestseller "In Defense of Food: An Eater's Manifesto" denn auch, keine Produkte mit mehr als fünf Zutaten zu kaufen. Die Botschaft ist bei Häagen-Dazs angekommen, das neue Eis "Five" mit nur fünf Ingredienzen verkauft sich sehr erfolgreich.

Aber auch bei andern Anbietern wird Reduktion zum Programm: Campbell bietet seine beliebteste Suppe neu mit weniger Zusätzen an, Starbucks braucht für sein Bananebrot nur noch zehn statt 15 Zutaten, eine neue Bisquit-Linie von Midor wirbt mit "ohne" (Farbstoffe, Konservierungsmittel, künstliche Aromen), und Coca-Cola Spanien hat einen Fruchtsaft mit dem Namen "menos es más" lanciert. Der soll nicht schöner, besser oder gesünder machen, sondern schlicht: den Durst stillen.

Komplexität killt Diät

Je komplizierter eine Diät, um so schneller wird sie abgebrochen. Zu diesem an sich wenig überraschenden Ergebnis kam jüngst eine wissenschaftliche Untersuchung. Das Max Planck Institut für Ernährungsforschung und die Indiana-Universität in Bloomington beobachteten knapp 400 Frauen, die entweder eine "Brigitte"- oder eine Weight-Watchers-Diät machten.

Ergebnis: Die "Brigitte"-Diät mit ihren einfachen Regeln schnitt deutlich besser ab als das kompliziertere Weight-Watchers-Punktesystem. Denn komplexe Diäten sind zwar flexibler, verlangen von den Teilnehmern aber, dass sie sich Daten der konsumierten Lebensmittel merken und sie verknüpfen. Das schaffen nur wenige Diätwillige, selbst Menschen mit grossem Ehrgeiz und Disziplin halten ein anspruchsvolles Diätkonzept oft nicht durch.

Auf Unternehmen übertragen, müsste demnach jedes Mitarbeiter-, Kunden- oder Change-Management-Programm zum Scheitern verurteilt sein, wenn es komplexer ist als eine «Brigitte»-Diät.

Die "gut genug"-Revolution

Computer, TV, Backofen oder Mobiltelefon – für Technisches galt bislang stur "mehr ist besser". Jede neue Gerätegeneration trumpfte mit zusätzlichen Features auf. Doch nun zeichnet sich eine Trendwende ab, "Wired" als Zentralorgan der Technik- und Gadget-Lovers verkündet die "Good Enough Revolution": Eine steigende Zahl von Kunden zögen einfachere und billigere Low-end-Produkte den perfektionierten, polierten und komplizierten High-end-Versionen vor.

So kauften immer mehr Menschen eine einfache, günstige "Flip Ultra" statt einer hochauflösenden Marken-Videokamera, hörten MP3 statt Vinyl, schauten Videos auf dem Computer statt auf HDTV, telefonierten mit Skype und tauschten Microsoft-Office und Outlook gegen Gmail oder Google-Text ein.

Zwar bleibe Qualität wichtig, doch wird sie neu verstanden als das leicht Zugängliche. Die Basic-Versionen von Webtools wie Flickr oder Doodle werden zum Ideal, die kostenpflichtigen Upgrades zur unnötigen Spielerei.

Zuvielfalt

Im Einzelhandel sind Sortimentsreduktionen angesagt, Grund: Überauswahl in den Regalen führt zu markanten Wertverlusten. Der Marktforscher A.T. Kearny macht für die vergangenen zehn Jahre einen Artikel-Zuwachs in deutschen Warenhäusern von 20 Prozent und mehr aus: 500 statt 400 verschiedene Kaffee-, Tee- und Kakao-Packungen, 750 statt 580 Hygiene- und Säuglingspflegeartikel und 3400 statt 2600 Produkte für die Haar-, Haut-, Mund- und Körperpflege.

Kunden fühlen sich indes überfordert und kaufen weniger; Produktion, Logistik und Lagerhaltung werden im Gegenzug teurer. Jetzt lässt Wal-Mart (USA) daher in Testläden 20 bis 30 Prozent der Produktevarianten weg, Asda (Grossbritannien), Carrefour (Frankreich) und Mercadona (Spanien) wollen folgen.

Andere Anbieter konzentrieren sich auf ganz wenige Produkte. Die chinesische Backwarenkette 21 Cake etwa bietet genau 21 Kuchen-Typen an, und das Sortiment des schwedischen Textilanbieters The White Briefs besteht ausschliesslich aus weisser Baumwollwäsche.

Easy oder Rosy

Einfachheit im Handel beschränkt sich nicht auf eine Verknappung des Sortiments. Vielmehr soll das Einkaufserlebnis vereinfacht werden – z.B. indem man die Produkte im Laden besser organisiert.

Der Amsterdamer Weinhändler Grapedistrict etwa erleichtert Weinliebhabern mit beschränktem önologischen Fachwissen die Auswahl: Im Unterscheid zu klassischen Weinhandlungen sind die Weine hier nicht nach Regionen sortiert, sondern je nach Geschmacksrichtung mit Farben codiert. Die Kategorien reichen von hellgelb gekennzeichnetem "Easy" für leichte, weisse Weine bis zu purpurfarbenem "Deep" für volle Rotweine. Zusätzlich sind den einzelnen Farbschattierungen Stimmungen zugeordnet: Sommerabend und Picknick im Park? "Easy" oder "Rosy". Lammbraten zum Dinner? "Smooth". – Eine derart verbesserte Organisation des Angebots kann dem Kunden die Auswahl nicht nur beim Wein erleichtern, sondern auch bei anderen Produkten, deren Auswahl Vorkenntnisse erfordern, beispielsweise bei Mobiltelefonen oder Reisen.

Gott im Rucksack

Egal, ob es darum geht, einen Autoreifen zu wechseln, eine Krawatte zu binden, richtig zu küssen oder ein Kind auf die Welt zu bringen – ein "how to"-Video gibt es zu fast allen kleinen und grossen Problemen des Alltags. Eine Suchanfrage mit den Worten "how to" ergibt bei Google über 700 Millionen Treffer, Tendenz klar steigend. Neben Youtube hat sich eine Reihe weiterer Seiten auf Video-Anleitungen spezialisiert, darunter 5min.com, wonderhowto.com, lifehacker.com oder auf deutsch spotn.de.

Mit Apps für Mobiltelefone wird diese einfache Soforthilfe jetzt immer und überall verfügbar – so wie auf jenem Gerät in Douglas Adams' "Hitchhiker's-Guide to the Galaxy", das Sofortinformation über den aktuellen Standort, das Leben oder das Universum bietet, als hätte man Gott persönlich im Rucksack. Weil unsere Erfahrungen in der virtuellen Welt aber zunehmend die Erwartungen in der physischen Welt bestimmen, wird die Hilfe-Taste, die Lösung per Knopfdruck, bald immer und überall erwartet.

The Uniform Project

Vereinfachen bedeutet weglassen, verzichten, neu ordnen – oder die Spielregeln ändern, wie beim Ersatz von Verkehrsampeln durch Kreisel. Wo man gar nichts mehr wegnehmen kann, muss man die Komplexität eben transformieren.

Das Uniform Project der Inderin Sheena Matheiken trifft hier den Nerv der Zeit und wirkt zugleich stilbildend für die neue Einfachheit in der Mode. Ein einziges Kleid für 365 Tage soll Frauen vom Was-soll-ich-heute-anziehen-Stress erlösen. Matheiken zeigt auf ihrer Website, wie man mit diesem Kleid und viel Fantasie 365 verschiedene Looks herstellt. Die Inderin bezeichnet ihr Projekt als eine Übung in Sachen nachhaltiger Mode: Wer jeden Tag das Gleiche trage, brauche keinen riesigen Kleiderschrank.

Die Designerin des Kleids, Eliza Starbuck, legte denn auch besonderen Wert auf Haltbarkeit, Strapazierfähigkeit und Wandelbarkeit des Stücks. Ziel des Projekts ist übrigens, Aufmerksamkeit und Spendengelder für die Non-Profit-Organisation Akanksha zu sammeln.

Die Bezahlrevolution

Heute verläuft die Rechnungsstellung zwischen Firmen umständlich und altertümlich. Das dänische Startup-Unternehmen Tradeshift will nun ab Mitte Mai 2010 durch eine fundamentale Umwälzung die Branche revolutionieren.

Die vollständig webbasierte Lösung von Tradeshift verkürzt die Abwicklung, weil "e-invoicing" direkt zwischen den beteiligten Unternehmen und ohne manuelle Zwischenschritte abgewickelt wird. So fallen keine Gebühren für Kreditkartenfirmen oder Banken an, und die Dienstleistung ist für Nutzer kostenlos.

Überdies geschieht die Rechnungsstellung dynamisch: Tradeshift-Konten «beobachten» Wechselkurse kontinuierlich und bezahlen Rechnungen, wenn der Preis am tiefsten ist. Und dies ist erst der Anfang: Der deutsche Micropayment-Anbieter Allopass möchte Zahlungsprozesse auch zwischen Unternehmen und Kunden vereinfachen. Ins zugehörige "e-Wallet" passen unendlich viele Währungen, selbst Loyality- und Bonuspunkte.

Die radikalsten Vereinfachungen dürften unsichtbar stattfinden.

Tweet Dating

Radaroo vereinfacht den Online-Partnermarkt. Wer nicht auf Partnersuchssites lange Fragebögen ausfüllen mag, erstellt in 20 Sekunden ein Dating-Profil mit dem eigenen Geschlecht, dem gesuchten Geschlecht, der Postleitzahl des Wohnorts und Vorschlägen fürs erste Date. Die maximal 140 Zeichen schickt man als Tweet ab.

Das kann so aussehen: @radaroo !FM "92010" sushi, beach, movie, star wars convention – im Volltext: Frau aus Carlsbad, Kalifornien, sucht Mann und will beim ersten Treffen Sushi essen, an den Strand gehen, ins Kino und zum Star-Wars-Kongress.

Wer mal keine Lust auf neue Kontakte hat oder wenn sich eine Beziehung anbahnt, kann seinen Status jederzeit auf "privat" stellen. Der Charme der Idee liegt natürlich in der Einfachheit. Zudem lässt sie sich sehr gut auf andere Bedürfnisse übertragen wie die Suche nach Mitfahrgelegenheiten, nach einem Tennis- oder Golfpartner, aber auch nach Experten oder neuen Mitarbeitern.

Steinzeit und Med-Tech

In vielen Hochrisikobereichen – etwa der Fliegerei – sind Checklisten seit langem Usanz. Nicht so in der Medizin. Behandlungsfehler in Spitälern fordern jährlich viele Menschenleben. Dabei könnte der Einsatz von simplen Kontrollbögen unmittelbar vor und nach jedem Eingriff die Zahl operationsbezogener Todesfälle und dauernder Invaliditäten massiv reduzieren.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO erfasste Daten von 7700 operierten Patienten in acht Staaten. Bei rund der Hälfte davon wurden bei der Operation Checklisten eingesetzt, bei der anderen Hälfte nicht. Die Tests dauerten jeweils nur wenige Minuten und beinhalteten unter anderem die abermalige Identifikation des Patienten, eine kurze Besprechung des Arbeitsablaufes sowie das Zählen von Tupfern und Nadeln, damit nichts im Körper vergessen werde. Diese einfache Qualitätskontrolle verringerte die Zahl schwerwiegender Komplikationen um rund ein Drittel, die von Todesfällen sogar um 40 Prozent – in Entwicklungs- ebenso wie in Industrieländern.


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